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Das Versprechen des Opals

Das Versprechen des Opals

Titel: Das Versprechen des Opals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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wiedersehen würde.
    Als sie sich schließlich von ihm löste, war sie kurz davor, die Fassung zu verlieren. »Leb wohl, mein Sohn«, sagte sie unter Tränen. »Gott sei mit dir!«
    Einige Stunden waren vergangen, seit Maureen sich von ihrer Mutter verabschiedet hatte. Der Abend dämmerte bereits, und noch immer wanderte sie über die Hügel zur Poststation, wo sie die weite Fahrt mit der Kutsche nach Dublin antreten würde.
    Alles tat ihr weh, aber der körperliche Schmerz war nichts im Vergleich zu den Qualen ihres Herzens. Sie verließ ihr Elternhaus und alles, was ihr vertraut war, ihr Ruf war ruiniert, und in ihrer Tasche klimperte der Judas-Lohn von den Beecham-Ffords. Es war dumm gewesen zu glauben, dass Henry sie liebte. Dumm zu glauben, dass er in der Not zu ihr stehen würde.
    Sie hatte den nächsten Hügel erklommen und hielt für einen Moment inne, um Atem zu schöpfen. Das Dorf hinter ihr war nicht mehr zu sehen, und auch nicht die Bäume, die Beecham Hall schützend umstanden. Es war sehr still, und ihr wurde bewusst, wie winzig und unbedeutend sie inmitten dieser endlosen grünen Landschaft war. Mit einem tiefen Seufzer nahm sie ihr Bündel wieder auf, hob den Rocksaum aus dem taunassen Gras und machte sich an den Abstieg hinunter zu den fernen Lichtern der Poststation.
    Mit Aufruhr im Herzen bemühte sie sich, sich mit ihrerLage abzufinden. Das Kind in ihrem Leib hatte sich in den letzten Stunden bewegt – es war realer und damit auch kostbarer für sie geworden. Ihre Füße stapften durch das kräftige, üppige Gras des Landes Kerry, das ihren Vorvätern gestohlen worden war, und sie tat ein Gelübde: Die Engländer mochten alles stehlen, was den Iren gehörte, aber ihr Kind würden sie nicht bekommen.
    Sie hörte galoppierende Hufe und ratternde Räder, und müde trat sie vom Pfad beiseite in den grasbewachsenen Graben, um das Gespann vorbeizulassen. Mit müdem Kopf und schweren Lidern drehte sie sich um und zog sich die Kapuze ihres Mantels ins Gesicht, um sich vor dem Staub zu schützen, den die Räder und Hufe aufwirbelten.
    »Maureen? Maureen!«
    Erschrocken fuhr sie herum. Betäubt und ungläubig sah sie, wie Henry aus dem Zweispänner sprang und sie in die Arme schloss.
    »Gott sei Dank, ich habe dich gefunden, und du bist wohlauf«, flüsterte er. »Warum bist du weggelaufen? Warum hast du mir nichts von dem Kind erzählt?«
    Reglos stand sie da und ließ sich umarmen, aber dann löste sie sich von ihm, und ihre gefasste Haltung war wie ein eisiger Schild zwischen ihnen. »Was willst du hier?«
    Er runzelte die Stirn, und seinem Blick und der zögernden Art, wie er versuchte, sie wieder in den Arm zu nehmen, war seine Ratlosigkeit anzumerken. »Ich habe dich den ganzen Tag gesucht«, stammelte er. »Ich war halb von Sinnen vor Sorge. Ich dachte, ich finde dich nicht mehr rechtzeitig.«
    Maureen schaute ihn an, und die Liebe zu ihm drängte danach, ihm zu verzeihen, aber sie wusste, dass sie stark bleiben musste. Denn hatte sie nicht schließlich sein Blutgeld in der Tasche? »Und warum solltest du mich finden wollen? UnserGeschäft ist abgeschlossen.« Sie zog die Börse hervor und schüttelte sie vor seinem Gesicht.
    »Maureen«, begann er, aber in scharfem Ton schnitt sie ihm das Wort ab.
    »So viel bin ich also wert, Henry? Eine Hand voll Silberlinge?« Als er verwirrt und beschämt errötete, fühlte sie sich versucht, ihm den Geldbeutel vor die Füße zu werfen. Aber so sehr es ihr zuwider war, sein Geld zu behalten, sie hatte doch keine andere Möglichkeit zu überleben, und es wäre nur eine leere Geste.
    Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Für mich bist du kostbarer als alles Silber der Welt«, brachte er hervor. Er räusperte sich. »Was ist mit dir passiert, Maureen? Warum behandelst du mich so – nach allem, was wir füreinander gewesen sind? Mit dem Geld habe ich nichts zu tun. Mein Vater …«
    Maureen riss sich die Kapuze vom Kopf. »Das ist der Preis, den ich dafür bezahlt habe, dass ich dich liebe«, sagte sie tonlos. »Was jetzt, Henry?«
    Entsetzt erblickte er ihre gemarterte Kopfhaut mit den übrig gebliebenen Haarbüscheln, die Kratzer und Blutergüsse am Hals und im Gesicht. Ihre Entschlossenheit geriet ins Wanken, als sie merkte, dass er den Tränen nahe war, aber sie wusste, dass der kleinste Augenblick von Schwäche nur Unheil bringen würde. »Und was ist mit unserem Kind? Ist auch das für eine Hand voll Silber zu verkaufen?«
    Henry fiel vor ihr auf

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