Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin
Personen zurück. Fette Tauben, Hasen und einmal ein junger Dammhirsch waren der Lohn für seinen geschickten Umgang mit Bogen und Schlinge. Mit Gemüse und Kräutern aus dem kleinen Hausgarten verwandelte Kerys Geflügel und Wildbret in ein schmackhaftes Mahl. Hätte Jenna nicht darauf gebrannt, ihre Mission zu erfüllen, so wäre ihr Aufenthalt bei der Familie Arissalt dank der hervorragenden Verköstigung wie im Flug vergangen.
Als Jenna sich so weit erholt hatte, dass sie im Haus helfen konnte, verging das ungute Gefühl, der Familie zur Last zu fallen. Normalerweise hätte sich Jenna nun, da es ihr besser ging, auf den Weg gemacht und der Familie für ihre Hilfe und Gastfreundschaft etwas Geld dagelassen. Doch sie
war auf Gedd und seine Erfahrung mit Dämonen angewiesen und wollte ohne sein und Kerys’ Einverständnis nicht aufbrechen. So musste sie ihre Ungeduld weiter zügeln.
Fast zwei Wochen, nachdem sie das erste Mal im Häuschen der Arissalts aufgewacht war, fühlte sich Jenna stark genug, ihren großen Akarholzbogen wieder zur Hand zu nehmen. Beim Spannen der Sehne spürte Jenna jeden einzelnen ihrer verletzten Bauchmuskel. Schuld war allerdings nicht nur die Verletzung, sondern auch das mangelnde Training. Das wollte Jenna ändern. Kerys schüttelte zwar missbilligend den Kopf, als sie mit dem Bogen in die Küche kam, sagte aber nichts.
Alix dagegen jubelte begeistert und bekniete Jenna, ihr beim Training zusehen zu dürfen. Jenna versprach Kerys, dass sie nur auf unbewegte Ziele schießen und darauf achten würde, dass Alix nicht in die Schusslinie geriet. Widerwillig ließ Kerys ihre Tochter ziehen.
Jenna zeichnete mit Kreide einen Kreis auf einen Baumstamm und schoss aus geringer Entfernung darauf. Abgesehen von dem Stechen, das sie beim Abschießen der Pfeile verspürte, bestand das Hauptproblem darin, die Pfeile hinterher wieder aus dem Holz zu ziehen. Nachdem sie einen Pfeil dabei zerbrochen hatte, beschloss Jenna, sich ein anderes Ziel zu suchen.
Alix hatte die rettende Idee, auf ein altes Stofftier zu schließen, das sie an einen mit Stroh gefüllten Sack band. Diese Methode bewährte sich und in den folgenden Tagen wurde das arme Tier mit Pfeilen durchbohrt.
Jenna nahm auch das Schwerttraining wieder auf und kräftigte mit den entsprechenden Schritten und Bewegungen die geschwächten Muskeln. Im Verlauf einer Woche verbesserte sich ihre körperliche Verfassung zusehends. Der Verband wurde leichter, bis Kerys schließlich erlaubte, ihn
ganz wegzulassen. Die Narbe auf Jennas Bauch war immer noch dunkelrot, doch die Schwellung war abgeklungen und das Gewebe fest, egal wie sehr Jenna den Körper verdrehte. Nur magische Heilkräfte würden die Male der Dämonenklauen ganz verschwinden lassen. Jenna wollte sich wenigstens dafür rächen.
Beim Abendessen erzählte Alix begeistert, wie gut Jenna geschossen und wie flink sie mit dem Schwert gekämpft hatte.
»Der Dämon ist schon so gut wie tot«, sprudelt es aus dem Mädchen heraus.
»Genug, Alix!«, brachte ihr Vater sie in scharfem Ton zum Schweigen. »Einen Dämon zu töten, ist kein Kinderspiel. Und ein Gorvath ist besonders gefährlich, denn er ist ein arglistiger Meister der Täuschung. Jäger, denen ihr Leben lieb ist, feiern ihren Erfolg erst, wenn die Beute sicher tot ist. So würde es sogar ein Dem-takat halten. Nur mit einer Waffe aus Dämonstod und dem Segen der Götter ist der Gorvath zu besiegen. Natürlich kann Jenna gut mit dem Bogen umgehen. Das Schwert allerdings ist in diesem Kampf kaum mehr wert als ein dürrer Ast. Im Moment stärkt sie damit ihre Muskeln und das ist richtig. Aber bitte sieh das Ganze nicht zu rosig, Alix. Ich schlage vor, dass du heute Abend für Jenna und mich betest, denn morgen brechen wir auf. Immerhin wollen wir die gefährlichste Kreatur zur Strecke zu bringen, die es seit dem Krieg der Götter in dieser Gegend gegeben hat.«
Alix brach in Tränen aus, stürzte aus dem Zimmer und knallte die Tür hinter sich zu, sodass die ganze Küche erbebte.
»Musste das sein, Gedd? Alix wird sicher Albträume haben heute Nacht. Ich hätte ihr gewünscht, dass sie diesen Abend in guter Erinnerung behält«, sagte Kerys traurig. Die
Möglichkeit, dass es ihr letzter gemeinsamer Abend war, schwang in ihrer Stimme mit.
»Das Mädchen muss doch mal erwachsen werden, Kerys. Ich hoffe und bete, dass wir bald wieder da sind. Aber es ist auch nicht ausgeschlossen, dass es anders kommt. Dann muss sie sich der harten
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