Das verstummen der Kraehe
Restaurant haben Sie gegessen?«
»Im Garden, das Atelier hat montags leider geschlossen.«
»Waren Sie mit dem Auto oder mit Öffentlichen unterwegs?«
»Mit dem Auto. Wenn Sie der Parkbeleg interessiert, kann ich Ihnen den gerne aus meiner Buchhaltung raussuchen.«
Henrike senkte den Blick auf ihren Block und machte einige Notizen.
»Und Sie, Herr Doktor Angermeier?«, wandte ich mich an den Arzt.
Er verschränkte die Arme vor der Brust und sah mich missbilligend an. »Was passiert, wenn ich sage, dass Sie das gar nichts angeht?«
»Nichts.«
»Was soll das Ganze dann überhaupt?«
»Ich möchte sichergehen, dass die Angriffe, denen ich ausgesetzt war, nicht von Ihrem Kreis ausgehen.«
»Übertreiben Sie da nicht ein wenig? Ich meine, ein anonymer Anruf und Kondome mögen Ihnen unangenehm sein, aber daraus gleich einen Angriff zu machen …«
»Was ist denn an dem Montagabend überhaupt passiert?«, fragte Beate Angermeier. Sie hatte ihre Gehhilfen links und rechts von sich aufgestellt, als sei sie auf dem Sprung und wolle sich jeden Moment erheben.
»Ich wurde überfallen.«
Sie zog die Brauen zusammen und sah mich zweifelnd an. »Und Sie glauben, das war jemand von uns? Das ist eine ziemliche Unterstellung.« Sie tauschte Blicke mit ihren Freunden. »Aber auch eine, die sich schnell ausräumen lässt. Zum einen verbietet mir mein Kreuzbandriss Überfälle jedweder Art. Und zum anderen war ich Montagabend bei Rena eingeladen.«
Rena Velte bestätigte mir das mit einem Nicken und wandte sich gleich darauf an Nadja Lischka. »Das war eine ganz spontane Idee, Nadja, ich habe es bei dir gar nicht erst versucht, weil du ja abends meistens Kurse gibst.«
Wieder meldete Henrike sich zu Wort. »Ich habe eine Frage an Sie, Frau Velte, und Sie, Frau Doktor Angermeier. Und ich bitte Sie, ohne zu zögern und gleichzeitig zu antworten: Um wie viel Uhr waren Sie verabredet?«
»Um acht«, sagten sie wie aus einem Mund.
»Und haben Sie gemeinsam gegessen?«
»Ja«, sagten beide.
»Ich hatte Montagabend tatsächlich einen Kurs«, sagte Nadja Lischka unaufgefordert. »Mit sieben Frauen. Hormonyoga, um genau zu sein.«
Bei dem Wort Hormonyoga hob Christoph Angermeier spöttisch die Augenbrauen und gab einen despektierlichen Laut von sich.
Nadja Lischka schien das eher zu amüsieren. »Ich mache gerne einmal eine Fortbildungsveranstaltung für euer Institut zum Thema Chancenerhöhung einer Schwangerschaft auf natürlichem Wege . Außer, du ziehst es vor, die natürlichen Methoden zur Fruchtbarkeitssteigerung weiterhin zu ignorieren.«
»Okay«, beendete ich diesen Schlagabtausch und fasste das bisherige Ergebnis zusammen. »Dann habe ich jetzt vier Alibis für den Montagabend. Das ist ja schon mal ganz ordentlich. Möchten Sie sich anschließen, Herr Doktor Angermeier, oder …?«
»Ich möchte ganz und gar nicht, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie aus meiner Weigerung die falschen Schlüsse ziehen würden. Also fange ich mal hinten an: Am Montagabend war ich mit meiner Mutter essen. Meine Frau konnte leider an dem Essen nicht teilnehmen, da sie mit ihrer Freundin verabredet war.« Der Ton, in dem er es sagte, ließ auf leichte Differenzen zwischen den Ehepartnern schließen. »Meine Mutter geht zwar auf die achtzig zu, sie wird sich jedoch an unser Treffen erinnern. Und was den vergangenen Donnerstag betrifft …«
»Ich würde gerne noch kurz beim Montagabend bleiben«, unterbrach ich ihn. »Sie sagten, Sie waren mit Ihrer Mutter essen. Es würde mich interessieren, wo das war, schließlich haben montags sehr viele Restaurants geschlossen.«
»Wir waren im Freihaus Brenner in Bad Wiessee.«
»Warum ausgerechnet dort?«
»Meine Mutter wohnt in Bad Wiessee. Außerdem ist es ihr Lieblingsrestaurant. Möchten Sie auch noch wissen, was wir gegessen haben und welcher Kellner uns bedient hat?«
»Nicht nötig.« Ich winkte ab. »Und am Donnerstagnachmittag?«
»Siebzehn Uhr fünfzehn, sagten Sie?«
Ich nickte.
»Ich komme selten vor neunzehn Uhr aus dem Institut. Das wiederum wird Ihnen meine Frau bestätigen können, die übrigens am vergangenen Donnerstagnachmittag in der fraglichen Zeit mit mir zusammen ein Gespräch mit einem Patientenpaar hatte.«
»Und daran erinnern Sie sich auf Anhieb noch so genau?«
»Würden Sie das Paar kennen, würden Sie diese Frage nicht stellen«, sagte Beate Angermeier.
Henrike räusperte sich und blickte auf ihre Aufzeichnungen. »Dann fehlen uns jetzt nur noch
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