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Das verstummen der Kraehe

Das verstummen der Kraehe

Titel: Das verstummen der Kraehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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die Angaben von Frau Lischka und Frau Velte zum Donnerstagnachmittag.«
    »Ich war mit unserem Sohn bei seinem Fußballtraining. TSV Gräfelfing«, sagte Rena Velte und richtete dann den Blick auf Nadja Lischka, die ihr gegenübersaß.
    »Moment noch bitte«, sagte Henrike. »In welcher Mannschaft spielt Ihr Sohn?«
    »Bei den Junioren in der F1, falls Sie damit etwas anfangen können.«
    »Kann ich«, antwortete Henrike, ohne mit der Wimper zu zucken.
    »Und Sie, Frau Lischka?«, fragte ich.
    Die Witwe presste die Lippen zusammen und blies Luft durch die Nase. »Ich hatte einen Termin bei der Bank. Es ging um meinen Dispo.« Sie hob den Blick und sah mich an.
    »Um welche Bank handelt es sich?«
    »Commerzbank, Filiale Bonner Platz. Man hat mir dort eine Frist gesetzt, um mein Minus auszugleichen. Was meinen Sie, wie lange es noch dauern wird, bis …?«
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen, Frau Lischka. Tut mir leid. Aber das Ganze kann sich noch einige Zeit hinziehen.«
    »Viel Zeit bleibt mir nicht.« Ihr war der Druck, unter dem sie stand, deutlich anzumerken.
    »Warum sagst du denn nichts, Nadja?«, herrschte Beate Angermeier sie ungehalten an. »Wir haben oft genug angeboten, dir zu helfen. Aber wir können dir das Geld nicht hinterhertragen, du musst schon den Mund aufmachen!«
    »Dafür sind Freunde schließlich da«, meldete sich auch Tilman Velte zu Wort. »Und wir tun es nicht nur für dich und die Kinder, sondern auch im Gedenken an Konstantin. Aber wir können schließlich nicht ahnen, wie es um dich steht …«
    Nadja Lischka lachte laut auf und pustete sich eine hellblonde Locke aus der Stirn. »Was gibt es denn da zu ahnen? Du weißt, was der Lebensunterhalt in München kostet! Du hast mit Sicherheit eine Vorstellung davon, dass sich mit einer Yogaschule keine Reichtümer anhäufen lassen. Und du müsstest bestens darüber informiert sein, in welcher Scheiße ich nach Konstantins Tod gesessen habe! Was soll sich in den vergangenen sechs Jahren groß daran geändert haben? Kannst du mir das mal sagen?« Sie spie die Worte aus, als würde ihr übel, wenn sie noch länger in ihr gärten. Dann sah sie ihre Freunde der Reihe nach an. »Und wenn ich schon mal dabei bin: Habt ihr auch nur die leiseste Vorstellung davon, wie es ist, auf Almosen angewiesen zu sein? Ihr mit euren barmherzigen Angeboten! Melde dich, wenn du was brauchst «, äffte sie die anderen nach. »Verdammt noch mal! Wisst ihr, wie schwer das ist? Wie elend man sich fühlt? Warum hat nicht einer von euch in all den Jahren einfach mal ein Konto für die Kinder eröffnet und regelmäßig etwas eingezahlt?« Ihr liefen die Tränen übers Gesicht. Sie wischte sie mit einer fahrigen Geste fort.
    Beate Angermeier reichte ihr ein Papiertaschentuch. Nadja Lischka nahm es, zerknüllte es und warf es vor sich auf den Tisch. Als Christoph Angermeier daraufhin seine Hand nach ihr ausstreckte, warf sie ihm einen unmissverständlichen Blick zu. Er zuckte zurück.
    »Und wenn hier irgendeiner von euch meint, mit Frau Mahlo Spielchen spielen zu müssen, um sie einzuschüchtern, dann warne ich denjenigen …« Sie sah alle der Reihe nach an. »Konstantin hat mir eine Menge erzählt vor seinem Tod.«
    »Wenn es dabei um seine Weibergeschichten ging, dann hatte er ganz sicher viel zu erzählen«, sagte Christoph Angermeier mit einem unverhohlenen Anflug von Häme.
    Nadja Lischka griff nach dem Taschentuch und wischte sich das Gesicht trocken. »Ihr habt alle eure Leichen im Keller, und ich weiß, wo sie versteckt sind. Falls ihr glaubt, ihr könntet mich mundtot machen, kann ich nur sagen, dazu ist es zu spät. Ich hatte gestern Abend ein ausführliches Gespräch mit Frau Mahlo.«
    Augenblicklich entstand ein empörtes Stimmengewirr. Christoph Angermeier schlug ungehalten mit der Faust auf den Tisch, sodass das Wasser in den Gläsern schwappte. »Ich glaube, du hast sie nicht mehr alle«, sagte er in scharfem Ton. »Was du da in den Raum stellst, ist eine bodenlose Unverschämtheit. Du kannst froh sein, dass wir hier eine Art geschlossene Gesellschaft sind, sonst würde ich …«
    »Was würdest du?« Sie streckte den Rücken durch und hob angriffslustig das Kinn.
    Ich wollte gerade verbal dazwischengehen, als Henrike mir ein Zeichen gab, es laufen zu lassen.
    »Und du erwartest von uns, dass wir deinen Kindern Konten einrichten?«, meldete Tilman Velte sich zu Wort. Er zog das Revers seines eleganten Sakkos zurecht. »Zur Belohnung für den Mist, den du da

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