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Das verstummen der Kraehe

Das verstummen der Kraehe

Titel: Das verstummen der Kraehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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Hackergruppe kommen?«
    »Er sollte sich in der Szene umhören und signalisieren, dass er nicht abgeneigt sei, seine Fähigkeiten als Black Hat Hacker zu versilbern.«
    »Als was?«
    »Das sind die mit den kriminellen Absichten. Die anderen werden als White Hat Hacker bezeichnet. Die nutzen ihre Fertigkeiten nur im Rahmen der Gesetze und ihrer Ethik, handeln aus Neugier und mit dem Ziel, die Technologie zu beherrschen. Nicht, sie zu missbrauchen.«
    Allmählich begann ich innerlich zu kochen. »Die haben ihn einfach in die Höhle des Löwen geschickt? Haben ihn als Kanonenfutter benutzt, um an Informationen zu kommen? Einen vierundzwanzigjährigen naiven Jungen?«
    »Mit Naivität dringt man nicht ins Netzwerk eines Pharmakonzerns ein. Das muss man schon können.«
    »Als Ben verschwand, wussten da die Ermittler von seiner Informantentätigkeit?«
    »Nein, aber die, die davon wussten, hatten ein Auge drauf. Bevor du dich jetzt aufregst, Kristina, es gab nicht den kleinsten Hinweis darauf, dass sein Verschwinden mit dieser Sache zu tun hatte.«
    »Wie wollen sie das denn wissen? Es gab ja keine einzige Spur. Es ließ sich nicht einmal herausfinden, wo er an dem Tag war. Eigentlich hätte Ben Vorlesung gehabt, aber er meinte zu seinen Mitbewohnern, er habe keine Lust und wolle lieber eine Runde mit seinem Rad drehen. Wir wissen nicht mal, ob er das tatsächlich getan hat, denn das Fahrrad stand an seinem angestammten Platz, als die beiden anderen später aus der Uni zurückkamen. Nur von Ben gab es keine Spur.« Als ich merkte, dass meine Stimme sich überschlug, holte ich tief Luft und atmete langsam aus. Ich wartete einen Moment, bevor ich weitersprach. »Die haben das Leben eines Studenten, der den Kopf voller Flausen hatte, aufs Spiel gesetzt. Und im Nachhinein verharmlosen sie alles, damit sie aus der Verantwortung raus sind.«
    Martin sah mich mitfühlend an. »Der eine oder andere hat es sich möglicherweise so einfach gemacht, das kann ich nicht beurteilen. Aber der, mit dem ich gesprochen habe, dem geht die Sache nach. Er hat sich damals intensiv mit dem Verschwinden deines Bruders befasst.«
    »Frag mich mal!« Ich sprang auf und lief vor dem Fenster auf und ab. »Ist diese kriminelle Gruppe in der Zwischenzeit wenigstens aufgeflogen?«
    »Nein.«
    »Und wieso nicht?«
    »Vermutlich weil sie sehr gut organisiert war oder ist, bei der Auswahl der Mitglieder größte Sorgfalt walten lässt und bei Fehltritten drakonische Strafen verhängt.«
    »Klingt nach Mafia.«
    »Es ist ein ähnlich funktionierendes System.«
    »Und da sollte sich mein Bruder reinschmuggeln? Was für eine Irrsinnsidee. Das ist doch wie David gegen Goliath.«
    »Auch Goliath hat mal klein angefangen, und zu der Zeit, als sie deinen Bruder drauf angesetzt haben, war die Organisation gerade erst aus den Kinderschuhen heraus.«
    Ich setzte mich wieder hin, stützte die Ellenbogen auf und verbarg das Gesicht in meinen Händen.
    »Kristina?«, hörte ich Funda von der Tür her fragen.
    Ich drehte mich zu ihr um. »Was immer es ist, es muss warten.«
    Sie nickte und schloss die Tür.
    »Und das hat dir dein alter Spezi alles ganz freimütig erzählt?« Erst jetzt wurde mir bewusst, wie selbstverständlich ich zum Du übergegangen war.
    »Er vertraut mir.«
    »Der Mann geht ein ziemliches Risiko damit ein.«
    »Ich auch. Wenn du damit hausieren gehst, habe ich ein Problem und mein Spezi ein noch viel größeres.«
    »Wie soll ich das denn für mich behalten? Weißt du, was du da von mir verlangst?«
    »Wenn ich es dir nicht zutrauen würde, hätte ich es dir nicht erzählt. Dein Bruder ist seit sechs Jahren verschwunden. Die Wahrscheinlichkeit, dass er noch am Leben ist, tendiert gegen null und …«
    »Meine Eltern haben ein Recht darauf zu erfahren, was mit ihm geschehen ist.«
    »Niemand weiß, was mit ihm geschehen ist, Kristina.« Er sprach meinen Namen fast zärtlich aus. »Willst du ihnen das Herz mit Informationen darüber schwer machen, womit er sich vor seinem Verschwinden beschäftigt hat? Wenn du mit jemandem darüber reden willst, melde dich. Du weißt, wo du mich finden kannst.« Er stand auf und schob seinen Stuhl gegen die Tischkante.
    Ich stand ebenfalls auf. »Warum ist dein Kontaktmann dieses Risiko eingegangen?«
    »Frag mich lieber, warum ich dieses Risiko eingegangen bin.« Er kam ein paar Schritte auf mich zu und blieb nur Zentimeter vor mir stehen.
    »Besser nicht.«
    Er sah mir einige Sekunden tief in die Augen und

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