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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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hatte.
Dafür reisten sie jetzt in einem Ochsenkarren, ohne Geldsorgen, und mussten
nicht zu Fuß gehen oder auf dem Esel sitzen.
    Langsam sorgte sie sich um Michele,
dessen Fieber nicht nachlassen wollte. In Schüben kam es alle sieben Tage
wieder und mit jedem Mal heftiger, würgender. Mit geschlossenen Augen lag er
jetzt da, während der Karren den Uferweg entlang schaukelte und stieß, murmelte
Unverständliches vor sich hin, und nur ab und zu gelangen ihm klare Sätze.
    Ihr war es, als würde sie einer
erlöschenden Kerze zusehen, dabei loderte seine Flamme wild und kräftig, wenn
er vor einer Leinwand stand.
    Durch eine Lücke in der Plane
leuchtete das Meer, das sich blau und weit vor ihr erstreckte. Von der
Feuchtigkeit des Frühlings glänzte das Land grün und frisch, gemischt mit
gelben Blüten und durchsetzt mit dem silbergrauen Laub der Olivenbäume.
    „Skylla und Charybdis“, hauchte
Michele, dessen Kiefer aneinander schlugen. „Skylla und Charybdis hätten uns
beinahe ...“
    Wie recht er hatte. Messina hatte
sich als der Ort von Skylla und Charybdis erwiesen, als der er seit der Antike
bekannt war. Zwar hatte die tückische Meeresströmung in der Meerenge von
Messina, der Cariddi-Strudel, ihr Schiff nicht verschlungen, aber zwischen den
Ansprüchen des Senats und ihren Verfolgern wären sie beinahe zerrissen worden,
hätte sie die Intrige beinahe vernichtet. Diesmal endgültig. Nur mühsam war
ihnen erneut die Flucht gelungen, in einem Ochsenkarren, der mit ihnen, von
einem unwissenden Bauern geführt, in Richtung Milazzo unterwegs war. Dort
wollten sie sich einschiffen, um nach Palermo zu segeln. Doch die Stauferburg
des Hafenstädtchens zeigte sich noch nicht.
    Dabei waren sie gewarnt worden. Als
Michele seine Anbetung abgeliefert hatte, hatte sie der Kapuziner Vincenzo
Donesana beiseite genommen. Ein zahnloser Greis bereits, der mehr speichelte
als sprach und der sich an ihren Rockzipfel hängte. Von ihm hatte sie geglaubt,
er sei verwirrt durch die Zeit, die er in Armut und Askese zwischen den Mauern
des Klosters verbracht hatte. Die Geschichte des Polidoro da Caravaggio hatte
er ihr erzählt, sabbernd und sprotzend, des Architekten, der vor der Plünderung
Roms durch die kaiserlichen Truppen nach Sizilien geflohen und hier in Messina,
kurz vor seiner Rückkehr nach Rom, durch seinen Diener beraubt und im Bett
bestialisch ermordet worden war. Zwar lebe Michele noch, hatte Pater Vincenzo
hinzugefügt, aber auch er werde gejagt.
    Damals hatte sie den Mönch
stehenlassen, hatte ihm keine Beachtung geschenkt, obwohl sie sich wunderte,
woher der Greis dies wusste – und hätte das Gespräch doch als Vorahnung, als
Zeichen nehmen sollen.
    Heute verwünschte Nerina ihren und
Micheles Entschluss, nach Messina zu gehen, und sie verwünschte Micheles
aufschäumendes Naturell. Natürlich zerrissen sich die Bewohner tags darauf die
Mäuler über den Irrsinnigen, den Verrückten, den Gemeingefährlichen, und wie zu
erwarten, tauchte kaum drei Wochen später Pater Leonardus in Messina auf.
    Heimlich bedrängte er sie, ob
Michele nicht ein Bild malen könne, ein Bild für Kardinal Borghese. Er selbst
stehe im Wort und müsse ein Ergebnis vorlegen. Aber Michele verdiente gut, und
endlich waren sie ihrer Geldsorgen ledig. Mit dem Beutel, der unter ihrem Kleid
auf ihren Schoß drückte, konnten sie nach Neapel, vielleicht sogar nach Rom
zurückkehren, ohne Micheles Talent weiter an Landmäzene zu verschleudern.
    In einem Eimer mit lauwarmem Wasser
drückte sie das Tuch aus, mit dem sie Micheles Stirn und Gesicht abwischte.
Grau und eingefallen wirkte es. Diese Flucht, die Entfernung von Rom, die
beständige Angst davor, vom Johanniter eingeholt zu werden, zehrten an seiner
Gesundheit. Zudem trank er wieder unmäßig.
    Sie seufzte tief. Oft hatte sie
sich schon die Frage gestellt, ob es wirklich ihr Schicksal war, mit ihm zusammengekettet
zu bleiben. Aber es hatte sich nichts entschieden.
    Beinahe instinktiv, einem ihr
selbst unheimlichen Verlangen nachgebend, folgte sie ihm überallhin, wie vor
wenigen Tagen, als er ins Zimmer gestürzt war und ihr zugerufen hatte, sie müssten
fort, jetzt, im Augenblick, ohne Zögern. Sie solle das Geld unter der Diele
hervorholen, ihre Kleider nehmen, das ‘Haupt des Johannes’ rollen, Pinsel und
Pigmente einpacken so viel sie tragen könne und mit ihm kommen. Dem
Scharfrichter sei er denunziert worden, und mit seinen Gehilfen sei dieser
bereits auf dem Weg hierher.
    Am

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