Das verrueckte Schwein pfeift in der Pfanne
aufrichtig leid!"
Mit aufrechtem Rücken blickt Frau Grube mir fest in die Augen.
Auch ich beginne nun die eisige Stimmung zu verstehen und lächle gönnerhaft.
"Kein Problem, das kann ja mal vorkommen. So lange kennen wir uns noch nicht, als dass sie mich richtig einschätzen könnten", sage ich mit dem Hauch eines Vorwurfs, den sie auch verdient hat.
"Da bin ich aber erleichtert", atmet Frau Grube auf und macht sich an die Arbeit.
Mir fällt das Abschalten erheblich schwerer, zu viele Blitze schießen durch mein Hirn. Als ich Frau Grubes kritischen Blick bemerke, beginne ich eilig zu tippen "hreuihkrlhgirhgnliut ".
Ich wage einen kurzen Blick. Sie schaut noch immer, also haue ich weiter auf die Tastatur: "nfujhgijohgiughtuilkep" .
Eigentlich eine skurrile Situation. Während aus ihrem Gesicht das pure Schuldbewusstsein spricht, versuche ich alles, um mir nichts anmerken zu lassen und möglichst bedröppelt auszusehen. Schließlich stehe ich auf, ich muss hier raus und nachdenken. Und das geht leider nicht wenn mein Gegenüber schaut wie ein Schaf.
"Ich mache kurz Mittag", sage ich und verlasse, nicht ohne einen letzten verletzten Augenaufschlag das Zimmer.
Erschöpft schaut Paul auf seine Uhr. Inzwischen sind mehrere Stunden vergangen, in denen er ohne Unterbrechung gearbeitet hat. Ohne zu ahnen, damit einen großen Fehler zu begehen, hat Paul die ersten Seiten des silbernen Buches mit zahlreichen Notizen gefüllt. Allmählich bekommt er einen Überblick über das ungewöhnliche Projekt. Das Pferd von hinten aufzuzäumen und die letzten Schriftstücke zuerst zu lesen, stellte sich als ideale Vorgehensweise heraus. Außergewöhnliche Jobs erfordern eben außergewöhnliche Maßnahmen und dass dies die unglaublichste Aufgabe seines Lebens werden würde, weiß Paul schon jetzt. Obwohl er anfangs mit den fremdartigen Wünschen und Plänen überfordert war, beginnt er inzwischen die persönlichen Beweggründe zu verstehen. Zwar stößt das vorgegebene Konzept nach wie vor auf sein Unverständnis, doch das spielt keine Rolle. Hier geht es darum einen Auftrag zu erfüllen und nicht darum einer Meinung zu sein.
Stöhnend richtet Paul sich auf und dehnt vorsichtig den gekrümmten Rücken. Er sollte ernsthaft an einer gesünderen Körperhaltung arbeiten. Vielleicht einen Kurs besuchen, oder so. Kaum denkt Paul diese Idee zu Ende, muss er über sich selbst den Kopf schütteln. Als ob das jetzt noch wichtig wäre!
Erinnerungen an Kim fahren ihm schmerzhaft in den Magen und lassen ihn zusammenzucken. Die Arbeit hatte ihn die vergangenen Erlebnisse für kurze Zeit vergessen lassen. Bis jetzt. Paul ist nicht dumm, er hatte gewusst dass der Kummer wiederkommen würde, dass er nicht einfach spurlos verschwunden war. Aber dennoch, ein winziger Teil von ihm hatte auf dieses Wunder gehofft.
Nun, dieser Teil ist hiermit vom Gegenteil überzeugt worden. Eine Welle der Übelkeit übermannt Paul und eine seltsame Unruhe erfasst ihn. Bilder von Kim und der gemeinsamen Vergangenheit kämpfen sich hartnäckig zurück, um ein weiteres Mal ihre Runden in Pauls Kopf zu ziehen. Zusätzlich ermüdet ihn der verworrene Zustand seiner Seele zunehmend. Schon seit Paul denken kann, hegt er eine innige Liebe zu Strukturen. Bereits als kleines Kind brachte er sämtliche seiner Pläne farbenfroh zu Papier. So kam es vor, dass seine Mama kein gewöhnliches Bild zum Geburtstag bekam, sondern vielmehr eine zeichnerische Abfolge von Dingen, die Paul für sie erledigen wollte: Ein Dreikäsehoch mit bunten Tellern in der Hand, ein weiteres Kind an einem gedeckten Frühstückstisch oder ein Knirps auf einem Gerät, das entfernt an ihren Staubsauger erinnerte. Das Kunstwerk wurde anschließend der Reihe nach vom kleinen Paul abgearbeitet, so dass seine Eltern oftmals amüsiert die Köpfe schüttelten. Auch später bestimmte dieser Wesenszug Pauls Handeln, es war immerfort eine Struktur oder ein Muster in seinen Handlungen zu erkennen. Und letzten Endes ist es dieselbe Verbindung aus Organisation und Kreativität, der Paul seinen Beruf und den Erfolg darin verdankt.
Doch jetzt? Die Geschehnisse der letzten Tage wirbeln die, für Paul so wichtige, Ordnung wild durcheinander und lassen ihn in einem Strudel aus Gedankenleere zurück. Trotz der Dankbarkeit, die er hierfür empfindet, hat Paul schwer mit diesem Umstand zu kämpfen. Sein Naturell lässt ihn unbewusst nach dem berühmten Roten Faden suchen und er ist für einen Moment versucht, die Fakten zu Papier zu
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