Das Vermächtnis von Thrandor - Der Auserwählte
passende Beispiele und amüsante Anekdoten einstreute. Calvyn und Jenna lernten gern bei ihm.
Unweit von Steingrund, also bereits tief in Nordthrandor, machten sie eines Mittags in einem winzigen Dorf Rast. Calvyn und Jenna freuten sich, einmal nicht kochen zu müssen.
Im kleinen Schankraum des Wirtshauses »Zum fleißigen Steinmetz« war es warm und gemütlich. Als sie eintraten, knisterte im offenen Kamin ein Feuer und dünner Pfeifentabaknebel vermischte sich mit dem Rauch des Holzfeuers. Drei Dorfbewohner und der Schrankwirt, der an seiner Schürze zu erkennen war, saßen an der Theke, die Pfeife im Mund und je einen Tonkrug mit Fassbier vor sich. Die Decke des niedrigen Raums bildeten dicke Balken und Bretter, die Wände waren aus Naturstein gemauert und sauber verfugt.
Ein bärengroßer Hund lag vor dem Kamin. Als die Besucher den Raum betraten, folgte er ihnen mit den Augen, doch die Ohren zuckten kaum und zeigten damit an, dass er keinerlei Interesse an ihnen hatte. Die vier Männer am Tresen verstummten und beäugten die fünf in dunkle Umhänge gehüllten alten Männer und den Riesen, der aussah, als sei er einem Märchen entstiegen. Lomand musste sich nicht nur bücken, um durch die Tür zu kommen, sondern stieß sogar mit dem Kopf gegen die Holzbalkendecke. Als Calvyn und Jenna hinter den Magiern den Raum betraten, musterte der Schankwirt auch sie voll Misstrauen.
Wahrscheinlich liegt es an der merkwürdigen Gesellschaft, in der wir reisen, dachte Calvyn und lächelte in sich hinein.
Der Schankwirt nahm die Pfeife aus dem Mund, stand
auf und schlurfte hinter den Tresen, als suche er dort Schutz. Dem Dickwanst mit dem roten Gesicht waren die Neuankömmlinge offenbar nicht geheuer. Calvyn beobachtete belustigt, dass einer der Gäste ein kaum wahrnehmbares Handzeichen machte, offenbar eine Art abergläubischer Schutz gegen das Böse. Er grinste in sich hinein und fragte sich, ob die anderen es auch bemerkt hatten.
»Was kann ich für euch tun, ihr guten Leute?«, fragte der Schankwirt und versuchte, fröhlich und einladend zu klingen.
Akhdar, der selbst ernannte Sprecher der Gruppe, überhörte die erzwungene Freundlichkeit. »Sieben Krüge Bier für die Männer, bitte, guter Wirt. Und was möchtest du, Jenna?«
»Für mich dasselbe, bitte«, sagte Jenna und versuchte, dabei ihren thrandorischen Dialekt noch zu betonen.
»Acht Krüge Bier also, bitte, und Essen für alle. Was gibt es denn heute?«
Der Schankwirt scharrte nervös mit dem Fuß, riss sich aber zusammen und stammelte, vom gestrigen Braten sei noch etwas übrig, das reiche allerdings nicht für acht. Er habe aber noch reichlich Eintopf, frisches Brot und Butter dazu.
Akhdar bestellte acht Portionen Eintopf und erkundigte sich höflich, an welchen Tisch sie sich setzen dürften.
»Oh, ihr könnt frei wählen. Entschuldigt bitte«, fügte er nervös hinzu, »aber dürfte ich erfahren, wie ihr bezahlen wollt? Es ist nur, ich nehme grundsätzlich keine ausländischen Münzen an.«
Akhdar lächelte und langte in die Tasche. »Und die hier?«, fragte er und warf ein paar Gold- und Silbermünzen auf den Tresen.
Die Augen des Schankwirts weiteten sich beim Anblick
so viel Geldes. »Oh ja, Sir! Die nehme ich gern«, erklärte er, nunmehr mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht. Innerlich passte er wohl schon die Preise an, um den Fremden möglichst viel Geld abzuknöpfen, ehe die Gruppe weiterzog.
Calvyn war überrascht, denn bei den Münzen handelte es sich nicht etwa um shandesische Sen, Senna oder Sennut, sondern um thrandorisches Geld. Er fragte sich, wo der Magier es herhatte. Wahrscheinlich verfügte die Magierakademie über eigene Reserven.
Der Wirt begann mit dem Ausschenken des Bieres und Calvyn und Jenna holten die gefüllten Krüge vom Tresen und verteilten sie an ihre Begleiter. Die fünf Magier setzten sich an einen Tisch, während Lomand am Nachbartisch Platz nahm. Calvyn und Jenna gesellten sich zu ihm. Der Schankwirt wuselte durch eine Hintertür, die vermutlich zur Küche führte. Es dauerte nicht lange, da tauchte er mit einer Schüssel Eintopf in jeder Hand wieder auf. Eine Frau, offenbar seine Ehefrau, folgte ihm, ebenfalls schwer beladen. Sie war beleibt und trug eine sauertöpfische Miene zur Schau, die sich, als sie das Essen auf den Tisch stellte, zu einem gezwungenen Lächeln verzog. Die Wirtsleute brachten weitere Schüsseln mit Eintopf, Löffel und Messer, Butter und Brot. Schon bald waren die Gäste mit Essen
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