Das Vermächtnis des Kupferdrachens ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
gerne ausprobieren, wenn du dich traust und nicht nur das Maul aufreißen kannst.«
»Setz dich hin und sei ruhig. Wenn du schön brav bist, werde ich dich nachher nur etwas zähmen und dir nicht die Kehle durchschneiden. Querno hat gesagt, dass wir ihm den Magier lebend bringen sollen. Was ich mit dir mache, ist also egal.«
Ohne ein Wort zu sagen, drang Saranga mit ihrem Schwert auf ihn ein. Ihren flinken, präzise gezielten Schlägen war der Rothaarige nicht gewachsen. Schritt für Schritt wich er bis zur Wand zurück.
Unschlüssig, ob sie sich in den Kampf einmischen sollten, blieben die anderen vier an der Tür stehen. »Es ist Saranga«, raunte ein Kerl mit Augenklappe dem Langen neben sich zu. Der riss entsetzt die Augen auf und pfiff durch die schiefen Zähne. »Ich glaub, Jen hat nen Fehler gemacht.«
»Hört sofort auf, ihr beiden«, zischte Vertos wütend. »Ihr weckt ja das ganze Haus.«
Saranga hatte den unverschämten Angreifer an die Wand gedrängt. Ihn zu töten wäre ein Leichtes für sie, doch sie wollte das Verhältnis zur mächtigen Gilde der Unterwelt nicht noch mehr belasten. Ungestraft durfte er allerdings nicht davonkommen! Mit einer raschen Drehung des Handgelenks schlitzte sie sein metallbeschlagenes Lederwams auf und zog ihm die Klinge über den Oberarm. Dann trat sie einen Schritt zurück und senkte das Schwert. Ungläubig strich Jen über seinen Arm und starrte auf das Blut in seiner Hand.
»Können wir jetzt endlich zu Querno gehen?« Ungeduld schwang in der Stimme des Magiers.
»Wir sollen euch entwaffnen«, brummte Jen unwillig und streckte die Hand nach Sarangas Schwert aus.
»Ach, du hast noch nicht genug? Dann versuch’s! Ich werde dir mit Freude die Hand abschlagen.«
Jen zuckte zurück. »Ist gut, ihr könnt eure Waffen behalten.«
Sie nahmen Vertos und Saranga in die Mitte und stiegen die Treppe in die große Halle hinab. Keine Menschenseele war zu sehen, Vertos hoffte, dass sie keinem der Bediensteten begegnen würden. Es war am besten, wenn der nächtliche Besuch unbemerkt blieb. Als Jen die Kellertür öffnete, fiel Vertos’ Blick auf eine zusammengesunkene Gestalt an der Wand, blutüberströmt, mit durchgeschnittener Kehle. Der Magier sog scharf die Luft ein und bückte sich zu dem Toten herab. Es war der Portier.
»Verdammt, musste das denn sein?«, zischte er den Rothaarigen böse an. »Hängt es doch gleich am Marktplatz aus, dass ihr heute Nacht hier wart. Was ist, wenn einer der anderen Bediensteten die Leiche findet?«
Jen grinste. »Können sie nicht!«
Vertos griff entsetzt nach Jens Ärmel. »Ihr habt doch nicht etwa alle ermordet?«
»Nee, nee, reg dich nur wieder ab. Wir haben sie zu sauberen Paketen verschnürt, damit sie heute Nacht keinen Ärger machen.«
»Und wenn die Wache morgen kommt, ist es mit unserem bequemen Quartier vorbei.«
»Ach was«, meinte Jen und zuckte mit den Schultern.
»Wir haben ein bisschen Silber eingepackt. Die Wache wird einen Tag lang Geschrei machen, und dann ist alles vergessen. Die traut sich nicht in Quernos Reich. Solche Überfälle sind hier so häufig, dass in ein paar Tagen keiner mehr darüber redet. Ihr müsst nur entsetzt über die hiesigen Zustände die Hände ringen, und keiner wird euch mit den Vorgängen von heute Nacht in Verbindung bringen.«
Lautlos huschten die Schatten durch die nächtlichen Straßen von Ehniport. Sie mieden die breiten Alleen und von Nachtschwärmern benutzten Wege und schlichen stattdessen durch enge Gassen, über Höfe und durch Gärten. Bald hatten Vertos und Saranga jegliche Orientierung verloren. Jen führte sie zwischen zwei Lagerschuppen hindurch. Sie mussten irgendwo in der Nähe des Hafens sein. Der durchdringende Gestank nach faulenden Fischresten war unverkennbar. Unvermittelt hielt Jen an. »Ab jetzt müssen wir euch die Augen verbinden.«
Saranga schüttelte den Kopf. »Kommt gar nicht in Frage. Für wie blöd haltet ihr uns eigentlich?«
»Wenn ihr mit Querno reden wollt, ist das die einzige Möglichkeit. Nur Mitglieder der Gilde dürfen den Weg kennen.«
»Aber ...« Vertos drückte Saranga vielsagend die Hand, und sie verstummte.
»Wir respektieren eure Vorschriften. Solange wir unsere Waffen behalten können, gibt es kein Problem.«
Verdammt, was redete er nur? Wie leicht konnten sie in eine Falle gelockt werden, wenn sie nichts sehen konnten! Sarangas Gedanken rasten. Wurde er langsam senil? Warum traute er diesen Typen? Widerstrebend ließ sie sich die
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