Das Versprechen des Opals
lief hinaus zu dem Pferd. Sie warf ihm die Satteltasche über den knochigen Rücken, löste die Fußfesseln und führte es eilends zu ihrem Zelt.
Sie seufzte erleichtert, als sie sah, dass Miriam noch schlief, wohlbehalten und warm, wie sie sie zurückgelassen hatte. Kate zitterte so sehr, dass sie sich setzen musste. Mit bebenden Händenkontrollierte sie Pistole und Gewehr und legte beides auf den Tisch neben dem Bett. Ihr Blick fiel auf die Spieldose. Isaac würde wissen, was zu tun ist, dachte sie, goss sich einen steifen Brandy ein und stürzte ihn in einem Zug hinunter. Aber Isaac war weit weg. Diese Bürde lag allein auf ihren eigenen Schultern, und sie musste entscheiden, wie es weitergehen sollte, wenn Henry heute Nacht nicht gefunden wurde.
Nach langem Nachdenken machte Kate sich ans Packen. Leise bewegte sie sich im Zelt umher, um Miriam nicht zu wecken, und lud ihre Besitztümer Stück für Stück auf den Wagen. Der Morgen dämmerte mit einem schmalen Streifen Licht über dem Horizont, als sie Henrys Pferd hinten an den Wagen band und ihre Maultiere anschirrte.
»Ist Daddy wieder da?«, rief eine schlaftrunkene Stimme aus dem Bett.
Kate nahm das Mädchen in die Arme. »Noch nicht, acushla . Komm, wir frühstücken.«
Sie setzten sich ans Lagerfeuer, aber sie stocherten beide eher pflichtschuldig in den Eiern mit Speck. Und sie wurden immer stiller, als eine Gruppe nach der anderen von der Suche zurückkehrte. Sie hatten keine Spur von Henry gefunden. Anscheinend war er einfach verschwunden.
Mit hängenden Schultern wanderten die Männer und Frauen zurück zu ihren Zelten. Sie waren müde und trauerten um einen der Ihren. Dass jemand verschwand, war hier draußen nichts Ungewöhnliches, aber es erinnerte sie jedes Mal daran, was für ein gefährliches Leben sie führten.
»Er kommt zurück«, beharrte Miriam. »Wir können nicht fortziehen.«
»Wir müssen.« Kate stand auf und strich sich das Haar zurück. »Du bist hier nicht mehr sicher.«
Miriam war verwirrt. »Aber warum? Wenn wir wegfahren,kann Daddy uns doch nicht finden.« Die Tränen rollten ihr übers Gesicht, und sie schniefte. »Ich hab keine Angst, Kate. Nicht, wenn du bei mir bleibst.«
Kate tat das Herz weh, als sie das Mädchen noch einmal umarmte. Wie konnte sie ihm sagen, dass sie Angst vor Paddy hatte? Wie sollte sie einer Zwölfjährigen erklären, dass er fähig war, einen Mord zu begehen, und dass ihr Vater nicht wiederkommen würde?
Unvermittelt wurde sie aus ihren Gedanken gerissen, denn Paddy erschien. »Geh ins Zelt, Liebes, und bleib da!«, flüsterte Kate.
Starr vor Schrecken, versteckte Miriam sich im Dunkel des großen Zelts. Sie hörte laute Stimmen. Das ganze Camp verstummte.
»Wo sind sie, du Miststück?«, brüllte er. »Ich weiß, dass ihr beiden Diebe unter einer Decke steckt. Er muss sie dir gegeben haben.«
»Der einzige Dieb hier bist du, Patrick Dempster«, schrie Kate ihm ins Gesicht. »Auch wenn ich sie hätte, würdest du nur über meine Leiche an diese Dokumente kommen. Aber ich habe sie nicht.«
»Du lügst!« Er wollte sie packen, aber Kates Hand bewegte sich schnell wie eine angreifende Schlange, und die Pistole blinkte in der Morgensonne. »Wenn du mich anrührst, schieße ich«, sagte sie eisig. »Ich habe genug Zeugen dafür, dass du mich belästigst.«
»Für dich werden sie das Maul nicht aufmachen, du Hure. Gib mir die Urkunden, oder ich hetze dir die Polizei an den Hals!«
Kate war bleich, aber ihre Hand zitterte nicht, und die Pistole zielte geradewegs auf Patricks Herz. »Ich habe sie nicht«, wiederholte sie. »Und was die Polizei angeht – sieh dich dochum. Hier gibt es kein Gesetz. Kein Polizist im Umkreis von Hunderten von Meilen. In den Minen gelten unsere eigenen Gesetze, das weißt du genauso gut wie ich.«
Offenbar bemerkte Patrick die erbosten Blicke und die bedrohliche Haltung der Digger, die ihnen zuschauten. »Glaube nicht, dass du mir entwischen kannst, wenn du wegläufst, du Miststück!«, fauchte er. »Eines Tages werde ich dich finden, dich und diese heulende Göre, und dann nehme ich mir, was mir gehört. Darauf kannst du wetten.«
Miriam schloss die Augen und versuchte den Klang seiner Stimme zu verdrängen, sein zorniges Gesicht, seine heiße Wut. »Kurz danach haben Kate und ich die Mine verlassen und sind nach Sydney zu Isaac gefahren.«
Jake schwieg; sein nachdenklicher Blick ruhte auf dem Gemälde.
»Ich weiß nicht mehr, wie lange wir für die Reise
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