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Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin

Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin

Titel: Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Robson
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Augenblick veränderte sich Perdimonns Stimme, und obwohl Jenna noch immer kein Wort verstand, war der Befehlston unverkennbar. Könnte sie diesen Tonfall nachahmen, dachte Jenna, würde sie innerhalb einer Woche zur Korporalin aufsteigen.
    Der Stein unter dem kleinen Silberpfeil hörte plötzlich auf zu glühen und Perdimonn nahm den kleinen Pfeil an sich. Jenna fürchtete, das Silber müsse doch siedeheiß sein, da es noch Sekunden zuvor geschmolzen gewesen war. Doch der alte Mann wendete den Pfeil ungerührt in den Händen.
    Dann nahm er das Lederbändchen und fädelte es durch die Öse. Mit einem zufriedenen Nicken knotete er die Enden zusammen und reichte es Jenna.
    »Bitte«, sagte er lächelnd. »Der ideale Talisman für eine Jägerin.«
    »Sehr hübsch«, erwiderte Jenna. »Danke schön. Aber ich verstehe nicht recht, wie er mir helfen soll, den Gorvath zu finden.«
    »Hier, ich zeige es dir«, sagte Perdimonn und blitzte sie fröhlich mit seinen blauen Augen an.
    Er ließ den pfeilförmigen Anhänger am Lederband in der Luft baumeln und stupste ihn dann an. Jenna wurde plötzlich klar, dass sich zwischen dem Pfeil und der Öse ein winziges Drehgelenk befand. Der Pfeil drehte sich mehrmals um die eigene Achse und kam dann zum Halten.
    »Die Pfeilspitze zeigt immer in die Richtung, in der sich der Gorvath befindet. Je näher du an ihn herankommst, desto genauer zeigt sie an. Schlau, stimmt’s?«
    »Schlau und ganz schön nützlich. Danke, Perdimonn.«
    »Das war das Mindeste, was ich für dich tun konnte. Hüte dich allerdings, denn der Zauber, mit dem ich den Talisman belegt habe, war nicht so genau, wie es wünschenswert wäre.
Er wird dich zum Gorvath führen, aber was du auch tust, halte dich vom Turm des Hexenmeisters fern, sonst stöberst du womöglich mehr Dämonen auf, als dir lieb ist.«
    »Der Gorvath reicht mir vollkommen!«, rief Jenna entsetzt, »Ich habe nicht vor, alle Dämonen dieser Welt zu jagen.«
    »Mach dir keine Sorgen«, beruhigte sie Perdimonn. »Es ist unwahrscheinlich, dass es einen Dämon gibt, der den Talisman stärker anzieht als der Gorvath. In diesem Teil der Welt gibt es nur wenige Hexenmeister und meines Wissens war das die größte Beschwörung seit Jahren.«
    »Wo gehst du denn jetzt hin, Perdimonn?«
    »Nach Terilla. Ich muss den Rat der Magier vor Selkor warnen. Und dann … Na ja, mehr brauchst du eigentlich nicht zu wissen. Es könnte dir nur schaden.«
    »Terilla? Liegt das nicht auf der shandesischen Seite des Vortaff-Gebirges?«, fragte Jenna.
    »Ja, in Südwestshandar.«
    »Dann muss du es wohl noch eine Weile mit mir aushalten«, sagte Jenna mit einem Blick auf den silbernen Pfeil, der eindeutig nach Norden zeigte – tief ins Herz des Gebirges Richtung Shandar.

10
    Lord Shanier hatte seinen Spaß an dem Versteckspiel. Wochenlang hatten die überlebenden Lords des Inneren Auges ihn als einen der Ihren gehätschelt und getätschelt, doch Shanier wusste schon
lange, dass sie ihn hinters Licht führten. Der einzige gute Lügner in ihren Reihen war Lord Vallaine. Und Shanier war nur bereit, die Scharade mitzumachen, weil Vallaine auch in Bezug auf Shaniers Vergangenheit gelogen hatte.
    Mit Lord Vallaine legte man sich besser nicht an. So viel sagte ihm sein Gefühl.
    Erste Erinnerungen an seine Vergangenheit kamen ihm bereits ein oder zwei Tage, nachdem er in der gespenstischen Höhle erwacht war, unzusammenhängende Bilder zunächst, die nicht zu seinem gegenwärtigen Leben passen wollten. Dass dort unten etwas Schreckliches geschehen war, stand außer Frage. Er hatte Leichen mit furchtbaren Verletzungen gesehen, und irgendjemand oder irgendetwas hatte die massive Holztür eingeschlagen, um nach draußen zu gelangen. Vallaine aber tat so, als sei nichts geschehen. Er brachte Shanier in seine Gemächer, damit er sich ausruhen konnte. Er schien auch nicht zu befürchten, dass sich eine gefährliche Kreatur im Palast aufhalten könnte.
    Die ruhige, gefasste Stimme Vallaines war Balsam auf die Seele des verwirrten Shanier gewesen. Doch da ihm rasch klar wurde, dass der Schein meist trog, schwieg er und behielt seine Fragen für sich.
    Der Palast war nichts als Lug und Trug, dachte er und fuhr sich mit den Fingern durchs kurze blonde Haar. Ein Labyrinth aus Illusionen, geschaffen von jungen Zauberschülern, die mit Feuereifer ihre Kunst erlernten. Natürlich gab es Regeln: Bestimmte Bereiche des Palastes waren tabu und die Illusionen durften niemanden ernsthaft

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