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Das vielfarbene Land

Das vielfarbene Land

Titel: Das vielfarbene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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breiten, von Felswänden gesäumten Kanal die bewaldeten Vorberge der Alpen zur Linken und trockenes Tafelland, das sich über den Urwäldern der feuchten Niederungen erhob, zur Rechten. Gelegentlich wies Creyn auf eine Stelle hin, wo sich eine Pflanzung befand. Aber die Bäume standen so dicht, daß es unmöglich war, Einzelheiten der Siedlungen am Ufer zu erkennen. Sie erspähten kleinere Boote, die die seichten Wasser pflügten, und einmal überholten sie eine lange, gedeckte Barke, die tief im Wasser lag. Der Mast war leer, und sie hatte nur eine kleine Blase über dem Steuerhaus mittschiffs. Der Bootsführer grüßte sie mit einem Tuten seines Lufthorns, worauf Skipper Highjohn mit einem synkopierten Stoß seines eigenen antwortete.
    Der Fluß beschrieb einen weiten Bogen, und die Fahrrinne führte zwischen einer hohen Landspitze und einer Gruppe zerklüfteter Inselchen hindurch. Leise mechanische Geräusche verkündeten, daß sich ihr Segel aufrollte, der Baum zusammenfaltete und der Teleskopmast in sein Gehäuse zurückzog. Weit davon entfernt, an Geschwindigkeit zu verlieren, wurde das Boot bei der Umrundung des Vorgebirges schneller. Bryan kam es vor, als machten sie dreißig Knoten oder mehr. Gleichzeitig bemerkte er ein tiefes Vibrieren, das vom Wasser her durch die versiegelte Hülle des Bootes, die luftgepolsterte Kopfstütze seines Sessels und sogar die Knochen seines Schädels drang. Es verstärkte sich zu einem hörbaren Röhren, als das Boot um eine scharfe Biegung raste. Die Mauern eines Canon erhoben sich zu beiden Seiten.
    Sukey schrie, und Raimo brüllte eine Obszönität.
    Vor ihnen kippte die sich verengende Rhone auf einem Gefälle von eins zu fünf nach unten. Der Fluß wurde von den Felsen seines schrägen Bettes zu gischtendem Schaum aufgepeitscht. Das Boot schien in die Stromschnellen einzutauchen, und eine große ockerfarbene Woge krachte auf die Passagierblase und verschlang sie. Dann kam die Mojo wieder an die Oberfläche und rutschte durch ungeheuerliche stehende Wellen und Granitbrocken. Sie rollte so stark, daß die gelben Wellen erst auf der einen, dann auf der anderen Seite bis zur halben Höhe der wasserdichten Blase hochschwappten. Der Lärm war fast unerträglich. Raimos Mund stand weit offen, aber sein Gebrüll ging im Aufruhr der niederstürzenden Rhone unter.
    Eine dunkle Masse ragte vor ihnen in die Höhe. Sie sausten um eine hohe Felsnadel in einen krummen Schlitz zwischen Reihen riesiger Blöcke, und das Boot neigte sich um fast sechzig Grad nach Steuerbord. Die Luft war von fliegender Gischt so erfüllt, daß ihr Skipper eigentlich nicht sehen konnte, wohin er steuerte. Trotzdem setzte das Boot seinen Zickzackkurs zwischen den Felsen fort, und nur gelegentlich bumste es mit seinen pneumatischen Fendern an.
    Eine Erholungspause kam in Form eines tiefen Einschnitts, wo der Fluß frei strömte. Aber die Stimme Highjohns rief: »Ein letztes Mal, Leute!«, und Bryan erkannte, daß sie durch den Engpaß auf einen richtigen Zaun von scharfen Klippen zuschössen, Stücke gebrochenen Granits wie Fänge, gegen die das gelbe Flußwasser in sich überlappenden Vorhängen aus Schaum donnerte. Es schien keine Passage zu geben. Die entsetzten Zeitreisenden umklammerten die Armlehnen ihrer Sessel und machten sich auf den unvermeidlichen Aufprall gefaßt.
    Die Mojo raste heftig schleudernd auf den höchsten Felsen zu. Sie stürzte sich in den Schaum aber statt auf festen Fels zu stoßen oder zu sinken, stieg sie auf einer unsichtbaren Woge höher und höher. Es gab einen dröhnenden Schlag gegen die Backbordseite, als sie von einer Felsoberfläche abprallte, völlig eingehüllt in undurchsichtiges Getümmel. Das Boot schien um volle 360 Grad zu rollen und tauchte dann auf, um durch die Luft zu segeln. Es landete mit markerschütternder Wucht. Wieder schloß sich das Wasser um die Passagierblase. unmittelbar darauf brach das Boot an die Oberfläche durch und trieb in völliger Ruhe über einen breiten See, der sich zwischen niedrigen Wänden ausbreitete. Hinter ihnen lag der Einschnitt, den sie soeben durchschifft hatten. Er spie einen Katarakt, der wie ein Pferdeschwanz, wie der Abfluß eines titanischen Entwässerungsrohrs war, in das dreißig Meter tiefer liegende Becken.
    »Ihr könnt die Sicherheitsgurte jetzt lösen, Leute«, sagte der Skipper. »Für heute vormittag ist das alles an billigen Aufregungen.  Nach dem Mittagessen wird es wirklich rauh.«
    Er kehrte zurück in das

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