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Das vielfarbene Land

Das vielfarbene Land

Titel: Das vielfarbene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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Sie sind ein Firvulag?«
    Der einbeinige Mann lachte und erhob sich. Da stand plötzlich neben dem Feuer eine hohe, todesschwarze Erscheinung mit sich windenden Tentakeln statt Armen, roten Schlitzaugen und einem Maul voller Haifischzähne, von denen stinkender Speichel troff.
    Von Ameries Kätzchen kam ein fauchendes Kreischen. Das ungeheuer verschwand, Holzbein setzte sich wieder auf seinen Platz am Feuer und trank lässig seinen Wein.
    »Eindrucksvoll«, bemerkte Felice. »Können Sie noch andere Illusionen erzeugen?«
    Die Augen des Firvulag zwinkerten. »Wir haben unsere Lieblingsillusionen, Kleines. Die Visionen des Auges sind die einfachsten, verstehen Sie.«
    »Ich verstehe«, sagte Felice. »Da Sie vor den Bärenhunden fliehen mußten, schließe ich, daß Ihre Kräfte auf sie nicht wirken.«
    Der Fremde seufzte. »Eine perverse Spezies. Wir müssen uns auch vor den Hyänen in acht nehmen aber die können wenigstens nicht vom Feind gezähmt werden.«
    »Ich kann Bärenhunde kontrollieren«, sagte Felice leise. »Wenn ich einen goldenen Ring hätte, könnte ich euch helfen, euren Krieg zu gewinnen. Warum wollt ihr mir nicht geben, was ihr Madame Guderian doch bereits gegeben habt?«
    »Verdienen Sie sich den Ring«, antwortete der Firvulag und leckte sich die Lippen.
    Felice ballte die Fäuste. Sie zwang sich zu einem Lächeln. »Sie haben Angst. Aber ich würde meine Metafunktionen gegen keinen von euch anwenden. Das schwöre ich!«
    »Beweisen Sie es!«
    »Verdammt sollen Sie sein!« Sie trat auf den kleinen Mann zu, das Puppengesicht verzerrt vor Zorn. »Wie? Wie?«
    Madame ging dazwischen. »Felice, beruhigen Sie sich! Setzen Sie sich wieder!«
    Fitharn streckte seine Prothese aus und stöhnte. »Mehr Holz ins Feuer! Ich bin durchgefroren bis auf die Knochen, und mein längst nicht mehr vorhandenes Bein quält mich mit Phantomschmerzen.«
    Amerie sagte: »Ich habe ein Medikament... wenn Sie genau wissen, daß Ihr Protoplasma nahezu humanoid ist.«
    Er bedachte sie mit einem breiten Grinsen, nickte und hielt ihr den Stumpf hin. Amerie setzte eine Minispritze. »Ah, besser, besser!« rief er. »Te segne Sie, falls Sie so etwas brauchen können, Schwester.«
    »Die maskuline und die feminine Form sind nur Aspekte des Einen. unsere Rassen stehen sich näher als Sie denken, Fitharn von den Firvulag.«
    »Vielleicht.« Der kleine Mann sah verdrießlich in seinen Weinbecher.
    »Als Sie eintrafen, Fitharn, erklärte ich den Neuen gerade meinen Plan«, sagte Madame. »Vielleicht wollen Sie so freundlich sein, mir zu assistieren. Wenn es Ihnen recht ist, erzählen Sie ihnen doch die Geschichte vom Schiffsgrab.«
    Noch einmal wurde der Becher des Fremden mit Wein gefüllt. »Gut. Kommt näher und hört zu! Dies ist Bredes Geschichte. Sie wurde mir von meinem Großvater berichtet, der vor fünfhundert Jahren in Tes dunklen Mutterleib einging, wo er verbleiben wird bis zur großen Wiedergeburt, wenn Te und Tana keine Schwestern mehr, sondern eins sein werden und Firvulag und Tanu ihren Kampf endlich mit einem Waffenstillstand beenden, der ewig dauern soll ...«
    Er schwieg lange Zeit, hielt seinen Becher an die Lippen und schloß die Augen vor den starken Dämpfen des Weins. Schließlich stellte er das Gefäß neben sich, faltete die Hände im Schoß und trug in merkwürdig singenden Kadenzen vor:
    »Als des großen Bredes Schiff uns dank Tes Erbarmen hierherbrachte, nahm die gewaltige Anstrengung ihm die Kraft aus Herz und Verstand und so starb es, auf daß wir lebten. Wir verließen das Schiff. unsere Flieger spreizten ihre geschwungenen Flügel, und alle zusammen sangen das Lied, der Freund mit dem Feind. Weinend zogen wir dahin bis zu der Stelle, wo das Grab sein sollte. Wir sahen das brennende Schiff von Osten herabkommen. Wir sahen es durch die hohen und die niedrigen Luftschichten niederstürzen. Es schrie im Todeskampf. Wie der Aufgang der Sonne eines Planeten Licht entsendet, so verwandelten die Flammen, die unser Schiff verzehrten, den Tag und verdunkelten der Erde Stern.
    Der Absturz des Schiffes verschlang die Luft. Die Wälder und die östlichen Berge barsten, und Donner rollte um die Welt. Das Wasser in den brackigen östlichen Meeren dampfte. Kein lebendes Wesen entlang dem westwärts gerichteten Todespfad blieb übrig, doch wir sahen voll Kummer bis zum Ende zu. Das Schiff schrie laut auf, zerbrach, gab seine Seele hin. Sein Fall ließ diesen Planeten aufstöhnen. Die Luft, das Wasser, die

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