Das Vermächtnis des Kupferdrachens ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
draußen.«
Die Sonne stand schon tief am Horizont, als Salec, Rodalio, die verbliebenen zehn Männer und zwei Oger die Verfolgung aufnahmen. Die Männer ritten, während die Oger wie gewöhnlich hinter den Pferden herliefen. In der bergigen Landschaft, die die Pferde oft zu einer langsamen Gangart zwang, hatten die Oger keine Schwierigkeiten mit den Reitern mitzuhalten.
»Sollen wir nicht ein paar Zyklopen mitnehmen?« Seufzend rutschte der korpulente Magier im Sattel hin und her.
Salec schüttelte den Kopf. »Nein, die sind mir zu stur. Ich will keine Verzögerungen riskieren, nur weil einer dieser Einäugigen seinen Kopf durchsetzen will. Außerdem müssten wir genug sein, um es mit einer Hand voll Leuten aufzunehmen. Wir haben schließlich noch die Oger dabei – die gehorchen wenigstens!«
»Und haben noch weniger Verstand als die Zyklopen«, murmelte Rodalio und rieb sich verstohlen den Hintern. Er war doch schon wund geritten! Und jetzt noch mehr Tage im Sattel! Er konnte nur hoffen, dass sie die Sache schnell hinter sich brachten.
Salec führte die Wölfe zu einer sandigen Stelle, an der sich die Spuren des Drachen deutlich abzeichneten. Eifrig schnüffelnd glitt ihre feuchte Nase über den Boden und nahm Witterung auf. Der alte graue stimmte sein Heulen an, und der braune fiel ein.
»Vorwärts! Sucht den Drachen. Er darf uns nicht entkommen!«
Er ließ die Wölfe von der Leine. Jaulend folgten sie der Fährte und führten Salec und seine Männer den steilen Hang nach Norden hinauf. Immer wieder verschwand die Spur des Drachen, doch die Hufabdrücke der Pferde waren deutlich genug, um ihnen rasch folgen zu können. Als es dunkel geworden war, mussten sie sich auf die Nase der Wölfe verlassen. Salec stieg von Zeit zu Zeit ab und leuchtete den Boden nach Spuren ab. Sie durften jetzt keinen Fehler machen, aber auf die Spürnase der Raubtiere war Verlass, und sie kamen gut voran. Rodalio ließ in regelmäßigen Abständen Zeichen für Astorin zurück, damit der ihnen folgen konnte.
Es war schon weit nach Mitternacht, als Salec den Männern und Tieren endlich eine Pause gönnte. Erschöpft legten sie sich ins Gras oder lehnten sich an windschiefe Pinien. Auch Rodalio machte es sich – seinen Umhang als Kopfkissen – mit zwei Decken so bequem wie möglich. Die Oger hielten Wache. Sie brauchten nicht jede Nacht Schlaf, und ein paar Stunden hinter den Pferden herzulaufen, hatte sie nicht ermüdet.
Salec saß aufrecht auf dem Stamm einer umgestürzten Pinie und sah zur blassen Scheibe des Mondes empor. Die Wölfe schliefen zu seinen Füßen. Er musste die Tiere nicht anbinden, denn sie gehorchten ihm aufs Wort. Auch sein Pferd weidete als einziges ohne zusammengebundene Vorderbeine. Der Kämpfer hatte eine besondere Gabe mit Tieren umzugehen – ganz im Gegensatz zu Durim, der an keinem Esel vorbeigehen konnte, ohne dass der nach ihm austrat. Salec musste bei diesem Gedanken lächeln. Versonnen streichelte er das dichte, graue Fell des Leitwolfs, der ihn aus klugen Augen ansah.
Salec hatte sich schon seit einer Ewigkeit nicht mehr so wohl gefühlt. Dieses leichte Kribbeln in der Magengrube, wenn er sich der Beute näherte, hatte er vermisst. Das waren noch Zeiten, als er sich als Söldner hatte anheuern lassen. Er hatte Feldzüge geführt, Städte verteidigt und Burgen erobert, manchmal auch eine Blutrache ausgeführt, doch er war immer unterwegs gewesen, stets mit einem Ziel vor Augen. Und was war er heute? Ein Handlanger Astorins, der ein Bergwerk führen, Streitigkeiten schlichten und sich wie ein Kaufmann mit Karawanen und Handelsrouten abgeben musste. Er spuckte verächtlich aus. Der Wolf stellte die Ohren und knurrte leise. Nein, das war nicht seine Welt! Er zauste dem Wolf das Fell.
»Du bist wie ich – ein Raubtier, das jagen und kämpfen muss. Und wir werden kämpfen, das verspreche ich dir.«
Sein Blick wanderte wieder zum Himmel. Der Mond war hinter dichten Wolken verborgen, und der verblassende
Glanz der Sterne kündete bereits den erwachenden Tag an. Der Kämpfer erhob sich und streckte den steifen Rücken.
»Kommt, das Wild erwartet uns!«
Missmutig und ein wenig verschlafen stiegen die Männer wieder in die Sättel, wagten aber nicht zu murren. Rodalio konnte gar nicht aufhören zu gähnen. Nur Salec und der graue Wolf hatten die Gier der großen Jäger in den Augen und folgten eifrig der Spur, die sie ihrer Beute immer näher brachte.
*
»Ich gehe jetzt schlafen. Angenehme Wache!«
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