Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
einigem Beistand seitens seiner Begleiter blieb Covenant die ganze Nacht hindurch auf den Füßen. Die Dunkelheit lag kühl und besänftigend über die Südlandebenen gebreitet, als wäre all die feurige Verwünschung des Sonnenübels mit ihrem Anbruch hinweggefegt worden, aufgesaugt durch die Abgründe aus Mitternacht zwischen den Sternen. Und der sandige Grund des Mithil ermöglichte ein zügiges Vorankommen. Covenant hielt sich zu flottem Tempo an. Die Sonnengefolgschaft hatte seinen Tod zum Gebot erhoben. Solange der Mond am Nachthimmel stand, vermochte Covenant aller neuen Schwäche die Stirn zu bieten; nach dem Monduntergang allerdings gerieten seine sämtlichen Bewegungen abermals zu einem Dahinschleppen vergänglichen Fleischs, abhängig von so vielem und ohne Aussichten.
    Sie rasteten vor der Morgendämmerung; aber noch ehe sich die Sonne zeigte, scheuchte Sunder sie wieder auf. »Das Unheil des Sonnenübels zieht wiederum herauf«, sagte er leise. »Ich habe erlebt, daß eure Fußbekleidung euch Schutz gewährt. Dennoch wollte es mein Herz erleichtern, würdet ihr euch zu mir auf Stein gesellen.« Er nickte hinüber zu einer umfangreichen Fläche von Felsboden, einem Stück Untergrund aus bloßem Stein, großflächig genug, um zwei Dutzend Personen Zuflucht zu bieten. Tattrig, aus Erschöpfung in unaufhörliches Geschlotter verfallen, richtete sich Covenant auf. Gemeinsam stellten die drei sich auf den Stein, um dem neuen Tag entgegenzusehen.
    Als die Sonne über den Horizont stieg, stieß Sunder einen Schrei der Aufregung aus. Das Braun war verschwunden. Statt dessen trug die Sonne eine Korona in Apfelgrün. Der hellgrüne Glanz auf Covenants Gesicht fühlte sich wohltuend und angenehm an, wirkte nach dem grausamen Glühen der wüstengleichen Sonne des Vortags fast wie eine Zärtlichkeit. »Die Sonne der Fruchtbarkeit!« frohlockte Sunder. »Das wird die Verfolgung erschweren, selbst einem Gefolgsmann.« Er sprang vom Felsboden, als sei er verjüngt worden, und wieselte umher, um einen freien Flecken sandigen Untergrunds ausfindig zu machen. Mit dem Dolch zog er im Sand hastig zwei flüchtige Furchen und füllte eine Handvoll seiner Ussusimiel -Kerne hinein. »Zuerst werden wir zu essen haben«, rief er. »Kann das Wasser lang auf sich warten lassen?«
    Covenant drehte sich nach Linden um in der Absicht, sie zu fragen, was sie im Grün der Sonne sah. Ihr Gesicht wirkte abgeschlafft und aufgedunsen, wies keine Spur der Erregung auf, die Sunder ergriffen hatte; sie trieb sich zu hart an, verlangte zuviel von ihrer allzu stark geforderten Moral. Und Ihre Augen schauten stumpf drein, als werde sie von den Dingen geblendet, die sie sah – inneren wesenseigenen Dingen, die weder Covenant noch Sunder zu unterscheiden verstanden. Covenant begann eine Frage zu formulieren; doch da beanspruchte urplötzlich der Sonnenschein seine volle Aufmerksamkeit. Er starrte hinüber zum westlichen Ufer. Das Licht der Sonne hatte bereits einen Teil des Geländes neben dem Flußbett erfaßt. Und wo es auch den Erdboden berührte, überall schossen frische grüne Sprößlinge und Schößlinge hervor. Sie wuchsen mit sichtbarer Geschwindigkeit. Überm Rand des Flußufers wucherten ein paar Sträucher hoch genug empor, um von unten gesehen werden zu können. Grün breitete sich aus wie ein Mantel, folgte den Sonnenstrahlen ans Ostufer; die Pflanzen schienen sich der Erde zu entwinden. Da und dort reckten sich junge Bäume gen Himmel. Wohin der grünliche Sonnenschein auch fiel, verschönerte das Sprießen von Gewächsen das Ödland der vergangenen drei Tage.
    »Die Sonne der Fruchtbarkeit«, schnaufte Sunder freudig. »Niemand weiß, wann sie aufgeht. Aber wenn sie scheint, bringt sie dem Lande Leben.«
    »Unmöglich«, flüsterte Covenant. Unablässig blinzelte er, unbewußt darum bemüht, seine Sicht zu klären; entgeisterten Blicks sah er mit an, wie an der Böschung massenweise Gräser und Klimmen aufsprossen; er starrte die jungen Bäume an, die jenseits des Gestrüpps am Ufer aufragten. Der Vorgang war gespenstisch und weckte in Covenant Furcht. Er verstieß gegen sein instinktives Gespür für das Gesetz des Landes. »Unmöglich.«
    »Fürwahr!« Der Steinmeister lachte gedämpft vor sich hin. Seit dem Einsetzen des Sonnenaufgangs machte er einen wie neugeborenen Eindruck. »Traust du deinen Augen nicht? Nun mußt du sicherlich eingestehen, daß im Sonnenübel Wahrheit ist.«
    »Wahrheit ...?« Covenant hörte kaum, was

Weitere Kostenlose Bücher