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Das verstummen der Kraehe

Das verstummen der Kraehe

Titel: Das verstummen der Kraehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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Monat.«
    »Oh! Samenbank?«, fragte ich.
    »Nein, ein guter Freund. Ines wollte nie jemanden, den sie kennt, aber meine Partnerin und ich möchten, dass unser Kind auch Zeit mit seinem biologischen Vater verbringen kann.«
    »Glückwunsch, Robin, das freut mich.«
    »Ich wollte schon immer ein Kind«, sagte sie mit einem zärtlichen Anflug in der Stimme. Vermutlich strich sie sich gerade in diesem Moment über ihren Bauch.
    »Warum?«
    Sie schien meine Frage weder seltsam noch indiskret zu finden, nur vollkommen überflüssig. »Das habe ich mich noch nie gefragt. Kinder gehören doch ganz selbstverständlich zum Leben. Was ist mit dir? Hast du Kinder?«
    »Noch nicht. Robin, ich muss jetzt Schluss machen. Falls dir noch etwas zu Ben einfällt, meldest du dich dann bei mir?«
    »Na klar.«
    Ich gab ihr meine Telefonnummer, verabschiedete mich von ihr und ging in Gedanken zurück in die Küche. Ich strich mir gerade Honig auf das Brötchen, als ich Funda Guten Morgen rufen hörte.
    »Ist es schon acht?«, fragte ich völlig verdattert, als sie in die Küche kam.
    »Es ist sogar schon zwanzig nach.« Sie lächelte mich an und platzierte ein in Alufolie gewickeltes Päckchen auf der Arbeitsplatte.
    »Baklava?«
    »Nein, zur Abwechslung mal Sekerpare. Das heißt auf Deutsch so viel wie Zuckerstückchen. Pack aus!«
    Ich löste die Alufolie, nahm eines der runden Teilchen und wollte gerade hineinbeißen, als Funda mich zurückhielt. Aus einem Marmeladenglas, das sie ebenfalls mitgebracht hatte, goss sie Zuckersirup über das Sekerpare.
    »Der Sirup ist noch warm«, erklärte sie mir. »Sekerpare werden immer teils warm, teils kalt serviert.«
    Ich biss hinein. »Mhm, schmeckt das gut. So könnte ich in jeden Tag starten.«
    »Dann könntest du dir deine Klamotten aber auch gleich zwei Nummern größer kaufen«, lachte Funda.
    »Hat deine Mutter wieder gebacken?«
    Sie nickte und pustete dabei ihre Ponyspitzen von den Wimpern. »Als Dankeschön an dich, dass wir das mit der Pünktlichkeit klären konnten.«
    »Sag einfach Bescheid, sobald es wieder etwas zu klären gibt.«
    Spitzbübisch grinsend hob sie den Daumen und verzog sich auf klappernden Absätzen ins Büro.
    Ich wollte Funda gerade folgen, als ich meinte, Alfred zu hören. Mit zwei großen Schritten war ich draußen, aber meine Ohren mussten mir einen Streich gespielt haben. Ich pfiff und wartete. Als er nicht auftauchte, schlang ich fröstelnd die Arme um den Körper. Seit wir Freundschaft geschlossen hatten, hatte die Krähe keinen einzigen Tag ausgelassen. In meinem Kopf tauchten Bilder von überfahrenen Vögeln auf, ich schob sie weg. Alfred durfte nichts passiert sein! Immerhin war der Tag noch lang, bestimmt würde ich später sein unvergleichliches Krächzen hören.

16
Während Funda in der Kammer des Schreckens die Unterlagen aus dem Wäschekorb sortierte, schaltete ich meinen PC ein. Kaum hatte sich der Internetbrowser geöffnet, gab ich Samenspende in die Suchmaschine ein und bekam mehr als vierhunderttausend Treffer. Ich engte die Suche auf Samenspende München ein, was die Treffer immerhin auf rund sechzigtausend reduzierte. Gleich auf der ersten Seite fand ich einen Hinweis auf die Website des Kinderwunschinstituts der Angermeiers. Ich wechselte zu der Seite und klickte auf den Reiter »Samenspende und Samenspender«. Zunächst las ich mir die Anforderungen an Samenspender durch: Sie mussten zwischen zwanzig und sechsunddreißig Jahre alt und völlig gesund sein, mussten eine Eins-a-Spermienqualität haben, sollten gepflegt sein, ansehnlich und männlich aussehen, eine gute Ausbildung haben, in oder um München herum wohnen und durften keiner Risikogruppe angehören. In Klammern dahinter waren diese Risikogruppen aufgeführt: Männer mit häufig wechselnden Sexualpartnern, Homosexuelle und Drogenabhängige.
    Um die Diskriminierung von Homosexuellen schien sich hier niemand zu scheren. Ich hingegen konnte mich darüber genauso aufregen wie über das Verbot für Homosexuelle, Blut oder Knochenmark zu spenden. Auch ich hatte ausschließlich mit Männern Geschlechtsverkehr und konnte mich mit ansteckenden Krankheiten infizieren. Waren mein Blut oder mein Knochenmark deshalb auch nur einen Deut besser?
    Einer Sache war ich mir sicher: Bens sexuelle Orientierung würde seiner Geschäftsidee mit der Samenspende zumindest auf dem offiziellem Weg, den Robin ihm vorgeschlagen hatte, einen Riegel vorgeschoben haben. Zumal sich, wie ich weiter erfuhr,

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