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Das Vermächtnis von Thrandor - Der Auserwählte

Das Vermächtnis von Thrandor - Der Auserwählte

Titel: Das Vermächtnis von Thrandor - Der Auserwählte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Robson
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das verklebte Haar aus dem Gesicht.
    Selkor hätte sich wohl nicht so schnell der nächsten magischen Formel zugewandt, wenn er erst einmal in Ruhe über die Eigenschaften der Kraftwelle nachgedacht hätte. Doch blind vor Wut darüber, dass ihm ein unsichtbarer Gegner unerwartet den Boden unter den Füßen weggerissen hatte, machte er sich sofort wieder daran, die Zeit zu verzerren. Kaum hatte er die magische Formel ausgesprochen, da weiteten sich Selkors Augen vor Angst, denn den Bruchteil einer Sekunde, ehe der Zauber nach hinten losging, wurde ihm klar, dass er dieselben Höllenqualen noch einmal würde durchleiden müssen. Von allen Seiten traf ihn das Stoßfeuer aus kleinen Blitzschlägen, bis er zuckend und zitternd zusammenbrach und sich schreiend vor Schmerz am Boden wand.
    Selkor blieb lange liegen. Die Arme fest um den Körper geschlungen und sich langsam hin und her wälzend, versuchte er den Schmerz aus dem Körper zu pressen. Nach einer Weile gingen seine Schreie in ein leises Stöhnen und Wimmern über. Als es ihm schließlich gelang, sich wieder
aufzurappeln, waren sein Gesicht und seine Hände blutverschmiert und staubig, die Augen glänzten silbrig. Selkor atmete tief ein und brüllte einen Schwall von Flüchen in den Himmel.
    Dann stand er nur da, mit gesenktem Kopf und lose herabhängenden Armen. Geschunden, blutend und schmutzig, wie er war, hätte man meinen können, Selkor wolle sich in den Wüstensand legen und sein Leben aushauchen. Doch der Magier war ganz und gar nicht bereit zu sterben. Wie ein Tiger, der im hohen Gras vorsichtig den Kopf hebt, um vor dem Sprung noch einen letzten Blick auf seine Beute zu werfen, so streckte sich auch Selkor. Aus seinen merkwürdig silbern schimmernden Augen blitzte wahrhaftig der Tod, doch es war der Tod, den er seinen Feinden zu bringen gedachte.

    Wie so häufig, wenn man vor einem scheinbar unlösbaren Rätsel steht, hatte Calvyns Geist über Nacht im Schlaf unterbewusst daran weitergearbeitet. Als er am nächsten Morgen erwachte, sah er die Lösung so klar vor sich, dass er meinte, vorher blind gewesen zu sein.
    Es war seltsam, denn Calvyn hatte zuvor nicht einmal das Problem gekannt, das er versucht hatte zu lösen. Die Frage war mit der Antwort gekommen. Um sicher durch den Nebel zu finden, brauchte es nur eine einfache Verknüpfungsformel aus zwei Formeln, die er beide in den letzten Tagen gelernt hatte: Die magische Formel für den Schutzschild, den Akhdar eingesetzt hatte, ließ sich in einer abgeschwächten Variante auf ein großes Gebiet anwenden, da sie nicht Schutz bieten, sondern nur eine Grenze ziehen sollte. Die Runenfolge zum Vertreiben von Wasser, die
Lomand ihm beigebracht hatte, hätte innerhalb dieser Grenzen die Feuchtigkeit aus der Luft ziehen können.
    Doch als die anderen aufstanden und die Pferde beluden, war Calvyns Idee bereits hinfällig geworden, denn der Nebel hatte sich inzwischen aufgelöst. Calvyn war etwas enttäuscht, dass er die Formel nicht ausprobieren konnte, notierte aber die Runen in sein Zauberbuch, um sie nicht zu vergessen.
    Die gesamte folgende Woche verlief ohne Zwischenfälle, außer dass Calvyn und Jenna eine wachsende Beklemmung spürten, gegen die sie nicht ankamen. Als sie Shandar verließen und den Norden Thrandors erreichten, überkam Calvyn das unangenehme Gefühl, dass etwas Schreckliches passiert war oder unmittelbar bevorstand. Jenna ging es nicht anders.
    »Es muss mit Bek und Jez zu tun haben. Oder mit Derra und den anderen«, glaubte Calvyn. »Es fing an, als wir die Grenze nach Thrandor überquert haben. Bestimmt ist ihnen etwas zugestoßen.«
    »Du hast nur ein schlechtes Gewissen, weil du Derra die Befreiung allein überlassen hast«, widersprach Jenna. »Die sind mittlerweile bestimmt alle wieder sicher auf Burg Keevan, du wirst schon sehen.« Sie strahlte Zuversicht aus, verspürte im Innern ihres Herzens jedoch dieselbe Furcht wie Calvyn. Es kam ihr vor, als würden sie von einem Schatten verfolgt, den allem Anschein nach keiner der Magier bemerkte.
    Calvyn war so beunruhigt, dass er Lomand darauf ansprach. Der Hüne lauschte ihm aufmerksam, schrieb Calvyns Bedenken aber seiner blühenden Fantasie zu. Wohl um Calvyn und Jenna abzulenken, verbrachten sie fortan fast jede Minute der Reise mit dem Studium der Magie. Hin und wieder ließ sich Meister Jabal zurückfallen und steuerte
eine Lektion bei. Der Großmagier war ein hervorragender Lehrer, der das Wissen mit Leben erfüllte, indem er

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