Das Versprechen des Opals
schob die Tür auf und tat ihr Bestes, um sich den Schrecken nicht anmerken zu lassen, als Mim zur Begrüßung aufstand. Mim war immer klein gewesen, aber nun wirkte sie geschrumpft und plötzlich sehr viel älter. Es entging Fiona nicht, wie schmerzhaft dünn die Arme waren, die sie umschlangen, und wie zart und zerbrechlich der Körper ihrer Großmutter sich anfühlte. »Geht’s dir gut?«, fragte sie bang.
Miriam lächelte. »Besser denn je – jetzt, wo du da bist«, erklärte sie mit Nachdruck. »Und das, meine Liebe, ist Jake Connor.«
Fiona drehte sich um. Sie musste auf blicken, um ihm ins Gesicht zu schauen. »Wir haben telefoniert«, brachte sie hervor, während sie einander die Hand schüttelten.
Er sah sehr gut aus, das musste sie zugeben. Sie zog ihre Hand zurück und schob sie in die Tasche ihrer Jeans. Groß, tolle Figur, sexy. Irgendein Haken musste dabei sein. Kein Mann der Welt war so vollkommen. Sie rief ihre unbotmäßigen Gedanken zur Ordnung. »Sie haben mir nie erklärt, warum Sie hier sind«, sagte sie, und ihr Ton war gröber als beabsichtigt.
»Alles zu seiner Zeit, Liebes«, sagte Miriam und schüttelte die Sofakissen auf.
Aber Fiona war nicht entgangen, dass Mim und Jake einen kurzen Blick gewechselt hatten, und sie begriff, dass die beiden ein Geheimnis miteinander hatten – eine Verschwörung. Das stachelte Fionas Neugier nur noch weiter an. »Was führst du im Schilde, Mim?«, fragte sie.
»Warum sollte ich irgendetwas im Schilde führen?«, erwiderte die alte Frau. »Setz dich, Fiona, und leiste Jake Gesellschaft, während ich frischen Tee auf brühe.«
Fiona rührte sich nicht von der Stelle. »Ich will keinen Tee«, sagte sie unnachgiebig. »Ich will wissen, was hier los ist.«
Mim seufzte. »Du liebe Güte«, brummte sie, »ich hätte mir denken können, dass du Schwierigkeiten machst!«
Fiona öffnete den Mund, um sich zu verteidigen, aber Mims wütender Blick brachte sie rasch zum Schweigen.
»Jake ist aus Brisbane«, sagte die alte Frau. »Er ist hier, um mir in einer bestimmten Angelegenheit zu helfen. Du wirst beizeiten alles verstehen, aber du musst dich gedulden, bis die anderen hier sind.« Damit ging sie hinaus und schloss die Tür hinter sich mit scharfem Klicken, als wolle sie zeigen, dass das Gespräch damit beendet sei.
Fiona schaute Jake an. »Und Sie werden mir vermutlich auch nicht verraten, worum es geht, nein?«
Er schüttelte den Kopf, und seine dunklen Augen funkelten amüsiert. »Das würde ich nicht wagen. Mim mag klein sein, aber dieser Blick genügt, um einem rasenden Stier Einhalt zu gebieten.«
Fionas Sprödigkeit verflog, und sie ließ sich kichernd auf die Couch fallen. »Das ist wahr. Der Einzige, den das nicht beeindruckt, ist offenbar Frank.«
Sie schaute aus dem Fenster und sah, dass der Verwalter soeben den Hof überquerte. Vielleicht hat Frank irgendeine Ahnung von dem, was hier vorgeht, dachte sie. Ich werde ihn mir später mal vornehmen und ihn zum Reden bringen.
Jake musterte sie durchdringend. »Wie viel haben Sie gehört, bevor Sie reingekommen sind?«, fragte er leise.
Fiona wurde rot, aber sie hielt seinem Blick trotzig stand. »Ich lausche nicht an der Tür«, sagte sie abwehrend.
»Nicht? Dann hat die Fliegentür wohl geklemmt. Sie haben ziemlich lange gebraucht, um sie aufzumachen.«
Er lächelte, und sie sah die zarten Fältchen an seinen Augenwinkeln.Er war wirklich sehr sexy, und bei jeder anderen Gelegenheit hätte sie wohl versucht, mit ihm zu flirten, aber jetzt machte er sie nur wütend. »Haben Sie mich beobachtet?«, wollte sie wissen.
Jake lehnte sich an den Kamin und verschränkte die Arme. Noch immer umspielte das Lächeln seinen Mund. »Nicht absichtlich, aber das Motorrad war nicht zu überhören, und von hier aus hat man einen guten Blick auf die Terrasse.«
Verdammt, dachte sie erbost, der Kerl hat auch auf alles eine Antwort!
NEUN
F ranks Cottage stand auf der anderen Seite des Hofes, wo ein sanfter Abhang hinunter zum Billabong führte. Auf der von Bäumen überschatteten Veranda saß es sich abends angenehm, und Frank beobachtete gern, wie Enten und Sittiche zum Wasserloch flogen, um vor Einbruch der Nacht ein letztes Mal zu trinken. Der Rauch seiner Pfeife verwehte im Wind aus den Hügeln und hielt die Moskitos ab.
»Hallo, Frank. Wie geht’s?« Fiona setzte sich in einen Korbsessel.
»Gut«, brummte er, ohne die Pfeife aus dem Mund zu nehmen. »Hab einen neuen Mann, der für mich arbeitet.
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