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Das Versprechen des Opals

Das Versprechen des Opals

Titel: Das Versprechen des Opals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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aufreizender Missachtung seiner Neugier. »Lassen Sie uns frühstücken, und dann erzähle ich Ihnen von dem letzten Tag in der Mine.«
    Miriam sah zu, wie Jake die Reste seines Frühstücks mit der letzten Scheibe Röstbrot aufwischte. Es tat gut, wieder einmal einen Mann am Tisch zu haben – einen Mann mit einem gesunden Appetit. Es war, als sei Edward wieder da.
    »Junge«, sagte Jake und rieb sich den Bauch, »ich glaube, ich platze gleich.«
    Der breite australische Akzent vertrieb die Illusion. Ihr geliebter Edward war Amerikaner gewesen, seine Sprache war vom Singsang der Texaner geprägt gewesen. »Wenn das so ist, wird es Zeit, dass ich meine Geschichte zu Ende bringe. Heute kommt Fiona.«
    Sie räumten das Geschirr ab und gingen ins Wohnzimmer.
    »Mir ist wohler, wenn ich Ihnen meine Geheimnisse hier anvertraue.« Miriam zog die Vorhänge zurück. »Wahrscheinlich liegt es an dem Bild meines Vaters.« Sie betrachtete das Gemälde einen Moment lang. »Sein Geist ist darin, wissen Sie. In der Pinselführung, den Farben, im Licht, in der Textur.«
    »Haben Sie selbst nie Lust verspürt zu malen?« Jake lehnte sich mit der Hüfte ans Fensterbrett und schob die Hände in die Taschen.
    Miriam schüttelte den Kopf. »Eine so ungewöhnliche Begabung vererbt sich nicht unbedingt an jede Generation«, sagte sie lächelnd. »Meine Tochter ist Malerin, und ihre Tochter, Fiona, eine sehr talentierte Fotografin.« Sie nagte an der Unterlippe. »Louise hat auch Talent, aber nicht zur Malerei. Sie könnte eine gute Schauspielerin werden, wenn sie sich nur von diesem abscheulichen Ralph trennen wollte.«
    Sie sah die Neugier in seinem Blick und schüttelte wieder den Kopf. »Ich schwätze«, sagte sie mit Entschlossenheit. »Sie werden sie alle bald kennen lernen, und dann können Sie sich ein eigenes Urteil bilden. Bis dahin muss ich den wichtigsten Teil der Geschichte erzählt haben.«
    Sie machte es sich in einem Sessel bequem. Ein Kissen und zwei Tabletten linderten ihre Beschwerden, und sie nahm Jake mit zurück in die Vergangenheit.
    Kate schaute auf Miriam hinunter. Sie war erst zwölf, und schon brach ihre Welt entzwei. Sie hatten den ganzen restlichenTag nach Henry gesucht, ohne eine Spur von ihm zu finden, und Kate machte sich allmählich ernsthaft Sorgen. Irgendetwas Schreckliches musste ihm zugestoßen sein. Aber diesen furchtbaren Gedanken durfte sie dem Kind an ihrer Seite nicht offenbaren.
    »Wir müssen eine Suche organisieren«, rief sie über das Stimmengewirr hinweg. Sie stand auf einer Kiste und versuchte sich in der Versammlung Gehör zu verschaffen. »Henry muss in einen Schacht gefallen sein. Ich möchte, dass jeder in seinem eigenen Schacht nachsieht, und dann nehmen wir uns die anderen vor.«
    »Aber hier gibt es hundertundeinen gottverdammten stillgelegten Schacht, Lady«, rief einer der Digger. Sein schnurrbärtiges Gesicht war vom Flackerlicht der Fackeln überschattet. »Da können wir eine ganze Woche suchen, ohne ihn zu finden.«
    Miriam war nicht von Kates Seite gewichen. Das Kind war bleich. Still wie eine Statue stand es da, die schmalen Schultern entschlossen gestrafft. »Ihr müsst es versuchen«, rief Kate. »Wir sind genug Leute.«
    »Es ist ein verdammter Irrsinn, da im Dunkeln herumzustöbern«, murrte ein anderer Mann. »Man kann sich leicht den Hals brechen.«
    Kate ergriff Miriams Hand. »Ihr seid Feiglinge!«, schrie sie. »Gebt mir eine Fackel. Ich suche allein.« Sie sprang von der Kiste und riss einem der Männer die Fackel aus der Hand. »Komm, Miriam, bleib dicht bei mir! Wir werden ihn finden, mach dir keine Sorgen.«
    »Ich helfe euch«, rief jemand. Ein zweiter schloss sich an, und dann erhob sich ein ganzer Chor. Die Digger scharten sich um Kate und Miriam, und die Flammen ihrer Fackeln tanzten in dem kühlen Wind, der nach Sonnenuntergang aufgekommen war. »Wo sollen wir anfangen?«
    Kate tat einen tiefen Seufzer der Erleichterung. Sie war nicht erpicht darauf, in die dunklen Stollen hinunterzuklettern, aber sie hätte es getan, wenn es nötig gewesen wäre. »Wir müssen uns in Vierer- oder Fünfergruppen aufteilen, und dann übernimmt jede Gruppe einen Teil des Geländes. Sucht in allen Schächten – in den benutzten, den verlassenen und auch in denen, die teilweise eingestürzt sind. Irgendwo muss er doch sein.«
    Mit flackernden Fackeln schwärmten die Leute aus und verschwanden in den Schächten. Kate dachte fieberhaft nach, aber sie durfte sich ihre düsteren

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