Das Vermächtnis des Kupferdrachens ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
...
Plötzlich erklang aus der Höhle eine tiefe Stimme, und ein weiterer Zyklop trat aus dem Dunkel. Und kurz darauf noch einer – ein kleinerer, offenbar weiblich.
Cay hielt den Atem an. Er hatte keine Angst vor einem Kampf, doch vier Zyklopen waren eine ganze Menge, und es war durchaus möglich, dass noch mehr in der Höhle waren. Er sah zu Rolana hinüber, und ihre Blicke trafen sich. Die junge Priesterin gab ihm Mut und Kraft, und mit grimmiger Miene wandte Cay sich wieder den Zyklopen zu.
Die weibliche Gestalt oben am Hang rief ihren Kollegen mit krächzender Stimme etwas zu, und der Kerl neben ihr winkte einladend. Kaum noch zehn Schritte vom Gebüsch entfernt blieben die beiden anderen Zyklopen stehen und wandten sich um.
»Ich glaube, sie hat zum Essen gerufen«, flüsterte Thunin, der von vielen Sprachen ein paar Brocken verstand.
Reglos blickten die Freunde den riesenhaften Gestalten nach, die schnaufend den Hügel erklommen und im Höhleneingang verschwanden, der gleich darauf wieder schwarz und still im Sonnenschein lag. Es dauerte eine ganze Weile, bis sich die Anspannung legte und die Gefährten wagten, sich wieder zu bewegen.
»Das war knapp!«, sagte Rolana, die ganz weiß im Gesicht geworden war. Auch Thunin war besorgt. »Die Zyklopen sind wahrscheinlich eine Art Vorposten. Ich habe kein gutes Gefühl.«
»Ich auch nicht«, pflichtete Rolana dem Zwerg bei. »Aber wir müssen herausbekommen, ob hier irgendwo Zwerge gefangen gehalten werden.«
Die anderen nickten, und so setzten sie sich wieder in Bewegung, noch eifriger darum bemüht, möglichst unsichtbar im dichten Laub versteckt zu blEiben. Sie folgten dem immer enger werdenden Tal. Als es nach einer Stunde eine scharfe Biegung machte und sich zu einem Kessel weitete, war den Freunden sofort klar, dass sie ihr Ziel erreicht hatten. Ins Gebüsch geduckt beobachteten sie die Vorgänge am Hang gegenüber.
Die niedrigen Bergrücken, die das Tal gesäumt hatten, verbanden sich am Ende des Talkessels mit den weiß aufragenden Gipfeln des Silbergebirges. Ein schmaler, gewundener Pfad führte direkt auf die Bergkette zu und verschwand dann im Schatten der Felswände. Viel auffälliger war jedoch ein rotbrauner Schuttfächer aus zermahlenem Gestein.
Über der mächtigen Abraumhalde gähnte ein mit stabilen Baumstämmen abgestützter Stolleneingang. Auf dem Platz davor erkannten die Freunde zwei mit Keulen und Peitschen bewaffnete Oger. Gelangweilt lehnten sie an einem Felsblock und sahen den mageren, bärtigen Gestalten zu, die sich abmühten, sichtlich schwere Kisten auf Mulis zu laden, die in Zweierreihen vor dem Eingang angebunden waren. Drei Männer, von denen einer zwei Pferde am Zügel hielt, standen etwas abseits und unterhielten sich. Fünfundzwanzig Maultiere zählte Thunin, die mit je zwei Kisten beladen wurden.
Vier Zwerge tauchten unter dem abgestützten Eingang auf. Sie mühten sich, einen Wagen auf die Plattform zu schieben, rutschten aber immer wieder aus. Das vollgeladene Gefährt war einfach zu schwer für die ausgezehrten Gestalten. Einer der Zwerge glitt plötzlich aus, fiel mit dem Gesicht in den roten Staub und blieb erschöpft liegen. Der größere Oger griff zur Peitsche.
Rolana legte den Arm um Thunin, der hilflos die Fäuste ballte. »Wir werden ihnen helfen! Bei Thor, das schwöre ich.«
Einer der Männer löste sich aus der Gesprächsrunde und schrie heftig gestikulierend auf den Oger ein. Daraufhin fassten die beiden Oger mit an, und nur kurze Zeit später stand der Wagen auf dem Platz. Die Zwerge beeilten sich, die Mulis vollends zu beladen.
»Gib mir mal das Fernrohr.« Ibis piekte den Zwerg in die Seite. »Diese Kerle will ich mir genauer ansehen.«
»Gute Idee. Wir müssen uns die Wächter einprägen, um herauszufinden, wie viele es sind.« Der Magier nickte der Elbe anerkennend zu.
Einige Stunden beobachteten die Gefährten den Eingang zum Quecksilberbergwerk. Menschen, Zwerge, Oger und Zyklopen kamen und gingen, und die Freunde machten sich eifrig Notizen. Die Wachen am Eingang wurden abgelöst. Am späten Nachmittag machte sich die Karawane mit den schwer beladenen Mulis auf den Weg. Die Rufe der Männer schallten durch die klare Herbstluft, als sie die Tiere den schmalen Pfad nach Osten in die Berge trieben.
Als die Sonne sank, wurden im Halbkreis um den Stolleneingang Fackeln in den Boden gerammt und angezündet. Zwei Zyklopen tauchten immer wieder im Feuerschein auf, wenn sie auf ihrer Wachrunde
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