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Das Versprechen der Kurtisane

Das Versprechen der Kurtisane

Titel: Das Versprechen der Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Grant
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er sie alle unbeschadet überstanden, und das würde er auch diesmal.
    »Das ist vermutlich keine Seltenheit. Fehlende Zuversicht.« Am Klang von Fullers Stimme erkannte Will, dass dieser den Kopf erhoben hatte und nun den Horizont ansprach. »Aber ich könnte mir trotzdem vorstellen, dass eine Frau die Rettung wäre. Eine warmherzige, verständnisvolle Frau. Eine hoffnungsvolle Frau, die einen aufmuntern kann, wenn es einem an Zuversicht mangelt, und die einen daran erinnert, was gut ist an einem selbst und an der Welt. Es gibt nichts Besseres, um einen Mann ans Leben zu binden. Außer Kindern vielleicht, und die würden mit etwas Glück folgen.«
    Trauer wallte in Wills Kehle auf und ab und hinterließ einen metallenen Nachgeschmack. Schlimm genug, dass er selbst für eine solche Frau und für Kinder nicht mehr geeignet war – für Fuller bestand wenig Hoffnung, dieses Glück jemals zu erfahren, und in seiner Beschreibung hatte nicht eben wenig Sehnsucht mitgeschwungen. Welch ein grausamer Ort die Welt doch war, alles in allem.
    »Da hast du zweifellos recht.« Er wandte sich wieder dem Deck zu. »Ich fürchte nur, ich habe nicht wirklich die Geduld für die Anlässe, bei denen man solchen Frauen begegnet. Menschenansammlungen. Musikalische Soireen. Kartenabende mit höflichen, winzigen Einsätzen.«
    »Soireen?« Fuller legte den Kopf schief wie ein Hund, der eine unerwartete Witterung aufgenommen hatte und sie aus dem allgemeinen Geruch herauszufiltern versuchte.
    »Ein sinnloser Zeitvertreib der Hochwohlgeborenen.« Will rieb den Fleck auf seinem Handschuh zwischen Daumen und Zeigefinger. »Irgendeine Dame, die nicht im Traum daran denken würde, öffentlich aufzutreten, singt etwas vor oder spielt Klavier, und alle Anwesenden geben vor, sich dabei prächtig zu amüsieren, ob es stimmt oder nicht.«
    »Kurios. Aber ich muss gestehen, dass ich an so was in der Richtung gedacht habe, als ich dir die Beteiligung angeboten habe.« Er machte eine vage Handbewegung. »Du bist ein Gentleman. Du kennst dich mit Soireen aus und so. Ich habe fest vor, dich den Amerikanern zu präsentieren, wenn sie kommen. Mit dir wird mein Geschäft viel imposanter und vornehmer wirken, als wenn ich allein dastehe.«
    Will nickte lachend, obwohl ihn ein ungutes Gefühl beschlich.
Und ich muss gestehen, dass ich alles andere als sicher bin, dass ich das Geld bis Ende April auftreiben kann. Ich kann dir nicht guten Gewissens empfehlen, mich in deine Pläne einzubeziehen.
    Nein. Er würde das Geld auftreiben. Irgendwie. Der März war noch nicht einmal halb vorbei. Offenbar besaß er doch mehr Zuversicht, als er angenommen hatte, denn er war noch nicht bereit, aufzugeben.
    »Musikalische Soireen«, murmelte er stattdessen. »Dann sollte ich mich wohl besser darüber schlaumachen. Ich glaube, ich bin gerade diese Woche zu einer eingeladen.«
    Selbstmitleid war etwas für Schwächlinge. Nicht für sie. Zwar hatte sie früher auch gelegentlich vor einem Publikum wohlgesinnter Nachbarn singen dürfen, doch es konnte nicht schaden, sich in Erinnerung zu rufen, dass man sie immer erst als Dritte oder Vierte aufgefordert hatte, nachdem die talentierteren jungen Damen an der Reihe gewesen waren.
    Lydia streifte den zweiten Handschuh ab und ließ ihn sich in den Schoß fallen. Mr Moss hatte definitiv zu viel Geld. Sie hatte durch drei geöffnete Türen gespäht und in jedem Raum mindestens ein halbes Dutzend brennender Kerzen und ein Kaminfeuer entdeckt.
    Und in diesem Raum endlich den Kartentisch.
    Sie teilte den Stoß und mischte, und die Karten rauschten lieblich wie Applaus. Das war genug der Anerkennung für sie. Sie spürte, ohne hinzusehen, wo acht Karten ungestört beieinanderblieben und keine Karte aus ihrer anderen Hand dazwischenfuhr. Das sollte ihr erst einmal eine dieser Nachtigallen drüben im Salon nachmachen.
    Acht Karten, neun Karten, zehn, elf waren ungetrennt durch den Mischvorgang gekommen, als sie aus dem Augenwinkel eine schwarz gekleidete Gestalt in den Türrahmen treten sah. Ein Muskel in ihrem Nacken zuckte. Mr Blackshear. Sie wusste es, ohne sich umzudrehen. Sie hatte ihn im Salon in der letzten Reihe entdeckt, als sie sich in der Pause hinausgestohlen hatte, und offenbar hatte sie genauer auf seine Garderobe geachtet, als ihr bewusst gewesen war.
    Auch auf seine Weste. Es war die kupferfarbene, die er auch in der Tottenham Court Road getragen hatte, als er mit seiner Schwester aus Camden Town gekommen war. Selbst aus dem

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