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Das Vermächtnis des Ketzers: Roman (German Edition)

Das Vermächtnis des Ketzers: Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis des Ketzers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlo Adolfo Martigli
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folglich, wem er gehört.«
    Ferruccio nickte. »Ich kannte den Besitzer. Und nur zwei seiner Erben können ihn besitzen. Ich glaube nicht, dass Euch Piero den Ring gab, also …«, Ferruccio erbebte. »Ist ihm etwas geschehen?«
    »Dem Monsignore geht es bestens.« Carnesecchi legte den Akzent auf den Titel. »Und ich bringe Euch seine Botschaft.«
    Ferruccio strich sich über den Bart und schaute Carnesecchi aufmerksam an.
    »Ich glaubte ihn in deutschen Gefilden.«
    »Monsignore de’ Medici hat mir versichert, dass ich Euch wie mir selbst trauen kann. Er hält sich augenblicklich in Florenz auf, inkognito, und verlangt, Euch zu treffen.«
    »Dem werde ich Folge leisten.«
    Leonora erbleichte.
    »Ferruccio …«
    »Meine Liebste, ich bin es ihm schuldig«, sagte Ferruccio leise.

12
    Erinnerungen und Erwachen
    Er war zwar erst zwanzig Jahre alt, hatte aber schon einiges erlebt: Er war vor eifersüchtigen Ehemännern geflohen, hatte sich mit Falschspielern und Gaunern duelliert und wüste Schlägereien überlebt; er war gefährliche Wetten eingegangen und hatte mehr als einmal fliehen müssen. Nur um dann schließlich doch immer wieder nach Bibbona, zu seinem Großvater Paolo de Mola, zurückzukehren. Paolo de Mola war allen als Medicus und Kräutermischer bekannt. Auf den Hügeln vor der Stadt hatte er in einem Landgut ein Hospital eingerichtet, in dem Christen, Juden und Muselmanen, Häretiker und Andersdenkende ungeachtet ihres Glaubens Zuflucht finden konnten. Das Hospital war das einzige in der ganzen Toskana, das nicht auf klösterlichem Territorium lag und wo Verletzte und Kranke sich einfach nur dem Glück oder der profanen Wissenschaft anvertrauen oder zu ihrem ganz eigenen Gott um Rettung flehen konnten. Nach ihrer Genesung blieben viele von ihnen dort, um ihrerseits den Leidenden zu helfen.
    Paolo war jedoch nicht nur ein hervorragender Medicus, sondern auch ein überaus fähiger Kämpfer. Von ihm hatte Ferruccio die anspruchsvolle Technik des schweren Anderthalbhänders erlernt, das er mit nur einer Hand führen konnte und das trotz der eleganten Bewegungen genauso mörderisch wie ein Seitschwert war. Auch den Gebrauch von Stöcken brachte Paolo seinem Enkel bei: Er lehrte ihn den Kampf mit dem langen Bettelstab und dem wirbelnden Kurzprügel; zeigte ihm die korrekte Anwendung eines Dolches – allein oder zusammen mit dem Schwert; aber auch Tritte, den Gebrauch der Ellbogen und besondere Griffe, die den Gegner bewegungsunfähig machten.
    Weil Paolo de Mola aber in allen Dingen ein guter Lehrer war, hatte er in Ferruccio auch die Liebe zur Literatur erweckt, indem er ihm abwechselnd anzügliche Texte und religiöse Schriften der Christen, Juden und Muselmanen zum Lesen gab. Der Großvater sprach kaum über Ferruccios Eltern, und da er seine Eltern nie kennengelernt hatte, hatte Ferruccio schnell gelernt, dies auch zu respektieren.
    Als Paolo de Mola spürte, dass sein Weg auf Erden zu Ende ging, brachte er Ferruccio zu einer kleinen quadratischen Kirche, die sich an der hinteren Stadtmauer des Städtchens befand. Ferruccio war erstaunt, denn soweit er wusste, war sie seit langer Zeit geschlossen, und die heilige Messe wurde in der anderen Kirche, in Sankt Ilario, gefeiert.
    »Diese Kirche ist dem heiligen Jakob von Altopascio gewidmet, der die Bruderschaft des Hospitals gründete. Lies die Worte, die auf der Lünette eingemeißelt sind«, wies ihn sein Großvater an.
    Ferruccio kniff die Augen zusammen und versuchte, die verwitterte Schrift zu entziffern.
    » Terribilis est locus iste … dies ist ein schrecklicher Ort … eigenartig … und dann auch noch in einer Kirche.«
    »Das ist nicht eigenartig. Es ist ein Satz aus der Bibel«, erklärte Paolo de Mola. »Aus der Geschichte vom Traum Jakobs. Du erinnerst dich: Im Traum erscheint ihm eine Engelstreppe, die von der Erde bis in den Himmel reicht, und er hört die Stimme Gottes. Als Jakob dann erwacht, errichtet er eine Stele und weiht sie mit den Worten: ›Dies ist ein schrecklicher Ort! Dies ist das Haus Gottes und die Pforte des Himmels.‹«
    »Großvater, was willst du mir sagen?«
    »Erst einmal, dass du dich erinnern sollst, dass ›schrecklich‹ nicht gleichbedeutend mit ›grausam‹ ist. Gott kann zwar schrecklich sein – genau wie seine Rache –, aber niemals grausam. Schau, die Treppenstufen, die wir nun hinaufsteigen: Sie sind wie die Treppe, die Jakob in seinem Traum emporstieg, an einen Ort, von dem es kein Zurück mehr

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