Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das verschollene Reich

Titel: Das verschollene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
Vom Netzwerk:
ihnen feindlich gesinnt waren. Ohne Bruder Cuthbert hatten sie nicht die geringste Chance zu überleben, geschweige denn, nach Hause zurückzukehren.
    »Wartet!«, rief Rowan laut und kroch bäuchlings aus dem Versteck. Jetzt endlich kam der Fremde ganz in sein Blickfeld.
    Der Mann trug einen weiten Mantel, dessen Kapuze er zurückgeschlagen hatte. Seinem Gesicht und Aussehen nach war er tatsächlich Franke, zumindest aber kein Orientale. Als er Rowan bemerkte, fuhr seine Rechte an den Griff des Schwertes an seinem Gürtel. »Wer …?«
    »Rowan of Lauder, Herr«, stellte er sich vor, während er sich ungelenk auf die Beine raffte, »und ich bin froh, Euch zu sehen.«
    Der andere hatte sein Schwert bereits gezogen. »Ihr sprecht unsere Sprache«, stieß er hervor. »Was habt Ihr hier zu suchen?«
    »Wir wurden überfallen«, erklärte Rowan, so rasch und knapp er es vermochte. »Unser Lager befindet sich dort hinter dem Hügel.«
    Der Fremde musterte ihn von Kopf bis Fuß, dann legte er fragend den Kopf schief. »Welches Lager?« Sie waren zu viert: Händler aus Antiochia, die mit ihrer Karawane auf dem Weg nach Mossul gewesen waren. Allerdings war ihnen weniger Glück beschieden gewesen als dem Zug, mit dem Rowan und seine Gefährten gereist waren. Die Karawane war von Räubern überfallen und aufgerieben worden. Auf der Suche nach einer Siedlung hatten sich die vier Männer nach Süden gewandt in der Hoffnung, auf eine der Handelsstraßen zu treffen. In der Weite der Steppe hatten sie sich jedoch verirrt, und so waren sie immer weiter nach Osten geraten.
    Rowan konnte darin nichts anderes sehen als eine glückliche Fügung. Für ihn hatte festgestanden, dass die nächtlichen Räuber zurückgekehrt waren. Dass es friedliche Kaufleute waren, noch dazu aus der Heimat, ließ ihn hoffen, dass der Allmächtige sie nicht ganz vergessen hatte.
    Von Bruder Cuthbert jedoch fehlte jede Spur. Wer immer die vermummten Räuber gewesen waren, die sie in der Nacht überfallen hatten, sie hatten den alten Mönch mitgenommen – und mit ihm auch die Kamele und alle Vorräte. Nur die Zelte hatten sie zurückgelassen, sie jedoch in Brand gesteckt, sodass vom Lager tatsächlich nichts als Asche und verbrannte Erde geblieben war.
    Mittellos, wie sie waren, konnten sie von Glück sagen, dass die Händler sie gefunden hatten. Cassandra jedoch schien die vier Männer nicht zu mögen und machte auch kein Hehl daraus. Seit sie aus ihrem Unterschlupf gekrochen war, hatte sie kaum etwas gesagt und sich damit begnügt, die Kaufleute misstrauisch zu beäugen, besonders deren Anführer, der sich Blacwin nannte und derjenige war, den sie vor ihrem Versteck angetroffen hatten.
    Inzwischen war es Tag geworden. Die Sonne stand hoch am Himmel, vermochte jedoch weder die Schrecken der vergangenen Nacht noch die Kälte aus Rowans schmerzenden Knochen zu vertreiben.
    »Und?«, wandte sich Blacwin an seine Gefährten, die die Gegend rings um das Lager erkundet hatten und soeben zurückkehrten. Anders als ihr Anführer gaben sie sich finster und grimmig und hatten sich noch nicht einmal vorgestellt.
    »Nichts«, entgegnete einer von ihnen. »Es sind keine Spuren zu entdecken. Weder oben am Hügel noch ringsherum. Der Regen muss alles fortgewischt haben.«
    »Verdammt!« Rowan ballte frustriert die Fäuste. »Also keine Spur von Bruder Cuthbert, kein Hinweis auf seinen Verbleib.«
    »Es tut mir leid um Euren Kameraden, Freund«, versicherte Blacwin. »Aber nach allem, was ich über die Muselmanen weiß, würde ich sagen, dass Ihr mit dem Ärgsten rechnen müsst.«
    »Ich weiß.« Rowan biss sich auf die Lippen.
    »Ihr standet ihm wohl sehr nah?«
    »Er war mein Meister«, erklärte Rowan in seiner Verzweiflung. Cassandra, die neben ihm auf dem Felsblock hockte, sandte ihm einen warnenden Blick zu, den er jedoch ignorierte.
    »Euer Meister? Dann seid Ihr ebenfalls Mönch?«
    »Ein Laienbruder«, erklärte Rowan schlicht. »Ich bin nur ein Diener, und ein schlechter noch dazu, sonst wären die Dinge anders gekommen.«
    »Darf ich fragen, was Ihr in dieser Gegend zu suchen hattet, so weit entfernt von jedem Kloster?« Blacwin, der mit verschränkten Armen vor ihm stand, schaute ihn fragend an. »Verzeiht meine Neugier, junger Freund, aber zwei Mönche und eine Lady scheinen mir eine reichlich ungewöhnliche Reisegesellschaft zu sein.«
    »Das geht Euch nichts an!«, zischte Cassandra, noch ehe Rowan antworten konnte. Unsichtbare Blitze schienen aus ihren

Weitere Kostenlose Bücher