Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition)

Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition)

Titel: Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
Vom Netzwerk:
und wieder zurückeilte.
    Als Nächstes war die Bundespolizei eingetroffen. Drei Autos schoben sich von hinten dicht an den roten Sportwagen heran, acht oder zehn Polizisten waren im Haus oder draußen davor. Keine Ahnung, wie die es so schnell hierhergeschafft hatten.
    Der Sheriff hatte offenbar ganz vergessen, dass ich dastand, ich, Emma Graham, und mir die Leiche von Ralph Diggs anschaute, der da in einer Blutlache lag, Blut, das in die Fugen der alten Dielen gesickert war.
    Er blickte über die Schulter. »Emma?«
    Ich schüttelte bloß den Kopf.
    Dr. McComb, der zehn Minuten nach dem Sheriff eingetroffen war, rappelte sich mühsam auf. »Das wär’s vorerst. Nach der Autopsie wissen wir mehr. Vermutlich aber nicht viel mehr. Ein Riesenknall. Aber nicht mit der .22er da, so viel ist sicher.« Er deutete zu einem der Polizisten hinüber, der neben der Leiche auf dem Boden kniete und einen kleinen Revolver zum Vorschein brachte, der Butternut und mir entgangen war.
    Ich ging zur Haustür hinaus und setzte mich draußen auf eine Bank neben Mr Butternut, der stumm vor sich hinstierte. Ich sah, wie Donny den Wagen inspizierte und sich auf einem kleinen Spiralblock Notizen machte.
    Der Sheriff kam heraus und schaute erst zu Donny hinüber und dann zu uns. »Was war da mit Ralph Diggs?«
    Mr Butternut hob den Blick. »Haben wir Ihnen doch schon längst gesagt.«
    Sein giftiger Ton gefiel mir. Ich hatte Mr Butternut wohl falsch eingeschätzt. Der hatte bedeutend mehr Mumm in den Knochen als manch anderer.
    »Ja. Tut mir leid. Ich wollte eigentlich fragen: Was glauben Sie?« Er schaute mich an. »Ralph Diggs arbeitete im Hotel. Was weißt du über ihn?«
    Die Tour passte mir nicht. »Er nannte sich Rafe. Ich glaube, das ist eine Abkürzung für Raphael.«
    »Ich weiß. Das hast du mir schon gesagt.«
    »Sie haben es aber anscheinend nicht gehört. Raphael . Oder abgekürzt ›Fey‹.« Ich schaute dem Sheriff in die gletscherblauen Augen. »Das entführte Baby. Es war ein Junge, kein Mädchen.«
    Der Sheriff stand auf und sah aus, als wäre der Groschen bei ihm soeben gefallen. »Was soll das heißen? Woher weißt du das?«
    »Raphael. Nach Mr Woodruff, dem alten Mr Woodruff, dem Großvater.«
    »Hat er – Ralph oder Rafe – dir das gesagt?«
    »Natürlich nicht. Das hab ich mir zusammengereimt. Sie erinnern sich doch, Raphael war der Name des Großvaters von dem Baby. Also nannten sie ihn Fey. Und die Diggs müssen die Leute in Pennsylvania gewesen sein, zu denen ihn der Page gebracht hat. Die haben Raphael wahrscheinlich zu Ralph abgekürzt.« Ich machte ein grimmiges Gesicht, als ob der Sheriff daran schuld wäre. »Sie haben den Toten doch gesehen. Und wie ähnlich er Morris Slade sieht.« Ich war böse, diesmal aber nicht auf den Sheriff, sondern auf mich selber. So etwas in der Richtung hatte ich doch schon mal gesagt. Mir entging hier etwas ganz Offensichtliches, aber was?
    Der Sheriff schüttelte nachdenklich den Kopf. »Warum zum Teufel hat Slade sein Auto dagelassen? Wo ist er hin? Sind die beiden zusammen hergekommen?«
    Ich wusste, dass die Fragen eigentlich nicht uns galten, mir und Mr Butternut, antwortete aber trotzdem: »Nein. Sie können Gaby und Ron vom Silver Pear fragen.« Ich überlegte einen Augenblick. »Morris Slade könnte ja auch zu Fuß zum Highway zurückgelaufen sein, über die White’s Bridge.« Ich deutete mit dem Kopf in die Richtung.
    Der Sheriff schüttelte den Kopf. »Das ergibt keinen Sinn, dass er sein Auto zurücklässt, damit die Polizei es findet.«
    »Stimmt«, sagte Mr Butternut, der während dieser ganzen Befragung geschwiegen hatte und sich jetzt auf die Knie patschte und aufstand. »Ich geh dann nach Hause, wenn Sie mich nicht mehr brauchen.«
    Der Sheriff nickte. »Vielen Dank für Ihre Hilfe. Eine ziemlich schlimme Sache für Sie, Sir. Sie haben rasch gehandelt. Danke.«
    Mr Butternut nickte bloß kurz und ging von der kleinen Veranda zurück in Richtung Straße.
    In der Zwischenzeit war Dr. McComb herausgekommen und stand jetzt neben dem Sheriff. Seine schwarze Tasche hatte er zugeklappt. »Für mich ist hier nichts mehr zu tun, Sam. Ich habe drin mit dem Polizisten gesprochen. Keine Spur von der Flinte. Hat der Schütze wohl mitgenommen.«
    Der Sheriff nickte. »Könnten Sie vielleicht Emma mitnehmen, ja?«
    Ich protestierte nicht. Mein altes Ich, ja, das hätte sich irgendeinen guten Grund ausgedacht, weshalb ich dableiben sollte. Aber mein neues Ich blieb auf Distanz

Weitere Kostenlose Bücher