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Das vertauschte Gesicht

Das vertauschte Gesicht

Titel: Das vertauschte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Heuhaufen.«
    »Mhm.«
    »Denkst du an das Sperma? Überlegst du, ob es eine Bekanntschaft dieser Art war?«
    »Ja.«
    »Das ist immerhin eine Theorie. Sie haben sich durch eine Anzeige kennen gelernt.«
    »Das ist doch nicht ausgeschlossen? So was passiert offenbar häufiger.«
    »Das Bedürfnis der Menschen nach Zärtlichkeit und Nähe«, sagte Ringmar. »Ein wachsendes Bedürfnis.« »Das sich neue Wege sucht.«
    »Bei Valkers haben wir keine Pornos gefunden«, sagte Ringmar.
    »Filme«, sagte Winter. »Da könnte man anfangen. Wir sollten die Videoverleiher in der Umgebung fragen.«
    »Und dann? Selbst wenn sie sich hin und wieder einen Porno ausgeliehen haben und wir das rauskriegen, bezweifle ich, ob uns das weiterbringt. Wahrscheinlich würde man über die Ausleihstatistik von Pornofilmen staunen.«
    »Wie meinst du das?«
    »Vielleicht leiht sich jeder mal einen aus. Der Vorsitzende vom Gemeinderat. Pastoren. Sture Birgersson.«
    Winter lächelte und dachte an den Chef des Fahndungsdezernats. Birgersson war auf seiner jährlichen Reise mit unbekanntem Ziel, und Winter hatte nicht die Absicht, ihn zu dem Thema zu befragen.
    »Oder man kauft sie sich im Internet«, sagte Ringmar. »Einfach und diskret.«
    »Ja, ja.«
    »Hast du selbst auch schon mal dran gedacht?«
    »Pornofilme zu leihen? Wirklich nicht. Das wäre nichts für mich.«
    »Nicht dein Stil?«
    »Überhaupt nicht mein Stil.«

37
    Als Angela die Wohnungstür schloss und er hörte, wie ein Stiefel nach dem anderen auf den Fußboden fiel, öffnete er den Backofen und holte die kleinen gespickten Waldschnepfen heraus, die noch ein Weilchen ruhen mussten. Es war halb zehn.
    »Was ist das?« Angela war direkt in die Küche gekommen, vielleicht von den Düften angezogen. »Friedenstauben?«
    »Es ist nur ein kleines Abendessen.«
    »Versuch's nicht.«
    Winter bereitete die Salatsoße vor, rührte einen Teelöffel französischen Senf ins Olivenöl und drei Tropfen Honigessig.
    »Mir schwant was«, sagte Angela. »Da steckt doch was dahinter.«
    »Du darfst raten«, sagte er und schichtete verschiedenfarbene Salatblätter auf die Soße in der Schüssel und nickte zu den Waldschnepfen, als ob es sich nur um sie handelte.
    Sie ging zur Anrichte und schnupperte. Die Vögel hatten eine schöne Farbe.
    »Perlhühner?«
    »Nein.«
    »Ich geb auf.«
    »Schon?«
    »Ich bin müde.«
    Sie setzte sich auf den Stuhl und massierte die Zehen an ihrem linken Fuß. Ihr Bauch war jetzt eine ordentlich gerundete Realität. An der Ferse ihrer Strumpfhose war ein kleines Loch. Im Schein der Herdleuchte und der beiden Kerzen auf dem Tisch sah er, dass sie Schatten unter den Augen, ihr Gesicht aber immer noch Farbe vom Winter da draußen hatte. Das Haar wirkte kraftlos, wie ausgetrocknet nach einem Nachmittag und Abend in der Klinik, wo die Luft schlecht war.
    Sie schaute auf, die Haare fielen zur Seite, und die Schatten waren weg. Ihr Gesicht war wieder lebendig. Sie bewegte die Hand vorsichtig über der einen Kerzenflamme. »Heute hatten wir einen Skandal in der Klinik, einen richtigen Skandal.« Sie ließ die Hand weiter über der Flamme spielen, ohne ihn anzusehen. »Der Chef hat gekündigt. Mit viel Trara. Ist einfach vom Schreibtisch aufgestanden und gegangen.« Sie lächelte. »Unser lieber Krankenhausdirektor erschien mit den neuesten Einsparvorschlä... nein beschlüssen bei Olsen. Ich war grad bei einem Patienten und hab nichts gehört, aber die anderen haben erzählt, dass aus Olsens Zimmer ein Brüllen ertönte, und dann kam er ohne Mantel rausgestürmt und Boersma hinterher und sah verlegen aus.«
    »Es war wohl an der Zeit.«
    »Was?«
    »Dass der Direktor verlegen wird.«
    »Das perlt von ihm ab wie Wasser an einer Ga...«, sagte sie und sah zu dem kleinen Vogel, der ihr am nächsten lag und immer noch duftete und schwach dampfte. »Das ist doch keine Ente?«
    »Weißt du, wie groß eine Ente ist?«
    Sie schien ihre Frage vergessen zu haben, nahm die Hand von der Kerzenflamme, massierte den rechten Fuß.
    »Olsen ist nicht zurückgekommen. Eine halbe Stunde später hat er angerufen und mitgeteilt, dass er heute nicht mehr zurückkäme. Und morgen auch nicht. Überhaupt nie mehr.«
    »Dann seid ihr noch weniger, die die ganze Arbeit schaffen müssen.«
    »Ja. Aber vielleicht bringt das auch was Gutes mit sich.«
    »Ich hab was Gutes mitgebracht«, sagte Winter und gestikulierte in Richtung der Waldschnepfen, während er gleichzeitig den Backofen öffnete und die

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