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Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Sunder redete. Seine Fassungslosigkeit nahm ihn voll in Beschlag. »Es gibt noch Erdkraft ... soviel ist offensichtlich. Aber so ist das hier früher nie gelaufen.« Er empfand ein Frösteln, das ihn vor Gefahren warnte. »Was stimmt mit dem Gesetz nicht?« Konnte es daran liegen? Hatte Foul irgendeinen Weg gefunden, um das Gesetz des Landes unwirksam zu machen? Das Gesetz?
    »Mein Vater Nassic hat oft vom Gesetz gesungen«, plauderte Sunder aus. »Doch nicht einmal er wußte etwas über die Bedeutung. Was heißt das, Gesetz?«
    Covenant stierte den Steinmeister blicklos an. »Das Gesetz der Erdkraft.« Furchterregende Spekulationen schnürten ihm die Gurgel ein; Grauen wühlte in seinen Eingeweiden. »Die natürliche Ordnung. Jahreszeiten. Wetter. Wachsen und Vergehen. Was ist daraus geworden? Was hat er bloß angerichtet?«
    Sunder schnitt eine mißmutige Miene, als wären Covenants Fragen nur Unkenrufe mit keinem anderen Zweck, als ihm die frohe Laune zu verderben. »Von derlei Angelegenheiten verstehe ich nichts. Ich kenne das Sonnenübel ... und die Predigt des na-Mhoram, die's uns gestattet, dennoch zu leben. Aber Jahreszeiten ... Gesetz ... Diese Begriffe sind ohne Bedeutung.«
    Ohne Bedeutung , jammerte Covenant inwendig. Ja, natürlich. Wenn es kein Gesetz mehr gab, es schon seit Jahrhunderten nicht mehr existierte, konnte der Steinhausener freilich nichts davon verstehen. Impulsiv wandte sich Covenant an Linden. »Sag ihm, was du siehst.« Sie schien ihn nicht zu hören. Sie stand neben der Ausdehnung von Felsboden und erregte den Eindruck hilflosen Stumpfsinns. »Linden«, rief er, heimgesucht von zutiefst menschlicher Furcht. »Sag ihm, was du siehst.«
    Lindens Mund zuckte, als sei seine Forderung ein Akt der Brutalität. Sie pflügte die Hände durch ihr Haar, hob den Blick zur grün umrandeten Sonne, betrachtete die mit dichtem Grün bewachsenen Ufer. Mit einem Schaudern ließ sie, was sie wahrnahm, auf sich wirken. Der Widerwille, den sie zeigte, war alles, was Covenant zur Kenntnis zu nehmen brauchte. Dieser Anblick war für ihn wie eine Sekunde der Teilhabe an ihrer Sicht, einer flüchtigen Begnadung oder einem Geschlagenwerden seiner Sinne mit jenem Wahrnehmungsvermögen, das ihm bei diesem Aufenthalt im Lande fehlte. Auf einmal kamen das lange Gras und die verschlungenen Klimmen, die dichtbelaubten Büsche und jungen Bäume ihm nicht länger üppig und gesund vor. Statt dessen erkannte er in ihnen Raserei, Hysterie. Sie entsprangen dem Mutterboden nicht aus spontaner Fruchtbarkeit; vielmehr zwang die unnatürliche Geißel der Sonne sie zum Wachsen. Die Bäume schienen sich an den Himmel krallen zu wollen wie Ertrinkende; der Efeu wand sich am Untergrund, als läge es auf glühenden Kohlen; das Gras schoß so schroff und harsch auf wie das Gellen eines Schreis. Die Anwandlung verging und ließ Covenant innerlich aufgewühlt zurück.
    »Alles ist falsch.« Linden rieb sich die Arme, als brächte das, was sie schaute, ihre Haut zum Jucken wie Läusebefall. Die Rötung ihres Sonnenbrands betonte ihre Gesichtszüge. »Krankhaft. Schlecht. Es dürfte nicht so sein. Das bringt mich schier um.« Unvermittelt kehrte sie sich ab und setzte sich auf die Erde, verbarg das Gesicht in den Händen. Ihre Schultern verkrampften sich, als wage sie nicht einmal zu weinen.
    Bringt dich um? wollte Covenant äußern; doch Sunder gab bereits einen lautstarken Kommentar ab.
    »Deine Worte haben keine Bedeutung! Dies ist die Sonne der Fruchtbarkeit! Sie ist nicht falsch . Sie ist ganz einfach von Zeit zu Zeit da . So war das Sonnenübel stets, seit das Zeitalter der Bestrafung begann. Schaut!« Ruckartig deutete er auf das sandige Fleckchen, an dem er die Samenkerne gepflanzt hatte. Mittlerweile schien die Sonne auf die Furchen. In ihrem Schein fingen Ussusimiel an zu gedeihen. »Dank der Sonne werden wir zu essen haben. Sie schenkt dem ganzen Lande Leben. Im Steinhausen Mithil hat nun – während ihr hier steht und Falschheit und Schlechtigkeit beschreit – jeder Mann, jedes Weib und jedes Kind zu singen angehoben. Wer bei Kräften ist, befindet sich bereits am Werk. Solange die Sonne der Fruchtbarkeit scheint, werden alle an ihrem Werk bleiben, bis sie vor Müdigkeit niedersinken. Zuerst gilt's, Stellen aufzuspüren, an denen das Erdreich sich eignet, um etwas zu säen, dann muß, bevor man säen kann, der Erdboden freigeräumt werden. Dreimal wird man am heutigen Tag säen und ernten, dreimal an jedem Tag, den die

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