Das Vermächtnis des Kupferdrachens ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
stabiler, als er aussah.
Eilig nahm sie ihren Rucksack auf, schulterte den Bogen und verschwand in der Dunkelheit. Lautlos erklomm sie die Abraumhalde und näherte sich dem Eingang zum Hauptstollen. Wo waren die Wächter? Vorsichtig lugte die Elbe um die Ecke. Keiner da? Erst beim zweiten Hinsehen entdeckte sie die regungslosen Schatten auf der Erde. Sie lebten, schienen jedoch, weit weg in einer fernen Traumwelt zu sein. Und von ihren Waffen war weit und breit nichts zu sehen.
»Ts, ts, ts, faul rumliegen und schlafen – und das während der Wache!« Lautlos kichernd eilte die Elbe den breiten Stollen entlang.
*
»Psst, wach auf, es geht los!« Jaros schüttelte Xera an der Schulter, doch sie war bereits hellwach. Wie hätte sie in dieser Nacht auch schlafen können?!
Beim Abendessen hatten sie die anderen Zwerge in ihren Plan eingeweiht, damit es in der Nacht nicht zu Verzögerungen kam. Die meisten waren sofort Feuer und Flamme. Nur ein paar Ängstliche schüttelten entsetzt die Köpfe und rieten von dem Vorhaben ab. Vor allem Zerras saß der Schreck noch gehörig in den Gliedern, und sein schmerzender Rücken mahnte ihn ständig, was alles passieren konnte. Vergeblich versuchte er, die anderen Zwerge umzustimmen. So blieb ihm nur, zu Thor zu beten und zu hoffen, dass das Glück diesmal auf ihrer Seite stand.
Gares und Durwien schlichen zu dem Gitter, dessen Verankerungen im Fels sie in den letzten beiden Nächten mühevoll gelockert hatten. Jetzt war es nur noch eine Kleinigkeit, es vollends zu lösen.
Jaros scharte die erfahrensten Kämpfer um sich. »Wir haben zwölf Waffen erbeutet.« Stolz deutete er auf den unscheinbaren Haufen Lumpen in der Ecke, der den todbringenden Stahl verbarg.
»Das ist nicht viel!«
Jaros betrachtete den jungen Zwerg einen Augenblick. »Das kommt darauf an, wie schlau wir sie einsetzen. Sucht euch die Waffe aus, mit der ihr am besten kämpfen könnt, und folgt mir leise. Wir müssen als Erstes in die Stollen hinunter, um die Arbeiter der Nachtschicht zu befreien. Sie schuften in zwei Kammern, und wir haben pro Stollen mit drei oder vier Gegnern zu rechnen. Wenn alles gut geht, haben wir unsere Waffen hinterher fast verdoppelt. Und wenn wir Glück haben, verschlafen viele Wächter unseren Ausbruch.«
»Was ist mit uns anderen?«
»Alle, die noch keine Waffe haben, blEiben unter dem Schutz von Xera und Lutro hier und warten, bis wir die Nachtschicht befreit haben. Dann stürmen wir gemeinsam zum Ausgang.«
Jaros zog den Zwerg neben sich am Ärmel. »Wulfer, sag ehrlich, kannst du kämpfen?«
»Aber ja! Der Magier hat ganze Arbeit geleistet. Gib mir ein Schwert, und ich beweise es dir.«
»Also los, mir nach!«
Dicht hintereinander folgten die Zwerge Jaros durch die finsteren Gänge. Zwei Treppen stiegen sie hinunter, immer dem eintönigen Geräusch der Spitzhacken folgend. Dort, wo der schmale Gang in einen breiten Stollen mündete, blieb Jaros dicht an der Wand stehen. Fackellicht erhellte den Stollen, und die Schienen der Loren glänzten wie feurige Bänder.
Einige Minuten warteten sie still, dann näherte sich das Geräusch, auf das sie gewartet hatten. Die schemenhafte Gestalt eines Ogers tauchte im flackernden Licht auf. Und hinter ihm eine Lore, die von vier Zwergen geschoben wurde.
Mit den Schatten der Wand verschmolzen, blieben die Zwerge reglos stehen, bis der Oger an der Abzweigung vorbei war. Dann gab Jaros das Zeichen zum Angriff. Plötzlich war der Oger von bewaffneten Zwergen umringt. Er stieß einen wütenden Schrei aus und griff nach seiner Keule. Mit einem einzigen Schlag zertrümmerte er den Schädel eines bartlosen Jünglings, der wie ein Stein zu Boden fiel, ohne einen Laut von sich zu geben. Der Zorn der Zwerge steigerte sich zur Raserei. Mit Dolchen und Schwertern stachen und hieben sie auf die Beine des Ogers ein, als wollten sie einen Baum fällen. Der Oger schrie. Noch bevor er einen weiteren Zwerg töten konnte, brach er zusammen. Fassungslos starrte er auf seine Beine, die aussahen, als habe ein Rudel Wölfe sich über sie hergemacht. Mit einem zornigen Knurren schlug Wulfer dem Oger den Kopf ab. Dann sah er die bleichen Gesichter, die ihn umringten. Der Schock stand ihnen in den weit aufgerissenen Augen.
»Los, wir haben noch viel Arbeit!«
Jaros nickte. »Ja, schnell weiter. Den armen Henin holen wir später.« Er hob den Dolch des Gefallenen auf, reichte ihn einem der unbewaffneten Zwerge, die die Lore geschoben hatten, und spurtete
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