Das Versprechen Des Himmels
Kostümen, exotischen Parfümen, anmutigen Bewegungen, anregenden Gesprächen, stimulierender Musik und einer Umgebung zusammensetzte, die ein Wunder an weiblicher Kunstfertigkeit war. Das Aphrodisiahaus zu besuchen bedeutete, eine Show zu genießen, die nur eine Handlung, aber immer wieder wechselnde Darsteller hatte, und es war dieser Punkt, der den Unterschied zwischen Myrtis' eleganten Kurtisanen und den traurigen und verzweifelten Frauen ausmachte, die sich nachts im Garten des Himmlischen Versprechens herumtrieben.
»So, fertig«, sagte die junge Frau und trocknete Feltheryns Hände mit einem bestickten Tuch ab. »Wir haben alles herunterbekommen, Meister Feltheryn. Ich werde die Unordnung hier beseitigen, und Ihr könnt mit der Madame sprechen. Kennt Ihr den Weg zu ihren Gemächern?«
»Nein, ich fürchte, ich hatte noch nicht das Vergnügen«, erwiderte Feltheryn auf seine höflichste Art, als er sich von seinem Stuhl vor dem kleinen Tischchen erhob.
»Dann werde ich Euch den Weg von einem der Mädchen zeigen lassen«, sagte sie, während sie eilig damit begann, Ordnung zu schaffen. »Shawme! Shawme, würdest du Meister Feltheryn bitte hoch zu Myrtis' Gemächern begleiten? Ich habe ihr bereits ausrichten lassen, daß er hier ist.«
Shawme, noch ein halbes Kind, aus dessen blauen Augen ungebrochener Stolz leuchtete, lächelte Feltheryn zu und führte ihn die Treppe hinauf. Kurz darauf saß er in einem kleinen Empfangszimmer, erklärte Myrtis, der Eigentümerin des Aphrodisiahauses, seine Notlage und nippte an dem Brombeertee, den sie ihm gereicht hatte.
». seht Ihr also, meine wunderschöne Dame«, kam er zum Schluß, »sie muß talentiert und bereit sein, die Schauspielerei zu lernen, wenn sie das noch nicht kann; sie muß einigermaßen gut aussehen und außerdem die Art von Figur haben, der auch Männerkleidung paßt. Den größten Teil des Stückes über muß sie als Mann verkleidet spielen, und ihre Verkleidung darf nicht lächerlich wirken. Das Publikum wird seine Zweifel, ob ein junges Mädchen in engen Männerhosen glaubwürdig ist, eine Zeitlang unterdrücken, aber es würde keine Frau mit zu weiblichen Formen in dieser Kleidung akzeptieren. Ich möchte das Stück wirklich sehr gern aufführen, aber ich fürchte, ohne Eure Hilfe kann ich es nicht tun.«
Myrtis lachte.
»Mein lieber Feltheryn! Es ist eine Tatsache, daß eine ganze Menge Leute in dieser Stadt in den Kleidern des jeweiligen anderen Geschlechts herumläuft, und die meisten davon sind Frauen. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund sind sie der Meinung, daß diese Verkleidung ihre einzige Möglichkeit ist, ihre kostbare Keuschheit zu bewahren. Nicht daß ich in irgendeiner Form dafür Verständnis hätte, wenn ein Mann eine Frau mißbraucht, aber es gibt wirklich so viele andere und bessere Methoden, eine Vergewaltigung zu verhindern! Seht, Ihr könntet keine sanfteren und betont weiblicheren Frauen als die Damen finden, die in meinem Haus wohnen, aber jede von ihnen könnte Euch ein Dutzend Möglichkeiten nennen, wie man sich eines Mannes erwehrt, der sich etwas nehmen möchte, das ihm nicht gehört. Und doch sind es nicht die schönen, sanften und zerbrechlichen Frauen, die sich deswegen sorgen und die sich manchmal tatsächlich Sorgen machen sollten. Es sind diese harten, unduldsamen Frauen. Sie haben nie in ihrem Leben versucht, sich für die Männer attraktiv zu machen, und doch glauben sie, sie wären für alle, die auf drei Beinen daherkommen, einfach unwiderstehlich. Ha! Sie sollten einmal versuchen, hier zu arbeiten und einen armen Händler in Stimmung zu bringen, der sich mehr Gedanken darüber macht, ob er sein Geld richtig anlegt, als ob er hier eine schöne Zeit verbringt! Aber darüber hinaus haben diese Frauen alles Erdenkliche getan, um sich mehr als unattraktiv für Männer zu machen; oft haben sie auf Grund ihrer Ängste irgendeine verheerende Kampftechnik gelernt und sich dabei Manieren angeeignet, die ihnen den Zutritt zu meinem Haus verwehren würden, wenn sie Männer wären. Und trotzdem gehen sie in der Annahme durch das Leben, daß hinter jeder Ecke eine Vergewaltigung lauert! Also verkleiden sie sich als Männer und verschwenden den größten Teil ihrer Lebenskraft damit, sich darüber Sorgen zu machen, ob man ihre Verkleidung durchschaut. Das macht mich tieftraurig. Eine Frau sollte ihr Leben leben, indem sie mit aller Kraft voranschreitet und nicht voller Furcht vor etwas, das vielleicht nie passiert, geduckt
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