Das verwunschene Haus
befunden hatte, wurde später freigesprochen, da man ihn zu seiner Tat gezwungen hatte. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis wurde er wieder voll in sein Amt eingesetzt.
Das Gericht ließ jedoch auch den übrigen Angeklagten gegenüber Milde walten. Keiner von ihnen wurde zum Tode verurteilt. Sie erhielten lediglich Gefängnisstrafen.
Der Henker von Tübingen nahm diese Urteilsverkündungen mit ebenso großer Erleichterung zur Kenntnis wie seinen eigenen Freispruch. In dieser dramatischen Geschichte wäre also keine weitere Enthauptung mehr notwendig.
Das verwunschene Haus
Tommy Robertson, ein junger Mann von neunundzwanzig Jahren, hat sich wie viele andere an diesem 7. Mai 1979 in den Büroräumen der Miller Building Company eingefunden, in der siebenundzwanzigsten Etage eines Wolkenkratzers in New York.
Während Tommy Robertson im Vorzimmer wartet, wirft er einen Blick nach links und rechts. Nüchtern registriert er, daß der Raum voller Menschen ist und daß sich mindestens fünfzig Leute auf die kleine Annonce hin gemeldet haben, was bei dem Text keineswegs erstaunlich ist: »Junges Ehepaar mit Kind zur Bewachung von Luxusvilla gesucht. Äußerst großzügige Bezahlung.«
Seit dem Beginn des Morgens verläßt ein Bewerber nach dem anderen mit gesenktem Kopf und enttäuschtem Gesichtsausdruck das Büro des Chefs, Philipp Miller. Was Tommy Robertson betrifft, so ist dieser wie seine Frau Kate schon ein Jahr lang arbeitslos. Es liegt nicht daran, daß er unfähig oder gar faul wäre: im Gegenteil, er wäre bereit, die schwersten Arbeiten auszuführen. Tommy ist ein großer, kräftiger Mann mit dunklem Haar, energischen Zügen und einem athletisch gebauten Körper. Er strotzt geradezu vor Gesundheit.
»Der nächste...«
Tommy steht auf und betritt, ohne sich große Hoffnungen zu machen, das Büro des Chefs. Philipp Miller empfängt ihn mit einer knappen Geste. Er ist ein Mann zwischen fünfunddreißig und vierzig, dessen Augen hinter den Brillengläsern ziemlich kalt wirken; der Inbegriff eines Geschäftsmannes, voller Tatendrang und skrupellos.
»Setzen Sie sich. Ich werde Ihnen jetzt einige Fragen stellen, und Sie antworten mir, ohne sich zu wundern und ohne irgendwelche Kommentare, okay?«
Tommy Robertson unterdrückt eine Grimasse. Der Kerl ist mehr als unsympathisch, aber in Tommys Situation hat man keine Wahl.
»Gut. Sie sind also verheiratet, und Sie haben ein Kind, den fünfjährigen Bob. Gehen Sie zur Kirche, Mr. Robertson?« Dieser Einstieg in das Thema ist zumindest völlig unerwartet. Tommy ist sich natürlich vollkommen darüber im klaren, daß es einen guten Eindruck erwecken würde, wenn er mit »ja« antwortet. Dennoch verspürt er plötzlich nicht mehr die geringste Lust, sich Mühe zu geben.
»Nein, ich setze niemals einen Fuß hinein.«
Zu seiner Überraschung hellt sich Millers Gesicht auf. »Bestens. Und Ihre Frau?«
»Meine Frau tut, was ich ihr sage.«
»Sehr schön. Sie glauben also nicht an Gott?«
»Nein, überhaupt nicht.«
»Und Sie sind auch nicht abergläubisch?«
»Das alles ist doch... ich meine, das ist doch alles Unsinn.«
»Großartig! Waren Sie im Krieg, Mr. Robertson?«
»Ja, ich war in Vietnam.«
»Ausgezeichnet. Sagen Sie, waren Sie damals je in einer Situation, wo Sie jemanden töten mußten?«
Tommy Robertson verliert immer mehr die Fassung. Er beschließt, aufs Ganze zu gehen.
»Und ob ich das mußte! Mehr als einmal!«
»Und wie haben Sie damals reagiert?«
»Es hat mich nicht weiter berührt.«
Philipp Miller steht auf.
»Ich muß Ihnen keine weiteren Fragen stellen, Mr. Robertson. Sie sind genau der Mann, den ich suche. Der Job gehört Ihnen.«
Tommy Robertson ist derart verblüfft, daß er nichts zu erwidern weiß.
Der andere fährt fort: »Ich werde Ihnen jetzt erklären, worum es sich handelt. Kennen Sie Southampton auf Long Island?« Tommy nickt. Ja, er kennt diesen luxuriösen Badeort, der etwa fünfzig Meilen von New York entfernt ist.
»Das Haus, um das es geht, liegt direkt am Meer. Es ist ein sehr großer Besitz mit siebzehn Zimmern, sechs Badezimmern, einem Swimmingpool, einem zwei Hektar großen Park und einem Privatstrand. Ihre Tätigkeit dort wird genau ein Jahr dauern.«
Tommy Robertson hat endlich die Fassung wiedererlangt. »Und wo sollen wir wohnen?«
»In der Villa natürlich! Um die Instandhaltung des Hauses brauchen Sie sich nicht zu kümmern. Sie haben drei Bedienstete zur Verfügung und zwei Autos. Ich komme
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