Das Vermächtnis des Kupferdrachens ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
rumschreien – und das konnte er heute gar nicht ertragen.
»Verdammt, wo bleibst du! Unsere Wache fängt an.«
Der Zyklop knurrte böse, schob die leere Scheide unter das fleckige Fell um seine Hüften und eilte hinaus. Die Sonne lachte grell und schien sich an seinem Schmerz zu freuen. Der Zyklop war froh, als er die schützende Dunkelheit des Stollens erreichte.
»Ich muss noch schnell zu Guner«, knurrte er und schlurfte weiter, ohne sich um den verwunderten Blick des zweiten Wächters zu kümmern. Der verkaterte Muskelprotz lugte um die Ecke, doch Durim war nirgends zu sehen. Schnell eilte er zu einer schweren Holztür und klopfte ungeduldig dagegen.
»Ich komm ja schon«, hörte er Guners Stimme. Ein Riegel quietschte, dann öffnete sich die Tür einen Spalt.
»Was willst du?«
»Äh, ich hab mir gestern den Dolch beim Schleifen abgebrochen. Kann ich einen anderen haben?«
Bereitwillig öffnete Guner die Tür und ließ den Zyklopen eintreten. »Was ist nur heute mit euch Jungs los? Du bist schon der Dritte, der eine neue Waffe braucht.«
Kopfschüttelnd zog er einen Schlüsselbund hervor und öffnete die drei Schlösser der Eisentür, die in die große Waffenkammer führte. Der Zyklop wartete geduldig. Er wusste ja, dass das Betreten der Waffenkammer für Oger und Zyklopen streng verboten war.
»Hier, nimm.« Guner drückte ihm den kühlen Griff eines Dolches mit gebogener Klinge in die Hand. »Und pass diesmal besser darauf auf.«
Der Zyklop ließ die Klinge in die abgewetzte Scheide gleiten und grunzte so etwas wie »Ist gut«, bevor er wieder im dunklen Stollen verschwand und zu seinem Posten eilte, ehe jemand sein Fehlen bemerkte. Kopfschüttelnd schloss Guner die Tür hinter ihm.
Niemand bemerkte die beiden Zwerge, die langsam den Stollen entlangschlichen. Ihre graubraunen Lumpen ließen ihre Konturen mit den Felswänden verschmelzen, denn die in weiten Abständen befestigten Fackeln konnten die Schatten nicht vertrEiben.
Den Blick auf den Boden gerichtet folgten die Zwerge den Gleisen der Loren zu den Schächten hinunter. Bei näherem Hinsehen konnte man erkennen, dass es sich um eine Zwergenfrau und einen älteren Zwergenmann handelte. Sie schienen verletzt zu sein. Der Mann zog das Bein merkwürdig nach, und die Frau hielt ihren linken Arm unnatürlich steif. Ein Oger kam mit einer Fackel in der Hand vorbei, schenkte den zerlumpten Gestalten jedoch keine Aufmerksamkeit.
*
»Was gibt’s denn nun schon wieder?« Durim streckte sein pockennarbiges Gesicht zur Tür herein.
»Das wirst du erfahren, sobald du die Tür hinter dir geschlossert und auf diesem Stuhl Platz genommen hast.«
Durim grinste Salec an, ließ sich neben Rodalio auf den freien Stuhl fallen, streckte die Beine von sich und rülpste. Rodalio runzelte missmutig die Stirn, doch Durim grinste nur noch breiter. Es machte ihm Spaß, den Magier zu reizen.
»Wenn ihr eure privaten Zwistigkeiten zurückstellen würdet, könnte ich anfangen.« Salec machte eine kleine Pause, dann fuhr er fort.
»Ich habe eine Nachricht von Astorin erhalten. Er hat sich entschlossen, die Arbeit in der Unterwasserstadt wieder aufzunehmen. Die Grotten sind bestens geeignet, um das Quecksilber zu lagern, bis das nächste Schiff kommt. Die Bucht, mit der wir uns bei den letzten beiden Lieferungen begnügen mussten, ist viel zu ausgesetzt und auch zu leicht zu entdecken. Astorin hat dem Kapitän der ›Serpent‹ das Kommando übertragen. Er wird in wenigen Tagen mit der Hälfte seiner Männer die Stadt übernehmen. Vor einigen Jahren konnte ich seine Bekanntschaft machen – ein fähiger Mann!«
»Ja und? Was hat das mit uns zu tun?« Durim gähnte herzhaft und ließ seine fauligen Zähne sehen.
Salec warf ihm einen kalten Blick zu, ging jedoch nicht auf die Störung ein. »Astorin möchte, dass Rodalio und ich dem Kapitän alles zeigen und ihm ein paar nützliche Dinge mitbringen. Atempulver hat die ›Serpent‹ anscheinend bereits geladen. Wir brechen in einer Stunde auf. Ich nehme fünf Männer und zwei Oger als Träger mit. Durim, du suchst uns die stärksten aus. Die Männer sollten kampferfahren sein – man kann nie wissen, was in den Silberbergen so passiert.«
Durim erhob sich. »Geht klar ...«
»Halt, ich bin noch nicht fertig! Wir werden ungefähr zehn Tage weg sein. In dieser Zeit übergebe ich dir die Führung des Bergwerks ...« Ein zufriedenes Lächeln breitete sich über Durims Gesicht aus. »Überleg dir genau, was du während
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