Das Vermächtnis von Thrandor - Das Schwert aus dem Feuer
innerhalb kurzer Zeit brannte vor den Eingängen je ein Feuer. Zum Entsetzen einiger Soldaten verbot Derra ihrem Trupp, schlafen zu gehen, bevor nicht jeder eine Tasse heißen Dahl getrunken und seinen Rucksack sorgfältig unter einer Plane verstaut hatte. Als Calvyn das dampfende Getränk in den Händen hielt, wusste er die Strenge der Korporalin zu schätzen. Der heiße Dahl wärmte ihm den Magen und linderte den Schmerz in seinen Muskeln. Mit großer Erleichterung empfingen die Soldaten Derras Nachricht, dass an diesem Abend keine Wachablösungen stattfinden
würden, und alle waren innerhalb von Sekunden eingeschlafen, nachdem sie sich auf der kalten Unterlage des Zeltes niedergelegt hatten.
Die folgenden acht Tage gingen in eine Routine über, die mit dem Morgengrauen begann und kurz nach Einbruch der Dämmerung endete. Es herrschte kaltes, oft nasses Wetter, das für die Jahreszeit aber nicht ungewöhnlich war. Nicht verwunderlich also, dass die Truppe die langen täglichen Märsche schnell überhatte, und die Korporale und Sergeanten erkannten schnell, dass ihre Hauptaufgabe darin bestand, die Moral und die Disziplin der Soldaten aufrechtzuerhalten. Häufig wurden Marschlieder angestimmt, um die Zeit und die endlosen Meilen rascher vergehen zu lassen.
Korporalin Derra hatte darauf bestanden, dass ab dem ersten Tag nach Verlassen Mantors jedes Mitglied ihres Trupps eine Aufgabe übernahm und entweder die Zelte aufschlug, Wasser holte, Feuerholz sammelte oder den Latrinengraben aushob. Alle ohne Ausnahme waren an den nächtlichen Wachdiensten beteiligt, die für die Sicherheit des Lagers sorgten. Ab und an wurde ein erfahrener Soldat, der zum Kundschafter ausgebildet worden war, auf einen Erkundungsritt geschickt. Ansonsten gab es wenig Abwechslung.
Nach der ersten Nacht im Zelt war Calvyn bibbernd vor Kälte und mit steifen Gliedern aufgewacht, was sowohl an den Temperaturen als auch an den Anstrengungen des vorangegangen Tages liegen mochte. Als er jedoch das Feuer am Zelteingang wieder entfacht und seinen durchfrorenen Körper aufgewärmt hatte, empfand Calvyn den restlichen Marsch nach Levansbrück als recht erträglich. Während seiner Wachdienste hatte er die paar Zaubersprüche eingeübt, die ihm vielleicht im Kampf von Nutzen sein könnten. Besonders die Formel zur Errichtung eines magischen Schutzschilds,
die er in Abwandlung auch auf sein Schwert angewandt hatte. Doch die grün schimmernde Schutzsphäre weckte die Aufmerksamkeit des Wachpostens neben ihm. Calvyn musste dem Gefreiten einreden, dass die Erscheinung wohl daher rührte, dass er zu lange ins Feuer geschaut hätte. Grummelnd und wenig überzeugt war der Soldat wieder abgezogen, und Calvyn hatte seine nächtlichen Übungen von da an darauf beschränkt, sich die Runen einzuprägen, ohne sie sich als Bild vorzustellen und damit ihre Wirkung hervorzurufen.
Ab und zu gelang es Calvyn und Jenna, Zeit mit Bek, Tondi, Matim und anderen aus ihrem alten Ausbildungstrupp zu verbringen. Alle schienen trotz der Umstände einigermaßen guter Stimmung. Ihre Zusammenkünfte dauerten aber nie lange, denn sie waren vor Müdigkeit zu kaum mehr fähig, als noch schnell einen Becher Dahl am Feuer zu trinken, bevor sie sich schlafen legten.
Die einzige Ausnahme von dieser Regel ergab sich nach etwa vier Tagen Marsch, als Bek am Lagerfeuer vor Calvyns Zelt auftauchte. Calvyn merkte sofort, dass seinen Freund irgendetwas beschäftigte. Er fand aber keine Gelegenheit, ihn danach zu fragen, bis die anderen aus dem Trupp sich ins Zelt zurückgezogen hatten.
Sobald die letzten Kameraden sich schlafen gelegt hatten, führte Bek seinen Freund zu einer Stelle in Baron Keevans Heerlager, die weit genug von den Zelten entfernt war, damit sie nicht belauscht werden konnten.
»Was ist los, Bek?«, flüsterte Calvyn und musste die Augen anstrengen, um ihn in der Dunkelheit überhaupt erkennen zu können.
»Ich will dir nicht nachspionieren, Calvyn, aber hast du in letzter Zeit Magie gewirkt?«, raunte Bek. »Ich habe gehört, wie ein Gefreiter aus dem Trupp neben uns seinen Kameraden
erzählt hat, dass er während der Nachtwache einen grünlich schimmernden Lichtglanz gesehen hat, und da musste ich an dich denken.«
Calvyn seufzte.
»Ja, Bek. Das war ich. Es war leichtsinnig von mir und wird nicht wieder vorkommen.«
»Was wird nicht wieder vorkommen? Die Magie oder die Unachtsamkeit?«, fragte Bek. »Und was hat es überhaupt mit diesem grünen Schein auf
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