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Das Versteck

Das Versteck

Titel: Das Versteck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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machen, während man auf die Hauptperson wartete, und mit seiner Frage keinesfalls Zweifel an Hatchs totaler Genesung und guter Gesundheit äußern.
    Lindsey – von Natur aus nervöser als Hatch und eher zu Überreaktionen neigend – beugte sich auf dem Sofa vor. Mit einem leichten Anflug von Schärfe sagte sie: »Hatch führt die Erfolgsstatistik aller reanimierten Personen an. Dr. Nyebern ist hell begeistert und hat ihm beste Gesundheit attestiert. Eine totale Wiederherstellung. Das alles stand auch in unserer Bewerbung.«
    Hatch befürchtete, daß Lindseys heftige Reaktion die Priester und Nonnen mißtrauisch machen könnte, und fügte deshalb rasch ein Späßchen an: »Mir geht es wirklich großartig. Ehrlich gesagt, würde ich jedem einen kurzen Tod empfehlen. Das entspannt kolossal, verhilft zu größerer Gelassenheit im Leben.«
    Alle lachten höflich.
    Hatch erfreute sich tatsächlich bester Gesundheit. Während der ersten vier Tage nach seiner Reanimation hatte er unter Schwäche, Benommenheit, Übelkeit, Lethargie und vereinzelten Gedächtnislücken gelitten. Aber nach kürzester Zeit war er wieder voll bei Kräften gewesen, physisch und auch geistig. Seit nunmehr fast sieben Wochen führte er wieder ein ganz normales Leben.
    Allerdings hatte Jiminez' beiläufige Erwähnung von Schlafproblemen ihn ein wenig beunruhigt, und wahrscheinlich hatte diese unschuldige Frage auch Lindsey aufgeschreckt. Seine Behauptung, gut zu schlafen, entsprach nicht ganz der Wahrheit, aber andererseits waren seine seltsamen Träume und die merkwürdigen emotionalen Auswirkungen, die sie auf ihn hatten, nichts Ernsthaftes, kaum der Rede wert, und im Grunde hatte er nicht das Gefühl, den Priester belogen zu haben.
    Sie waren jetzt so dicht am Ziel ihrer Wünsche, daß er nicht riskieren wollte, durch ein falsches Wort den Erfolg aufs Spiel zu setzen. Es sollten keine unnötigen Verzögerungen eintreten. Obwohl die katholischen Adoptionsstellen bei der Unterbringung ihrer Schützlinge sehr gewissenhaft vorgingen, waren sie nicht so zermürbend langsam und zögerlich wie die staatlichen Institutionen, speziell wenn es sich bei den Bewerbern um solide Bürger wie Hatch und Lindsey handelte, die zur Adoption eines behinderten Kindes bereit waren, das andernfalls wohl im Waisenhaus bleiben müßte, bis es erwachsen war. Die Zukunft konnte für sie noch in dieser Woche beginnen, wenn sie den Leuten von St. Thomas, die längst auf ihrer Seite standen, keinen Grund zu irgendwelchen Bedenken gaben.
    Hatch war selbst ein wenig überrascht, wieviel ihm daran lag, wieder Vater zu sein. Er hatte das Gefühl, als wäre er in den letzten fünf Jahren bestenfalls nur halb lebendig gewesen. Die ungenutzte Energie dieses halben Jahrzehnts schien sich in ihm akkumuliert zu haben und ihn plötzlich mit aller Macht zu durchströmen; die Farben wurden leuchtender, Töne melodischer und Gefühle intensiver. Er hatte das leidenschaftliche Bedürfnis, zu sehen, hören, laufen, arbeiten – zu leben . Und wieder Vater zu sein.
    »Ich überlege schon die ganze Zeit, ob ich Sie etwas fragen dürfte«, sagte Pater Duran, während er sich von der Satsumasammlung abwandte. Seine Blässe und die scharfen Gesichtszüge wurden durch seine warmherzigen und intelligenten Eulenaugen etwas aufgelockert, die durch dicke Brillengläser noch vergrößert wurden. »Es ist eine ziemlich persönliche Frage, deshalb zögere ich.«
    »Fragen Sie ruhig, was immer Sie wollen«, sagte Hatch.
    Der junge Priester faßte Mut. »Manche Menschen, die für kurze Zeit klinisch tot waren, eine Minute oder zwei, berichten, daß … nun ja, ihre Erfahrungen ähneln sich …«
    »Sie meinen den Eindruck, durch einen Tunnel zu stürzen, auf ein strahlendes Licht zu«, half ihm Hatch. »Das Gefühl eines großen Friedens, einer Heimkehr?«
    »Ja.« Durans blasses Gesicht wurde lebhafter. »Genau das habe ich gemeint.«
    Auch Pater Jiminez und die beiden Nonnen betrachteten Hatch mit neuem Interesse, und er wünschte, er könnte ihnen erzählen, was sie hören wollten. Sein Blick glitt von Lindsey zu den anderen. »Es tut mir leid, aber ich habe diese Erfahrung, von der so viele Menschen berichten, nicht gemacht.«
    Pater Duran ließ seine schmalen Schultern hängen. »Aber was haben Sie erlebt?«
    Hatch schüttelte den Kopf. »Nichts. Ich wünschte, es gäbe etwas zu berichten. Es wäre … tröstlich, nicht wahr? Aber wenn man so will, hatte ich wohl einen sehr langweiligen Tod. Ich kann

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