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Das verschwundene Kind

Das verschwundene Kind

Titel: Das verschwundene Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Bezler
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vielleicht auch anderen schon als Versteck gedient hatte.
    In der Küche entdeckte er jetzt auf der Spüle ein Glas, das dort umgekehrt zum Trocknen aufgestellt war. Er steckte es in einen kleinen Plastikbeutel und nahm es mit. Beim Gehen fiel ihm auf, dass die Stiefel aus dem Flur verschwunden waren, ebenso das Schlüsselbund mit dem Halbmondanhänger. Zu seinem Entsetzen musste er ebenfalls feststellen, dass auch die Schlüssel, die er benutzt hatte, nicht mehr zu finden waren. Wo, um alles in der Welt, hatte er sie liegen lassen? Er klopfte seine Taschen ab. Nichts! Konzentriert versuchte er, jede Bewegung zu rekonstruieren. Hatte er gar aus Gewohnheit die Schlüssel nach dem Betreten dieser Wohnung an den Haken gehängt? Da befand sich jetzt nur noch das Bund mit dem Einzelschlüssel der Schließanlage und dem Briefkastenschlüssel. Vermutlich hatte Sümeyye die übrigen Schlüssel eingesteckt. Da er vermutete, dass dort am Haken noch ein Zweitschlüssel für diese Wohnung hing, nahm er ihn an sich, um sich den Zutritt weiterhin zu sichern. Er hatte bereits die Tür zugezogen, als ihm einfiel, dass er den Plastikbeutel mit dem Glas im Flur stehen lassen hatte. Ärgerlich steckte er den Schlüssel ins Türschloss. Doch die Tür öffnete sich nicht. Was war das für ein Schlüssel, und wie kam er dort an den Haken? Eigentlich hätte die Spurensicherung das längst überprüfen müssen. Hatte sie vermutlich auch getan. Aber hängte die Spusi die Schlüssel dann wieder ordentlich ans Brett? Ihm hatte man den Wohnungsschlüssel in einem Plastikbeutel verpackt ausgehändigt, und er hatte mit seiner Unterschrift den Erhalt bestätigt.
    Er betrachtete nachdenklich den Schlüssel in seiner Hand. Es war ein Schlüssel der gleichen Schließanlage, jedoch nicht der Schlüssel zu dieser Wohnung, sondern wahrscheinlich zu einer anderen Wohnung in diesem Haus. Das war ein Detail, von dem möglicherweise weder die Spurensicherung noch seine Kollegen etwas wussten. Da er in inoffizieller Mission handelte, würde ihm nichts anderes übrigbleiben, als demnächst durch Ausprobieren an sämtlichen Wohnungstüren dieses Komplexes herauszufinden, in welches Schloss dieser Schlüssel passte. Jetzt hatte er leider keine Zeit mehr dazu, er konnte nicht zu lange ohne plausiblen Grund auf Außendienst sein. Als er im Parterre an den Briefkästen vorbeilief, fiel ihm ein, dass er den Besitzer des Schlüssels auf viel einfachere und unauffälligere Art ermitteln konnte. Seine Blicke glitten über die Reihe der Kästen. Er wollte mit denen beginnen, die reich befüllt und daher seit einigen Tagen nicht geleert worden waren. Bereits beim dritten Kasten hatte er Erfolg. Er notierte sich den Namen F. Sauer und nahm sich vor, die Daten zu recherchieren. Nach der Systematik der Briefkästen könnte es sich um die Wohnung handeln, die einen Stock höher, rechts neben der Wohnung Onurhan lag.

[home]
    Samstag, der 13. Oktober
    M aren war abrupt wach geworden und starrte mit schreckgeweiteten Augen in die Dunkelheit, die sie umgab. Seit ihrer Kindheit kannte sie die Angst vor nächtlichem Aufwachen in einem dunklen Zimmer. Automatisch setzten daher bei ihr die Mechanismen der Selbstberuhigung ein, die sie sich antrainiert hatte. Zuerst einmal musste sie sich orientieren. Sie blinzelte in die Richtung, aus der die Geräusche kamen: Motorengeräusche, quietschende Bremsen, das Schleifgeräusch einer anfahrenden Straßenbahn. Verkehrslärm, irgendwo in der Ferne ein Martinshorn, das leise Sirren eines einfliegenden Flugzeugs. Das waren die üblichen Geräusche einer Großstadtnacht. Durch die Schlitze des Rollladens drang das Sepialicht der Straßenlaternen.
    Maren, du bist zu Hause, in der Wittelsbacher Allee, sagte sie sich. Sie atmete tief durch, nun schon deutlich ruhiger. Beim Blick zur Decke sah sie die Ziffern des Projektionsweckers – 4 : 00  Uhr. Was hatte sie veranlasst, um diese Uhrzeit aufzuwachen? Es waren doch Ferien! Immerhin noch eine Woche, bis die Schule wieder losgeht. Und dann, am Samstag, kommt Julia zurück. Marens Herz begann, freudig zu klopfen. In diesem Moment spürte sie einen kalten Luftzug von der Tür her. Frische Nachtluft! Hatte sie am Abend ein Fenster geöffnet? Nein, nur im Bad war das Fenster gekippt. Aber sie hatte die Badezimmertür geschlossen. Dessen war sie sich sicher. Doch von dort kam der Luftzug. Die Badezimmertür öffnete sich nicht von allein. Das hatte es noch nie gegeben.
    Maren erstarrte. Im Flur

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