Das Vermächtnis des Kupferdrachens ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
zwischen den Fingern, roch und leckte daran. Dann zündete er die Lampe an und ließ den Strahl über die Stollenwände gleiten.
»Und was ist es?«
»Zinnober, glaube ich. Deshalb war die Abraumhalde auch so rot. Jetzt wundert es mich nicht mehr, dass die armen Kerle so furchtbar aussahen. Das Gift tötet jeden Arbeiter im Berg innerhalb weniger Jahre. Es ist sicher angenehm, schleichend vergiftet zu werden!« Thunins Augen funkelten, und der Grimm war ihm ins Gesicht geschrieben.
»Und was ist das für ein Zeug? Wozu braucht man das?«, wollte die Elbe wissen.
»Zinnober ist ein Mineral, aus dem man Quecksilber gewinnt, doch wozu man so große Mengen brauchen könnte, ist mir schleierhaft.«
Sie gingen weiter, doch unvermittelt blieb die Elbe stehen und fuhr zu Thunin herum. »Da fällt mir aber etwas ein!« Ibis stupste den Zwerg mit dem Zeigefinger in die Brust.
»Denk mal scharf nach. Was hat Lahryn in der Unterwasserstadt in den Kisten gefunden? Quecksilber! Ich glaube fast, wir mischen Astorins Schieberbande jetzt von hinten auf. Das erhöht den Reiz ungemein!«
»Trotzdem wüsste ich zu gern, wozu Astorin das Quecksilber braucht!«
Thunin löschte die Lampe wieder und folgte der Elbe durch die immer verzweigteren Stollen, bis Ibis erneut innehielt. Die Decke stieg hier unregelmäßig an, und eine Bretterwand versperrte ihnen die Sicht.
»Sieht aus wie eine natürliche Höhle. Warum haben sie die wohl zugenagelt?« Thunin klopfte gegen die Bretter. Es klang hohl.
»Hm, das Holz ist nicht sehr dick. Die Höhle dahinter scheint ordentlich groß zu sein.«
»Na, dann wollen wir mal sehen, was da so alles drin versteckt ist!« Ibis machte sich daran, die Bolzen mit dem Dolch herauszuarbeiten.
»So brauchen wir Stunden. Geh mal zur Seite!«
Der Zwerg schlug die Axt in den Spalt zwischen Brettern und Wand und hebelte das morsche Holz mit einem kräftigen Ruck auf. Dröhnend hallte das Knirschen der Planken von den Wänden zurück. Die beiden warteten einige Augenblicke. Erst als alles ruhig blieb, schlüpften sie in die hinter den Brettern verborgene Höhle. Unsicher blieb der Zwerg stehen und lauschte in die Finsternis. Die Höhlung war so gewaltig, dass selbst sein Blick nicht bis zur Decke oder zur gegenüberliegenden Wand vordringen konnte. Thunin griff Ibis am Ärmel. »Kannst du was erkennen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Am besten, wir gehen an der Wand entlang.«
Der Zwerg lauschte noch einmal, dann nahm er die Lampe vom Gürtel. »Ich glaube, wir können es wagen.«
Langsam ließ er den Lichtstrahl schweifen, der die zerklüftete Decke nur schwach erhellte. Auch die Wände waren durchlöchert und in riesige Waben zerteilt.
Ibis rümpfte die Nase. »Riecht nicht gerade angenehm hier drin!«
Thunin drehte sich langsam um die eigene Achse und leuchtete die Wände ab. »Und ich habe das unangenehme Gefühl, angestarrt zu werden«, knurrte er und sah nach oben. Ein schmatzendes Geräusch unter seinem Stiefel ließ ihn innehalten. Vorsichtig hob er den Fuß und betrachtete angewidert den braunen Haufen, der deutlich den Abdruck seines Stiefels zeigte. Ein stechender Geruch stieg ihm in die Nase.
»So ein Mist!«
»Buchstäblich«, bestätigte die Elbe schadenfroh. Ein Surren ließ sie herumfahren. Aus den Augenwinkeln gewahrte sie große, lederne Schwingen und ein Maul voll nadelspitzer Zähne.
»Runter, Thunin!«, rief sie und warf sich auf den Boden. Der Zwerg folgte ihrem Beispiel nicht schnell genug. Er duckte sich zwar, konnte aber nicht verhindern, dass die scharfen Krallen des geflügelten Wesens ihm eine Wunde am Hinterkopf beibrachten und als Beute ein Büschel Haare forttrugen.
»Verdammt, was war das?«
Die Elbe rappelte sich schnell wieder auf und zog den Bogen von der Schulter. »Weiß ich auch nicht. Los, renn zu der Höhlung da vorn, dort kommen noch mehr!«
Thunin hastete zur Felswand, an der zahlreiche Überhänge vor Angriffen aus der Luft Schutz boten. Ibis folgte ihm langsam und schoss Pfeil um Pfeil zu den geflügelten Wesen hinauf. Die Spitzen bohrten sich in lederne Schwingen und Körper und richteten heillose Verwirrung an. Der Zwerg ließ den Strahl der Lampe über die Flugwesen huschen und fuchtelte wild mit dem anderen Arm durch die Luft, als könnte er sie dadurch vertrEiben. Sein Gebrüll mischte sich mit den heiseren Pfeiftönen der Angreifer zu einem Höllenlärm. Die Flugechsen hatten eine Spannweite von fünf Fuß und fingerlange Zähne und Klauen. Thunin
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