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Das verstummen der Kraehe

Das verstummen der Kraehe

Titel: Das verstummen der Kraehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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Buntstiften verziert worden war.
    Obwohl ich am Morgen bereits Fundas Sekerpare verdrückt hatte, lief mir beim Anblick der Blaubeermuffins das Wasser im Mund zusammen. Den Gedanken an meine Kleidergröße schob ich beiseite und nahm mir eines der köstlich duftenden Teile.
    Britta Leitner setzte sich zu uns, nachdem sie Kaffee eingeschenkt und einen Blick aus dem Fenster Richtung Schaukel geworfen hatte.
    »Also dann los«, sagte sie. »Was wollen Sie über Doktor Lenhardt wissen?«
    »Herr Cordes sagte mir, dass Sie viele Jahre als Arzthelferin für Fritz Lenhardt gearbeitet haben.«
    »Nicht nur für ihn, für das gesamte Team, also auch für die Angermeiers.«
    »Entschuldigen Sie, wenn ich das so direkt frage, aber wie haben Sie damals entdeckt, dass Fritz Lenhardt ein Verhältnis mit Beate Angermeier hatte?«
    »Die Frage müsste eigentlich lauten, wo ich das entdeckt habe.« Sie lachte verschmitzt. »Die beiden lagen auf dem Sofa im Aufenthaltsraum. Sie haben bestimmt geglaubt, außer ihnen sei niemand mehr im Institut. Aber ich hatte an dem Abend das Geburtstagsgeschenk für meinen Mann vergessen und musste noch mal zurück. Wenn Doktor Lenhardt mir nicht hinterhergekommen wäre, hätte ich gar nicht begriffen, dass die Frau Doktor Angermeier nicht unter ihrem eigenen Mann lag. Ich hatte ja nur ganz kurz in den Raum geschaut, weil ich Geräusche gehört hatte. Als ich dann die beiden Nackten sah und das Gesicht von der Frau Doktor erkannte, hab ich auf dem Absatz kehrtgemacht. Der Doktor Lenhardt hat sich schnell seinen Kittel angezogen und mich noch an der Tür abgefangen.« Die Erinnerung schien sie zu amüsieren. Ihre Augen blitzten. »Das war wie im Film. Da sagen die Männer auch immer, es sei nicht das, wonach es aussehe. Ich habe ihm dann versprechen müssen, dass von mir niemand etwas erfährt. Und daran habe ich mich gehalten, bis der Herr Cordes bei mir auftauchte.« Sie nickte Martin zu. »Da habe ich mich nicht mehr an das Versprechen gebunden gefühlt, Doktor Lenhardt ist ja jetzt schon länger tot.«
    »Sind Sie dazu nach der Ermordung des Journalisten eigentlich von der Kripo befragt worden?«, wollte ich wissen.
    »So direkt nicht, nein. Die haben alles Mögliche gefragt, aber nie nach einem Verhältnis. Also habe ich auch nichts gesagt. Das war schließlich nicht gelogen. Ich mochte Doktor Lenhardt sehr, ich wollte ihm nicht schaden.«
    »Können Sie sich noch erinnern, wie lange vor dem Mord Sie die beiden erwischt haben?«
    Sie schien im Geiste nachzurechnen. »Ich schätze, das war so ungefähr ein Vierteljahr davor.«
    »Frau Leitner, könnten Sie sich vorstellen, dass Fritz Lenhardt auch einmal etwas mit einem Mann hatte?«
    »Mit einem Mann?« Sie sah mich an, als zweifle sie an meinem Verstand. »Auf keinen Fall!«
    »Wieso nicht?«
    »Wird ihm das etwa nachgesagt? Wer behauptet so etwas?«
    »Einer seiner Freunde hat es angedeutet.«
    Sie ließ sich gegen die Lehne ihres Stuhls sinken. »Und der will mit ihm ein Verhältnis gehabt haben?« Sie schüttelte heftig den Kopf. »Der Mann lügt.«
    »Wie können Sie sich dessen so sicher sein? Es gibt schließlich auch Bisexuelle.«
    »Aber nicht Doktor Lenhardt«, beharrte sie und sah mich einen Augenblick lang fast feindselig an.
    Ich hatte verstanden. Ich durfte ihr Fragen stellen, aber ich durfte nicht an dem Bild kratzen, das sie sich von ihrem ehemaligen Chef bewahren wollte. Ich zog mein Notizbuch aus der Tasche, entnahm ihm ein Foto und schob es über den Tisch zu ihr hinüber. »Haben Sie diesen Mann schon einmal gesehen?«
    Sie nahm das Foto in die Hand. Während sie es betrachtete, runzelte sie die Stirn und massierte sich die linke Schläfe. »Möglich … aber …«
    Um zu verhindern, dass sie sich an Ben nur wegen der Suchplakate, die ich damals aufgehängt hatte, erinnerte, hatte ich ein völlig anderes Foto ausgewählt. Gespannt hielt ich den Atem an.
    »Sie könnten ihm im Institut begegnet sein«, versuchte Martin ihr auf die Sprünge zu helfen.
    Wie in Zeitlupe nickte sie. Mit geschlossenen Augen und einer knappen Handbewegung bedeutete sie uns, sie nicht zu stören.
    »Könnte er Samenspender gewesen sein?«, fragte ich, als mir die Geduld ausging.
    Sie schlug die Augen auf. »Wer ist der Mann überhaupt?«
    »Er ist mein Bruder.«
    »Und weswegen wollen Sie wissen, ob ich ihn schon einmal gesehen habe? Ist er derjenige, der behauptet, Doktor Lenhardt hätte etwas mit Männern gehabt?«
    »Nein«, antwortete ich schnell.

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