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Das verstummen der Kraehe

Das verstummen der Kraehe

Titel: Das verstummen der Kraehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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hinter Gitter zu bringen. Das Messer mit seinen Fingerabdrücken und ein Haar waren völlig ausreichend. Für das Motiv hat er selbst gesorgt. Armer Fritz. Da saß er im Gefängnis und hatte genügend Zeit, über seine Sünden nachzudenken. Aber er war ein Schwächling. Hat es nicht ausgehalten. Vielleicht war er tatsächlich vom anderen Ufer, wer weiß? Das hätte dem Ganzen zusätzlich eine kleine, höchst perfide Note verliehen.«
    »Was haben Sie zu ihm gesagt, als Sie ihn im Gefängnis besucht haben?«
    »Wie zutiefst ich ihn bedaure. Und das war nicht mal gelogen. Er war ein bedauernswertes Häufchen Elend, wie er mir da gegenübersaß.«
    »Hat er Ihnen jemals eine homosexuelle Neigung gestanden, wie Sie behauptet haben?«
    »Das war bloß Futter für Ihren blinden Eifer. Aber jetzt habe ich mal eine Frage an Sie, Frau Mahlo. Wussten Sie damals, dass Ihr Bruder seinen Schwuchtelsamen spendete?«
    »Nein.«
    »Aber Sie wussten, dass er eine Schwuchtel war?«
    »Mein Bruder hat zum Glück kein Geheimnis aus seiner Homosexualität gemacht.«
    Er betrachtete mich, als sei ich Abschaum. In gemächlichen Schritten kam er auf mich zu und schraubte den Deckel des Behälters ab, den er in der Linken hielt. Ich konnte lesen, was darauf stand: Brennspiritus. Er ließ den Deckel achtlos fallen und begann, die Zeitungen um mich herum mit der Flüssigkeit zu tränken. Dann bespritzte er meinen Overall und nahm sich schließlich die Polstermöbel und Gardinen vor. Anschließend verteilte er die Grillanzünder.
    »Haben Sie jemals bereut, Ben und Ihren Freund Konstantin umgebracht zu haben?«, fragte ich, am ganzen Körper zitternd. Ich versuchte so flach wie möglich zu atmen.
    Als Antwort würdigte er mich nicht einmal eines Blickes. Konzentriert sah er sich im Raum um und schien sein Werk zu begutachten.
    »Sie machen einen Fehler, wenn Sie das Haus anzünden. Der Brandsachverständige wird nachweisen, dass Brandbeschleuniger eingesetzt wurden. Damit kommen Sie nicht durch.«
    Mit zwei Schritten war er bei mir, riss mir das Tuch vom Kopf und griff in meine Haare. Als ich vor Schmerz aufschrie, packte er noch fester zu.
    »Ich mache keine Fehler«, hauchte er mir ins Ohr. »Ich bin durch eine gute Schule gegangen. Mir passieren keine Fehler, verstanden?«
    »Die Spuren der Kabelbinder an meinen Gelenken werden sich nachweisen lassen.«
    Er ließ meine Haare los und versetzte meinem Kopf einen kräftigen Schlag, sodass er nach vorne flog. Meine Angst war größer als der Schmerz und die Hoffnung stärker als die Angst. Ich hätte nicht sagen können, woraus sie sich speiste, rational war sie nicht. Ich konzentrierte mich auf meine Mutter, hoffte, sie würde irgendetwas davon spüren, eine Intensität, eine Angst, die sie handeln ließ. Hoffte …
    Er vergoss den letzten Tropfen Brennspiritus und ließ den leeren Behälter fallen. Dann zog er das Feuerzeug aus der Hosentasche und legte den Daumen auf das kleine Metallrädchen. »Selbst wenn hier morgen fünf Brandsachverständige antanzen und ebenso viele Rechtsmediziner übermorgen Fesselspuren an Ihrer Leiche nachweisen – glauben Sie allen Ernstes, mir könnte das schaden? Ich habe kein Motiv. Ich habe doch ein gesteigertes Interesse daran, dass Sie leben und Theresas Erbe verteilen. Mir wird nichts nachzuweisen sein.« Sichtlich zufrieden spielte er mit dem Feuerzeug in seiner Hand.
    »Was, wenn Ihre Frau skeptisch wird? Sie weiß, dass ich ihr Geheimnis kenne. Wird sie nicht irgendwann eins und eins zusammenzählen?«
    Sein Blick schien zu sagen, dass ich nichts, aber auch gar nichts verstanden hatte. »Meine Frau hat das alles auf sich genommen, um mir unseren Sohn zu schenken. Sie würde alles tun, um unsere Familie zu schützen. Ganz genauso wie ich.«
    »Ist es nicht Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet Ihre Frau es war, die eine Verbindung zu meinem Bruder hergestellt hat? Hätte sie Theresa nicht davon erzählt …«
    Plötzlich hielt er einen alten Lappen in der Hand, den er in zwei Hälften riss. Die eine ließ er fallen, die andere knüllte er zusammen. Grob griff er in meine Haare und versuchte mir den Lappen in den Mund zu stopfen.
    Ich kämpfte gegen seinen Griff und riss den Kopf zur Seite. »Warten Sie!«, flehte ich. »Ich habe nur noch eine Frage. Was meinten Sie damit, als Sie sagten, Sie seien durch eine gute Schule gegangen? Wo haben Sie gelernt, keine Fehler zu machen? Auf einem Internat? Oder beim Militär?« Wo lernte man überhaupt, keine

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