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Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition)

Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition)

Titel: Das verschwundene Mädchen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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nahm ich eine kleine Peperoni-Schote, die ich in winzige Stückchen hackte. Ich probierte eins auf der Zunge. Autsch! Schnell, die Feuerwehr! Ich gab ein paar Stückchen auf den Salat Nummer sechs und fügte einige gehackte grüne Olivenstückchen hinzu. Der Salat sah genauso aus wie die anderen. Dann kam French Dressing drauf, und die Salate waren servierbereit.
    Da kam Vera. Oder vielmehr, da kam Vera angeflitzt. Sie würde sich um die vier Essensgäste kümmern.
    Als ich Miss Bertha und Mrs Fulbright bedient hatte und gerade dabei war, Auroras vorabendlichen Dinnerdrink zu fabrizieren, fing das Geschrei an.
    Meine Mutter warf mir einen bedeutungsschweren Blick zu. »Ist das Miss Bertha?«
    Ein hohes Glas mit Southern Comfort, Brandy und diversen Säften in der Hand, schaute ich kurz über die Schulter. »Ich mache grade Großtante Auroras Drink.« Ich war angewiesen worden, sie »Großtante« zu nennen, was ich bloß tat, wenn meine Mutter in der Nähe war.
    Walter hatte ich instruiert, ein Glas Eiswasser bereitzuhalten. Er stellte es auf ein kleines Tablett.
    Noch mehr Geschrei.
    »Emma!«
    »Fertig!«, rief ich und stellte den Drink auf mein kleines Tablett, ohne mir die Mühe zu machen, noch ein Papierschirmchen hinzuzufügen.
    Miss Bertha hielt sich die Kehle, als Walter und ich mit unseren tödlichen Gegengiften in den Speisesaal segelten.
    Aurora fand ihr Gegengift köstlich. Sie nippte und schlürfte und schmatzte mit den Lippen. Eine anspruchsvolle Trinkerin war sie nicht. Ich war beim Abmessen nicht allzu vorsichtig gewesen, aber solange der Brandy den Saft austrickste, war mein Drink auf der sicheren Seite.
    »Gut!« Sie nippte noch ein bisschen. »Und wo ist das Ananasschnitzchen?«
    »In einem Cold Comfort gibt’s keine Ananas. Du meinst einen Pine Bomb.« (Das war ein neuartiges Gebräu aus Ananas und Bombay Sapphire Gin.)
    »Ah ja. Ich sag dir, Mädchen, das solltest du zum Beruf machen, such dir doch einen Job im Double Down drüben.«
    »Ich bin zwölf.« War Aurora überhaupt schon mal in diesem Club gewesen? Ich glaubte nicht, dass Perry Vines schon so lange im Geschäft war.
    Ich lehnte an der Wand, wie üblich mein Tablett unterm Arm. »Reden wir noch mal von dem Slade-Baby, und sag jetzt nicht: ›Welches Baby?‹« Sie hatte diesen gekünstelten, fragenden Gesichtsausdruck aufgesetzt.
    »Ich sag ja gar nichts, Miss, außer dass dieser Drink einer deiner besten ist.« Ein breites Lächeln, das Aurora für einnehmend hielt, stellte ihre Zähne zur Schau.
    »Folgendes habe ich heute von Miss Isabel Barnett erfahren. Du erinnerst dich, wie ich dir sagte, sie hätte die kleine Fay an dem Nachmittag, bevor sie entführt wurde, in der Stadt gesehen? Hm, wie sich rausstellt, weiß sie nicht mehr, ob es überhaupt das Slade-Baby war. Sie hat die Babys durcheinandergebracht.«
    Aurora fummelte an ihrem Spitzenmanschettchen herum. »Hab dir doch gesagt, sie lügt!«
    »Nein, das tut sie nicht. Ich glaube, sie hat sich einfach geirrt. Sie war auch die Einzige, die ich gefragt habe, die behauptet, sie hätte an dem Wochenende das Baby gesehen.«
    »Ich weiß, was du denkst: Das Baby war überhaupt nicht dort. Hab ich dir aber auch gesagt.«
    Nein, das hatte ich ihr gesagt.
    Ihre Bemerkung wurde vom Klappern ihrer Fingernägel gegen das Glas begleitet. Eine Aufforderung an mich, es neu zu füllen.
    »Du schaffst dein Abendessen nicht, wenn du noch einen Cold Comfort trinkst.«
    »Ach, sei keine Spielverderberin! ›Du schaffst dein Abendessen nicht …‹«
    Es war zum Verrücktwerden. Sie klang genau wie ich.
    »Für wen hältst du dich eigentlich, Mädchen?«
    »Für die Barkeeperin. Bleib jetzt an dem Fall Slade dran. Wenn die Slades bloß so taten, als ob das Baby hier wäre, dann stellt sich doch die Frage, warum?«
    »Vielleicht wollten sie kundtun, dass das Baby zu diesem bestimmten Zeitpunkt am Leben war. Sagen wir beispielsweise, es gibt ein Testament, und jemand hinterlässt ein Vermögen, das bloß dann an andere Verwandte geht, wenn das Baby vor ihm stirbt. Sagen wir mal, das Baby war am Donnerstagabend gestorben und der alte Mann Freitagnacht. Dann wäre es doch denkbar, dass die Eltern des Babys vorgeben, es sei entführt worden und gar nicht tot – nur um das Erbe einzuheimsen.«
    »Ich glaub nicht, dass das so war.«
    Aurora stellte ihr Glas lange genug ab, um die Arme in die Luft zu werfen. »Das weiß ich auch, dass es nicht so war, du Dummchen. Das war ein Beispiel.« Sie nahm ihr Glas

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