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Das verwunschene Haus

Das verwunschene Haus

Titel: Das verwunschene Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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meine Fingerabdrücke darauf waren. Deshalb habe ich den Revolver lieber behalten...«
    Ein Raunen geht durch die Zuhörerschaft. Das klingt alles sehr wahrscheinlich. Man kann sich gut vorstellen, daß der einfältige Nicklaus Hafner nach vollbrachter Tat gänzlich die Nerven verlor und den Revolver aus dem Fenster warf... Dennoch ist da die Zeugenaussage von Lisa Schwab, die ihren Mann offiziell des Verbrechens beschuldigt hat. Ihr gegenüber hatte er den Mord sofort hinterher zugegeben.
    Lisa Schwab tritt in den Zeugenstand, und nun kommt es zur zweiten großen Überraschung.
    »Ich habe gelogen, Herr Vorsitzender«, erklärt sie.
    »Wie bitte?«
    »Leopold hat nie zu mir gesagt, daß er die Kirchers umgebracht hat. Ich habe das erfunden, um mich an ihm zu rächen. Ich habe im Laufe unserer Ehe zu viel durchgemacht. Aber jetzt tut es mir leid. Ich will nicht, daß ein Unschuldiger verurteilt wird.«
    Lisa Schwab wird wegen falscher Zeugenaussage verhaftet, doch das löst nicht das Problem. »Ein Unschuldiger«, hat sie gesagt, als sie von ihrem Mann sprach. Und in der Tat brechen die Verdachtsmomente gegen ihn immer mehr zusammen. Leopold Schwab hat sich sehr gut aus der Affäre gezogen, was den Revolver betrifft, und nachdem seine Frau ihn entlastet hat, gibt es keinerlei Beweis mehr gegen ihn.
    Der nächste Zeuge ist niemand anderer als Nicklaus Hafner, und das Publikum hält den Atem an. Innerhalb weniger Minuten hat sich die Situation von Grund auf verändert. Der ehemalige Lehrling des Gemischtwarenhändlers ist nicht länger das unglückselige Opfer eines schrecklichen Justizirrtums. sondern mit einem Schlag ebenso verdächtig wie ganz zu Anfang. Wird er jetzt im Zeugenstand zusammenbrechen und die Tat erneut gestehen?
    Der Vorsitzende gibt sich alle Mühe und beginnt: »Herr Hafner, Sie sind kürzlich begnadigt worden. Aber selbst wenn Sie sich erneut schuldig bekennen, werden Sie für dasselbe Verbrechen kein zweites Mal bestraft. Andererseits können Sie einen Unschuldigen retten. Antworten Sie mir, Herr Hafner, haben Sie das Ehepaar Kircher ermordet, ja oder nein?« Nicklaus Hafner scheint restlos durcheinander zu sein. Immer wieder fährt er sich mit der Zunge über die Lippen und blickt sich um, als erwarte er von irgendwoher Rat oder Hilfe.
    »Nun, Herr Hafner?«
    Die Spannung im Saal ist auf dem Höhepunkt. Selten erlebt man während einer Gerichtsverhandlung Momente von derartiger Intensität. Mit sich überschlagender Stimme und ohne, daß er es wagt, den Vorsitzenden anzusehen, erwidert der junge Mann schließlich: »Ich bin unschuldig. Ich habe Herrn und Frau Kircher nicht umgebracht. Ich habe all das erfunden, weil ich vor der Polizei Angst hatte, und weil ich wollte, daß man von mir spricht.«
    Der Vorsitzende unternimmt einen letzten Versuch: »Sie sind nicht wirklich verantwortlich zu machen, Herr Hafner. Sie haben geschossen, weil Sie die Nerven verloren haben, und danach haben Sie den Revolver aus dem Fenster geworfen. Gestehen Sie endlich, und es ward Ihnen nichts geschehen!«
    »Nein! Ich habe nichts getan. Ich schwöre es!«
    Diesmal gibt es keine Fortsetzung, denn Nicklaus Hafner schweigt von da an.
    Doch selbst angesichts dieser Umstände sind die Geschworenen viel zu verunsichert, um zu einem Schuldspruch zu gelangen, und so wird die Anklage gegen Leopold Schwab fallengelassen.
    Zwei freie Männer verlassen daraufhin das Nürnberger Justizgebäude, zwei Männer, von denen einer aller Wahrscheinlichkeit nach ein Mörder ist.
    Doch bei den Vertretern der Gerichtsbarkeit hatte die Vorsicht gesiegt, denn es ist allemal besser, im Zweifel für den Angeklagten zu entscheiden, statt sich im umgekehrten Sinne zu irren.
     

Der Mörder mit dem Totenkopf
    9. September 1956. Herbert Jones, Leiter einer Backwarenfabrik im schottischen Glasgow, verläßt soeben seine Villa in einem Vorort der Stadt.
    Nachdem er seiner fünfundvierzigjährigen Frau Betty einen Kuß auf die Stirn gegeben hat, setzt er sich in seinen Wagen und fährt los. Ein zweiwöchiger Angelurlaub am See von Lomon liegt vor ihm. Eigentlich wollte Herbert Jones seine Frau nicht gern allein lassen, doch sie selbst hat darauf bestanden, daß er, wie geplant, Ferien machte. Sie hat im vergangenen Monat unter Herzbeschwerden gelitten und ist davon noch nicht vollends genesen. Daher kann sie ihn jetzt nicht begleiten.
    Herbert Jones ist jedoch nicht allzu beunruhigt, denn außer der siebzehnjährigen Tochter Caroll ist noch seine

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