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Das Versteck

Das Versteck

Titel: Das Versteck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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verkörperte auch Macht, er war die Personifizierung jener hellen Mächte, die dem finsteren Willen der Hölle entgegenwirkten. Sein Vater war ohne Zweifel geschützt und unangreifbar, weil er Gnade vor dieser verhaßten anderen Gottheit fand.
    Somit richteten sich Vassagos Hoffnungen auf die Frau und das Mädchen. Die eine Eroberung war schon gemacht, die andere stand noch bevor.
    Er fuhr in östlicher Richtung an endlosen Häuserreihen entlang, die in den sechs Jahren nach dem Ende von Fantasy World wie Pilze aus dem Boden geschossen waren, und er begrüßte es, daß diese Auswüchse lebenshungriger Heuchler noch nicht bis an sein geheimes Versteck reichten, das immer noch meilenweit hinter den letzten Ortschaften lag. Als er die zersiedelte Hügellandschaft hinter sich gelassen hatte und die Gegend immer unwirtlicher wurde, fuhr Vassago, entgegen seiner sonstigen Gewohnheit, langsamer.
    Er wartete immer noch auf eine Eingebung, die ihm sagte, ob er das Mädchen bei seiner Ankunft im Park töten oder warten sollte, bis er die Mutter ebenfalls in seine Gewalt gebracht hatte.
    Als er sich der Kleinen wieder zuwandte, traf ihn ihr schreckerfüllter Blick. In ihren Augen lag der Widerschein des Lichts vom Armaturenbrett.
    »Armes Baby«, sagte er. »Hab keine Angst. Du mußt keine Angst haben. Wir fahren bloß zu einem Vergnügungspark, weißt du, so was wie Disneyland oder Magic Mountain.«
    Wenn er die Mutter nicht bekam, sollte er vielleicht nach einem anderen Kind Ausschau halten, etwa so groß wie Regina und besonders hübsch, mit vier kräftigen und gesunden Gliedmaßen. Mit einem Arm und einem Bein der anderen könnte er dieses Mädchen hier neu erschaffen und sich damit brüsten, daß er, ein bloßer Zwanzigjähriger, Ausgebürgerter der Hölle, sein Handwerk besser verstand als der große Schöpfer selbst. Das würde hervorragend in seine Sammlung passen, ein Meisterstück.
    Vassago lauschte dem gedrosselten Lauf des Motors. Dem Singen der Reifen auf dem Asphalt. Dem Sirren des Windes an den Wagenfenstern.
    Er wartete auf das Erscheinen einer Gottheit. Wartete auf eine Eingebung. Wartete auf Instruktionen. Wartete und wartete auf eine Offenbarung.
     
    Noch bevor sie die Ausfahrt zum Ortega Highway erreichten, wurde Hatch von Bildern überflutet, die ihn verwirrten. Sie verweilten jeweils nur den Bruchteil einer Sekunde, wie in einem Film ohne durchgehende Handlung. Dunkle Ozeane peitschten unter mond- und sternenlosem Firmament an schwarze Ufer. Riesige Schiffe, fensterlos und gespenstisch, pflügten durch finstere Meere, von mächtigen Turbinen angetrieben, die wie der Schrei aus tausend Kehlen klangen. Überlebensgroße dämonische Wesen mit schwarz glänzenden Helmen durchmaßen mit wallendem Umhang fremdartige Gefilde. Eine schwache Ahnung von gigantischen Apparaturen beim Werken an monumentalen Konstruktionen, deren Zweck und Funktion rätselhaft blieben.
    Manchmal stand Hatch alles in gräßlichen, bedrückenden Details vor Augen, dann wieder las er nur eine Schilderung davon in einem Buch. Wenn es dieses fremde Land gab, mußte es zu einer anderen Welt gehören, von dieser Welt konnte es nicht sein. Auch wußte er nicht genau zu sagen, ob er die Impressionen von einem wirklichen oder nur einem Ort der Einbildung empfing. Zuweilen schien er so plastisch wie jede x-beliebige Straße in Laguna, ein andermal wieder so durchsichtig wie feinstes Seidenpapier.
     
    Als Jonas wieder eintrat, hielt er einen Kasten mit Jeremys Schätzen in der Hand. Er setzte ihn ab, nahm ein schmuddeliges, billig gedrucktes Bändchen mit dem Titel Der Mann im Versteck heraus und reichte es Kari, die es mit spitzen Fingern entgegennahm.
    »Ja, rümpf nur die Nase«, sagte er, nahm sein Weinglas und trat an das große Fenster. »Es ist barer Unsinn. Krankhafter, verbogener Unsinn. Der Verfasser war ein zum Tode Verurteilter, der behauptete, in der Hölle gewesen zu sein. Seine Schilderung ist allerdings nicht mit Dante zu vergleichen, glaub mir. O ja, das Büchlein besitzt durchaus einen gewissen Reiz und ist kraftvoll und mitreißend geschrieben. Und dazu mußt du dir dann vorstellen, du wärst ein schizophrener junger Mann, größenwahnsinnig und mit dem Hang zu Gewalttätigkeit, das Ganze gekoppelt mit dem unnatürlich hohen Testosteronspiegel, der für seelische Krankheiten dieser Art typisch ist, du fändest in diesen Höllenbildern die Erfüllung deiner feuchten Träume von Macht und Gewalt. Du würdest in Ekstase geraten.

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