Das Vermächtnis von Thrandor - Der Auserwählte
Waffe in Reichweite lag.
Bek stöhnte vor Schmerz, als Derra seine Wunde mit schnellen Handgriffen neu verband. Derra verfügte sicherlich über gute medizinische Grundkenntnisse, doch Bek hätte sich eine etwas sanftere Behandlung gewünscht. Der Sergeantin schienen seine Schmerzen völlig gleichgültig zu sein. Sie versorgte seine Wunde, wie sie jede andere Arbeit erledigte – zügig und effizient.
Bek konnte Schritte auf der Holztreppe hören, die zu der Kammer führte, in der Derra, Eloise und er sich nun bereits seit einer Woche versteckt hielten. Derra musste die Person bereits bemerkt haben, als sie unten durch die Tür hereinkam, überlegte Bek. Es ärgerte ihn, dass er, falls es zum Kampf käme, wenig beisteuern könnte, doch er fühlte sich immer noch so schwach und wehrlos wie ein Neugeborenes. Ohne Hilfe konnte er keine Minute aufrecht stehen, geschweige denn ein Schwert führen.
»Alles in Ordnung, Sergeantin. Es ist nur Fesha«, meldete Eloise erleichtert.
»Gut«, erwiderte Derra barsch. »Mal hören, was es Neues gibt.«
Derra verknotete die Enden des Leinenstreifens und steckte sie unter den Verband. Als Bek den Waffenrock darüberzog, bedachte sie ihn mit einem strengen Blick und drohte ihm.
»Lass gefälligst deine Finger von dem Verband, Bek. Es wird nicht herumgezupft und nicht gedrückt. Du zögerst damit die Heilung nur weiter hinaus. Das ist in meinen Augen Selbstverstümmelung und unter Strafe verboten. Verstanden?«
»Ja, Sergeantin«, erwiderte Bek schwach. Ihm war klar, dass er bereits ziemlich tief in der Patsche saß, weil er sich geweigert hatte, die Arena zu verlassen, als Derra und die anderen ihn hatten befreien wollen. Er war dankbar, dass die Sergeantin ihn trotz seines Ungehorsams nicht aufgegeben und zurückgelassen hatte. Bek wusste nicht genau, was sie dazu bewogen hatte, vermutete aber, dass es reine Sturheit war: Derra war gekommen, um Bek und Jez aus der Arena zu befreien, und wollte nicht ohne ihn nach Thrandor zurückkehren, solange er noch am Leben war.
Bek wünschte sich nur, Jez wäre hier bei ihm. Der unbekümmerte junge Gefreite hatte die ganze Zeit behauptet, dass ein Rettungstrupp kommen würde, um sie zu befreien. Bek hatte es nicht gesagt, doch er hatte nie daran geglaubt. Unglücklicherweise war die Hilfe dann für Jez zu spät gekommen, denn er starb während der sogenannten »Spiele« von der Hand des ranghöchsten Kämpfers Serrius. Bek rächte ihn zwar mit einem Sieg über den shandesischen Kämpfer, doch in seinem Herzen tobte nach wie vor die Wut über den Tod des Freundes. Fesha hatte herauszufinden versucht, ob Serrius die Verletzung, die Bek ihm beigebracht hatte, überlebt hatte, aber der drahtige kleine Gefreite hatte nichts über ihn in Erfahrung bringen können.
Bek war das mittlerweile auch einerlei. An Serrius hatte er Rache genommen, aber die Sache mit Calvyn war noch nicht ausgestanden. Calvyn oder Lord Shanier oder wie auch immer er sich nennen mochte, hatte Jez und Bek in die Arena geschickt. Wenn Bek das nächste Mal auf Calvyn
traf, würde er das Schwert in der Hand halten und den Schwur erfüllen, den er am Todestag seines Freundes geleistet hatte.
Von Eloise wusste Bek, dass sich Calvyn der Rettungsmission zunächst angeschlossen hatte, doch auch sie vermochte nicht zu sagen, wo er sich derzeit aufhielt. Sie hatte irgendetwas von einer magischen Botschaft erzählt und dass Calvyn sich auf den Weg in die Stadt Terilla gemacht habe. Doch da sie nichts Genaueres wusste, vermutete Bek, dass Calvyn sie und die anderen wieder einmal hinters Licht geführt hatte. Calvyn verstand es ja meisterhaft, seine wahren Absichten zu verbergen. Man konnte ihm nicht trauen. Während der Ausbildung auf Burg Keevan hatte Calvyn allen vorgemacht, er sei ein einfacher Junge, der nichts anderes als Soldat werden wollte. Im Rückblick war es aber sonnenklar, dass Calvyn immer schon seine eigenen Ziele verfolgt hatte.
Von Anfang an hatte sich Calvyn mittels Magie und Zauberei das Vertrauen seiner Kameraden erschlichen. Die Wundsalbe, die er in der Mannschaftsunterkunft verteilt hatte und die Blasen schneller heilte, als Bek es je zuvor gesehen hatte. Der Schwur, den er Bek im Verlies leisten ließ, ehe er Licht herbeizauberte. Und dann natürlich das Schwert.
Bek war sich mittlerweile auch nicht mehr so sicher, was Calvyn bei Mantor eigentlich dazu bewogen hatte, gegen Demarr zu kämpfen. Vielleicht hatte er dem Magier Selkor ja nur zu dem Amulett
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