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Das Vermächtnis der Wanderhure

Titel: Das Vermächtnis der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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und nahm sie in die Arme. »Du hast ja Recht! Lass uns beten, dass dieser Weg zum Ziel führt. Gott hat dich zu mir zurückgebracht und er wird uns auch unseren Sohn nicht nehmen!«

IV.
     
    L udwig von Wittelsbach hätte den Kaiser verfluchen können. In seinen Augen war Sigismund für diese verworrene Situation verantwortlich, doch anstatt sie zu lösen, hatte der Kaiser Nürnberg beinahe fluchtartig verlassen und war nach Ungarn zurückgekehrt, obwohl weder ein Überfall noch eine akute Bedrohung durch die Osmanen gemeldet worden war. Damit hatte Sigismund es ihm überlassen, die verknoteten Fäden zu entwirren. Auch für ihn war die überraschende Rückkehr der totgeglaubten Marie Adlerin auf Kibitzstein ein Schock gewesen, und ihre Anklagen gegen die Tochter seines Beraters Lauenstein rückten ihnals Pfalzgrafen und Lehnsherrn in ein schlechtes Licht. Er hatte Falkos Witwe in ihrem Erbstreit mit Heinrich von Hettenheim unterstützt und deren Sohn, auf den Frau Marie nun Anspruch erhob, trotz vieler von Seiten seiner Höflinge und anderer Edler geäußerten Zweifel als neuen Herrn auf Hettenheim anerkannt. Ein Diener füllte den geleerten Weinpokal. In Gedanken versunken griff der Pfalzgraf nach dem Gefäß, trank aber nicht, sondern legte beide Hände um den Kelch, als wäre es ein Hals, den es zuzudrücken galt. Als er sich dessen bewusst wurde, konnte er sich nicht entscheiden, welchem Hals er am liebsten den Atem abgeschnürt hätte. Lauenstein hatte ihm immer treu gedient, und wenn er sich jetzt gegen dessen Tochter stellte, würde er sich in Zukunft nicht mehr auf das Wort des Mannes verlassen können. Aber er durfte die Anklage, die Marie Adlerin erhob, nicht achtlos beiseite wischen. Wenn ihre Behauptung stimmte, so hatte Hulda von Hettenheim jeden Anspruch auf seinen Schutz und seine Gunst verwirkt.
    Das nächste Problem war die zweite Ehe Michel Adlers mit seiner Verwandten Schwanhild. Auch wenn er die Ehe seiner Base mit dem Reichsritter auf Magoldsheim nie akzeptiert und ihre Tochter daher nicht offiziell als Verwandte anerkannt hatte, so floss in Schwanhilds Adern doch das gleiche Blut wie in den seinen. Nähme Frau Marie ihren alten Platz wieder ein, würde dies eine Frau seiner eigenen Sippe auf eine Stufe mit einer Bettmagd stellen.
    »Der Teufel hole die Weiber!« Der Pfalzgraf hob den Pokal, um ihn gegen die Wand zu feuern, brachte es dann aber doch nicht über sich, den Wein sinnlos zu vergeuden. Während er trank, drehten sich seine Gedanken im Kreis. Ganz gleich, wie diese Sache ausgehen mochte – für ihn käme jede Lösung einem Biss in einen sehr sauren Apfel gleich. Schon überlegte er, wie er es drehen konnte, Maries Bericht als Phantasie eines überspannten Weibes zu bezeichnen und die Frau in ein Kloster zu sperren.Aber alle Fakten sprachen gegen einen solchen Schritt, und wenn er ein falsches Urteil sprach, würde die Geschichte wie ein Lauffeuer durch das Reich gehen und seinem Ruf schaden.
    Es stand nun einmal fest, dass Marie Adlerin auf dem Heimweg von Rheinsobern nach Kibitzstein überfallen und verschleppt worden war. Er hatte mithilfe eines gelehrten Mönches, der sowohl der russischen wie auch der griechischen Sprache mächtig war, Fürstin Anastasia und Ritter Andrej befragt und von beiden erfahren, dass die Ehefrau eines deutschen Reichsritters wie ein Stück Vieh auf dem Markt verkauft worden war. Dieses Verbrechen durfte nicht ungesühnt bleiben.
    »Ist Lauenstein immer noch nicht hier?« Ludwig von Wittelsbach wurde immer aufgebrachter. Sonst hatte Herr Rumold sich stets in seiner Nähe aufgehalten, doch ausgerechnet jetzt weilte er auf einer seiner Burgen, um dringende Angelegenheiten zu regeln. Da Ludwig von Wittelsbach keine Antwort erhielt, hieb er mit der Faust auf die Lehne seines Sessels. Sofort eilte sein Leibdiener herbei und wollte neuen Wein einschenken.
    Der Pfalzgraf packte den Mann am Brustteil seines Kittels. »Ich will wissen, wo Lauenstein bleibt!«
    »Euer Bote müsste ihn bereits erreicht haben, aber da dieser ebenfalls noch nicht zurückgekehrt ist, weiß niemand, wann Herr von Lauenstein hier eintrifft.«
    Der Diener hoffte, sich gut aus der Affäre gezogen zu haben, doch Ludwig von Wittelsbach gab ihm einen Stoß, der ihn beinahe zu Boden warf. Dabei schwappte Wein aus der Kanne und nässte den Boden. Der Pfalzgraf schien es nicht einmal zu bemerken, sondern presste wütend die Zähne aufeinander und starrte in die Ferne. Ihm war nur allzu gut

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