Das Vermächtnis des Kupferdrachens ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
wanderte zwischen dem Schönling und Jen hin und her, der mit erhobenem Haupt auf den jungen Mann zuschritt. Die Peitsche zischte durch die Luft, und auf Jens Wange zeichnete sich ein blutiger Streifen ab.
»Damit ist die Sache vergessen. Lern für die Zukunft daraus.« Der junge Mann lehnte sich lässig an die Tischkante und ließ die Peitsche wieder unter seinem langen Rock verschwinden. Jen drehte sich um und schritt mit starrer Miene auf einen der Tische zu. Die Männer machten ihm auf der Bank Platz, und das Mädchen mit den langen, blonden Zöpfen brachte ihm eilends einen Krug Bier.
Das war ein Fehler, dachte Saranga. Er macht sich Feinde, wenn er seine Männer vor allen anderen demütigt. Irgendwann versagen Angst und Schrecken. Dann werden sie sich von ihm abwenden, und es wird ihn das Leben kosten.
Vertos trat vor. »Ich nehme an, du bist Querno ...«
Der junge Mann betrachtete gelangweilt seinen Rubin und näselte: »Meroc, sag unserem Besuch, dass er mich angemessen ansprechen soll. Er ist hier in meinem Reich, und da kann ich ein bisschen mehr Respekt verlangen. Er soll auf die Knie gehen, wenn er mit mir spricht.«
Der bullige Kerl, der links von Querno gesessen hatte, erhob sich und nahm eine breite Axt vom Gürtel. Mit blassblauen Augen durchbohrte er Vertos, doch der hielt ihm stand.
»Ich beuge nicht einmal vor Astorin die Knie. Sagt Eurem Gorilla, dass er nicht näher kommen soll, sonst verkohle ich nicht nur seine Füße.«
Als der Angesprochene nicht reagierte und nur interessiert seine Fingernägel betrachtete, hob Vertos die Hände. Zwei bläuliche Blitze zischten aus seinen Fingerspitzen und zerbarsten vor den Füßen der beiden Männer. Die Holzbeine des Tisches färbten sich schwarz. Die anderen Männer sprangen von ihren Sitzen auf und griffen nach ihren Waffen.
»Können wir uns jetzt vernünftig unterhalten?«
Querno hob den Blick und nickte. »Aber sicher. Setzt Euch zu mir. Bei einem Krug Bier können wir über Geschäfte sprechen.« Einladend hob er die Hand.
Saranga grinste Vertos an. Man muss den Leuten nur freundlich begegnen!
Das blonde Mädchen brachte zwei Stühle an Quernos Tisch und eilte dann hinaus, um Bier zu holen. Vertos stellte den Krug zurück auf den Tisch und fixierte Querno, dessen Blick unstet durch den Raum wanderte.
»Wie Ihr sicher wisst, haben wir seit Jahren einen Vertrag mit Eurem Vater, der uns unsere Sicherheit in Ehniport garantiert, und nicht nur das. Wir haben stets freies Geleit durch die Katakomben und können den alten Tempel unter dem Nordfriedhof nutzen. Dafür zahlen wir ihm jedes Jahr einhundert Goldstücke. Wir haben einige Wochen hier zu tun und möchten im Tempel ungestört sein. Es wäre sehr freundlich, wenn Ihr Euren Männern entsprechende Anweisungen erteiltet, dass sie uns vom Zugang unter der großen Eibe aus passieren lassen.«
Querno streckte seine leeren Hände vor. »Ich habe kein Gold von Euch erhalten.«
Vertos runzelte die Stirn. »Ich sagte bereits, dass wir die Abmachung mit Eurem Vater geschlossen haben. Selbstverständlich hat er das Gold bekommen.«
»Das ist aber schade für Euch. Seht Ihr, ich bin mit meinem Vater nicht immer einig gewesen, und da habe ich beschlossen, sein Reich zu übernehmen und so zu gestalten, wie ich es für richtig halte. – Daher gibt es keinen Vertrag zwischen uns!«
»Wo ist Ferule?«
»Er ist – wie sagt man so hübsch? – indisponiert.«
»Habt Ihr ihn getötet?«
»Aber nein, er ist nur nicht ganz auf der Höhe. Außerdem kann er Euch nicht helfen.«
»Was verlangt Ihr?«
»Wir machen einen neuen Vertrag, der Euch die Genehmigung gibt, den Nordsektor zu passieren und den Tempel zu benutzen. Fünfhundert Goldstücke im Jahr sollte Euch das schon wert sein.«
»Fünfhundert Goldstücke?« Vertos sprang auf. »Ihr seid ja verrückt. Nein danke, mehr als hundert bezahle ich auf keinen Fall.«
»Gut, dann erkläre ich Euch für vogelfrei. Ist Euch das lieber?«
Vertos sah zu Saranga hinüber, die kaum merklich mit den Schultern zuckte. Sie waren in einer verzwickten Lage. Einerseits wollte Vertos sich nicht von Querno erpressen lassen, andererseits hatten sie keine Chance, die Katakomben lebend zu verlassen, wenn er seine Drohung wahr machen würde. Selbst Priester, Adlige und Stadträte schlossen Verträge mit der mächtigen Gilde der Unterwelt ab, um ihr Leben und den größten Teil ihres Vermögens zu sichern. Nun mussten sie hier erst einmal lebend herauskommen, dann
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