Das Versprechen des Architekten
mit einer Abrechnung mit dem Mörder seiner Schwester zufriedengab, dass er sich nicht einfach mit Leutnant Láska begnügte und nach weiteren „Mietern“ zu jagen begann.
Aber zuerst hat er ja gar nicht gejagt. Das war von Modráčeks Seite gar nicht geplant gewesen. Doktor Pešek ist ihm von selber reingekrochen. Dem war nicht zu helfen. Und dem Privatdetektiv bestenfalls, will sagen ebenfalls nicht. Und Modráčeks „unsichtbare Frau“? Das sagt einem der gesunde Menschenverstand, dass es sich nicht verhindern ließ, dass sie sich dabei was gedacht hat. Und Modráček kam zu dem Schluss, dass er, ließe er sie weiter frei herumlaufen, schon zu viel riskieren würde.
Also hat er sie mit Chloroform gefüttert und unterm Arm in den Keller getragen? Dann aber schon zu jagen begonnen?
Ja, wenn du es so nennen willst. Hrach hat er sich im Café Bellevue geholt. Das war quasi das zweite Wohnzimmer der Brünner Schriftsteller und Dichter, die nicht publizieren durften, und sofern sie nicht gleich im Arbeitslager gelandet sind, waren sie wie Hrach irgendwo in der Fabrik oder arbeiteten sonstwie manuell. Modráček tauchte dort sozusagen total zufällig auf: Da bin ich aber froh, dass ich dich wiedersehe, grad’ ist mir eingefallen, ich hab’ was für dich, was dich als Schriftsteller interessieren wird, aber sei mir nicht böse, wollen wir uns nicht kurz wo zusammensetzen? Ohne zu ahnen, wer sich in ihrer Nähe aufhielt, machte Modráček das richtige Manöver, sodass der ein wenig schwerfälligere Spitzel, der noch dazu gerade an diesem Tag abgeschürfte Knie hatte vom Abziehen des Parkettfußbodens bei sich zu Hause, es nicht schaffte, schnell zu reagieren und sich in ihre Nähe zu verlagern, sonst hätte Modráček auch ihn in seiner Untermiete aufnehmen müssen. Und dann ging ihm Hrach schon auf die gleiche Art auf den Leim wie Leutnant Láska. Nur etwas modifiziert: Ich hab’ einen Eingang in den Untergrund entdeckt, am Ende des Krieges haben sich dort Deutsche versteckt, sie haben dort allerlei seltsamen Kram zurückgelassen, das wird dich als Schriftsteller interessieren.
Fein, das ist es also, womit er ihn drangekriegt hat, aber jetzt noch: warum auch Hrach?
Ganz einfach. Modráček war zum Paranoiker geworden. Praktisch über Nacht. Wenn du dich auf so was wie das Einsperren von Menschen in einem Keller einlässt, hat dich alsgleich die Paranoia gefangen. Der Schriftstellerwar für ihn dadurch gefährlich, dass Modráček unsicher war, was er ihm gesagt oder nicht gesagt hatte, als sie damals zusammen im Stopek tafelten. Was, wenn er sich was zusammengereimt hätte und es nicht für sich behalten würde? Und so fing Hrach ihm im Kopf herumzuspuken an. Und vermutlich auch dieser Verkäufer in dem Laden für Brett- und andere Spiele.
Also den Verkäufer auch?
Auch, auch, Schweinebauch. Bei dem Gespräch mit ihm war doch der Name Vladimir Nabokov gefallen. Und das war eine gefährliche Sache. Und daher, schwups!, ab in den Sack mit dem Verkäufer. Aber auch für ihn musste er sich was ausdenken, wie er ihn dort hineinlocken sollte.
Gut, das kann ich meinetwegen verstehen. Aber was ist mit den anderen, die keinen Tau von etwas hatten?
Als er dort langsam schon ein paar Leute beisammen hatte, brauchte er dringend auch einen Arzt. Zumal seine „unsichtbare Frau“ in anderen Umständen war.
Du hast doch gesagt, Modráček hatte schon jahrelang nicht mehr mit ihr gevögelt. Also hatte sie einen Geliebten? Wie, nicht? Also erst dort unten? Aber das liegt ja auf der Hand! Dan Kočí, dieser Playboy!
Ganz kalt. Leutnant Láska, meine Liebe.
Aber pfui. Von dem wissen wir doch, dass er wahnsinnig war. Oder zumindest ziemlich plemplem.
Wissen tun wir nichts, wir denken uns nur was. Modráčeks Frau kann das dem Herrn Architekten auch zu Fleiß gemacht haben. Oder es haben sie gerade Wahnsinnige interessiert. Oder sie war auch verrückt geworden.
Gut, akzeptiert. Sie ist verrückt geworden und hat Leutnant Láska gefickt. Im goldenen Käfig und vor den Augen aller?
Na, es war ein wenig anders. Aber das lassen wir vorläufig.
Ich verstehe, bleiben wir bei Doktor Štefl. Die beiden kannten und vertrauten einander, ist es so?
Dieses gegenseitige Vertrauen war eine wichtige Bedingung. Conditio sine qua non, wie damals gebildete Ärzte noch zu sagen pflegten.
Überlass mir die Fortsetzung, schlug Petra vor: Servus, Doktor, da bin ich aber froh, dass ich dich wieder sehe. Oder haben sie sich
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