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Das Vermächtnis des Rings

Das Vermächtnis des Rings

Titel: Das Vermächtnis des Rings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Bauer
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nennt, bestimmt ist, noch ein wenig dazu beizutragen, dass das letzte Thema der großen Musik zur Vollendung gelangt? Uralt an Jahren vielleicht, bin ich doch immer noch jung.





 

R UGGERO L EO
     
    D ER S OHN DES K ESSELFLICKERS
     
     
     
    Das kleine grüne Toron fiel um und starb. Starr lag es am Wegesrand, die kleinen Beinchen in die Luft gereckt, und bot einen jämmerlichen Anblick. Eine schillernde Stubenfliege summte herbei, umkreiste neugierig das zierliche Reptil und ließ sich auf der glatten Haut des toten Tierchens nieder. Wenige Augenblicke später war auch die Fliege tot.
    »Giftig! Giftig! Verendete Torons sind giftig!«, rief Thyko und lachte schallend. Der Junge erhob sich aus dem hohen Gras. »Sieh her, Kel, es ist tot!«
    »Ich weiß nicht, wie du dich am Elend anderer Wesen so ergötzen kannst, Thyko«, antwortete Kel, der einige Schritte entfernt im Schatten eines großen Baumes saß und soeben seinen Wasserschlauch verkorkte.
    »Ach, stell dich nicht so an. Wenn alle so ernst wären wie du, gäbe es bald gar nichts mehr zu lachen in dieser Welt.«
    »Lass uns lieber weiterreiten, wenn wir dem König noch von Nutzen sein wollen. Die Tiere sind jetzt ausgeruht und haben genug gefressen. Wir machen erst wieder Rast, wenn der Mond aufgegangen ist.«
    »Jawohl, mein Herr«, spottete Thyko und schritt zu seinem Weggefährten. »Ich weiß gar nicht, warum du mich immer belehren willst. Sieh dir nur deine Hände an! Ich wühle nicht im Dreck, wenn ich mich ausruhe und meinen Gedanken nachhänge.«
    »Du kannst auch nicht so schön zeichnen wie ich. Im Schmutz zu zeichnen ist weitaus sinnvoller, als hilflosen Lebewesen beim Sterben zuzusehen. Komm jetzt, wir sollten aufbrechen. Die Zeit drängt.«
    Die beiden Jungen gingen zu ihren Reittieren: zwei große Echsen mit langen Hälsen und mächtigen Kehlsäcken, die idealen Reittiere für anstrengende Reisen, während derer nicht viel Zeit für eine Rast blieb. Rasch steckten Thyko und Kel ihre Wasserschläuche in die Satteltaschen, banden die Tiere los und saßen auf. Die Sonne brannte heiß vom Himmel. Es würde noch Stunden dauern, ehe sie hinter den Bergen unterginge. Thyko wischte sich das braun gelockte Haar aus der Stirn, schnalzte mit der Zunge, und sein Reittier trottete los. Kel blickte seinem Gefährten hinterher, dann setzte auch er sein Tier in Bewegung und folgte ihm den Hügel hinauf.
    Voraussichtlich würde es noch drei Tage dauern, ehe sie ihre Aufgabe erfüllt hätten. Das hieß: drei Tage die Gesellschaft des anderen ertragen müssen, denn die beiden Jungen mochten einander nicht.
    Alles hatte vor zwei Tagen begonnen. Ein Reiter war ins Dorf galoppiert, schwer verwundet und dem Tode nahe. Er kam von Süden, aus dem Sandertal, und war drei Nächte lang geritten, ohne seine Wunden ordentlich versorgt zu haben. Ehe er vor der Schmiede besinnungslos aus dem Sattel sank, erklärte er mit matter Stimme, er müsse dringend den Ältestenrat des Dorfes sprechen. Man richtete ihm ein Bett und säuberte seine Wunden, so gut es ging. Als der Mann das Bewusstsein wiedererlangte, ließ er den Rat zu sich kommen. Er gab sich als königlicher Bote zu erkennen und zeigte dem Rat eine Pergamentrolle, die das Siegel des Königs trug und für den Feldherrn Gendelor von Suln bestimmt war.
    Das Land befand sich im Krieg gegen die Thornali, ein Volk, wie es finsterer und herrschsüchtiger nicht sein kann. In der letzten Schlacht hatte das königliche Heer den Feind weit ins eigene Land zurückgedrängt; nun sammelten sich die Thornali vor der Grenze des Reiches und planten zweifelsohne den nächsten Angriff. Überall im Land besaß der Feind Verbündete, die ihn mit Informationen versorgten und ihm den Weg ins Königreich zu ebnen versuchten. Im Laufe des Krieges hatten sich sogar schon einige Kundschafter des Königs als Spione des Feindes entpuppt und waren eingekerkert worden.
    »Diese Nachricht ist von größter Wichtigkeit«, sagte der Bote und übergab dem Ratsältesten die Pergamentrolle. »Der König und seine Feldherrn haben bislang geglaubt, der Feind werde aus zwei Richtungen ins Land einfallen: sowohl im Süden, im Sandertal, als auch im Osten, am Breiten Pass. Doch das stimmt nicht. Zwei Kundschafter, die unserem König treu ergeben sind, brachten vor zwei Tagen die Nachricht, dass augenblicklich mehrere Tausend feindliche Krieger nach Süden marschieren, um das dort lagernde Heer der Thornali zu verstärken. Offenbar will der Feind das

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