Das vielfarbene Land
Wangenstücke. Lugonns Schädel war von einer großen Wunde verstümmelt, genau kreisförmig und mit einem Durchmesser von zwölf Zentimetern. Etwas hatte sich durch den Nasenansatz gebohrt und die Region des Hinterkopfes gegenüber den Augen zerstört.
»Soviel von der Geschichte stimmt also«, murmelte der alte Mann.
Er konnte der Versuchung nicht widerstehen, den Schädel nach nichtmenschlichen Eigenschaften zu untersuchen. Die meisten unterschiede waren geringfügig, aber der Tanu hatte nur dreißig Zähne besessen, und er war auffallend langschädlig und von schwerem Knochenbau gewesen. Abgesehen von Anomalien im Verlauf bestimmter Schädelnähte und der mentalen Foramina, sah der Tanu-Schädel fast völlig humanoid aus.
Richard hielt Ausschau in dem Abteil. Er nahm die Lehmnester der Wespen, die an fast jeder Oberfläche klebten, die zerfetzte Schott-Isolierung, das freiliegende Keramik-Rahmenwerk einstmals luxuriösen Mobiliars zur Kenntnis. In einer der offenen vorderen Schleusen war sogar ein Bienenstock.
»Ja, wir haben keine Chance, das Ding vom Boden hochzukriegen. Wir müssen zu einem der anderen zurückkehren.«
Martha wühlte in dem Schutthaufen links von dem gerüsteten Skelett. Sie stieß einen befriedigten Ruf aus. »Sieh mal, hier! Hilf mir, es aus dem Müll zu graben, Richard!«
»Der Speer!« Er half ihr, den kompostierten Unrat beiseite zu räumen. In wenigen Minuten hatten die beiden ein schlankes Instrument freigelegt, das beinahe einen Meter länger als das große Skelett war. Ein Kabel nahe dem dicken Ende verband es mit einem großen, juwelenbesetzten Kasten, den Lugonn einst an der Taille getragen hatte. Die Gurte hatten sich aufgelöst, aber die glasige Oberfläche des Kastens und des Speers selbst schien nicht angegriffen zu sein.
Martha wischte sich die Hände an den Hüften ab. »Einwandfrei, das ist der Speer. Photonenwaffe und Energie-Aggregat. Vorsichtig mit den Knöpfen da auf der oberen Armlehne, Schatz! So verdreckt sie sind, könnten sie das Ding doch immer noch auslösen.«
»Aber wie«, wunderte sich Claude, »hat er den Speer auf sich selbst richten können?«
»Oh, um Christi willen«, stöhnte Richard. »Vergiß das und faß mit an, damit wir das Ding nach draußen bringen, bevor unsere goldlockige Vandalin aufwacht und von neuem zu randalieren beginnt!«
»Ich bin wach«, ließ sich Felice hören. Sie massierte ihre Kinnspitze, wo sich eine Schwellung bildete. »Es tut mir leid. Ich wollte nicht wieder die Beherrschung verlieren. und ich nehme dir den Liebesklaps wirklich nicht übel, Captain Blood.«
Madame Guderian stieg langsam die Bordleiter herauf. Ihr Blick blieb kurz auf dem Skelett in seiner Glasrüstung haften und wanderte dann weiter zu Felice. »Ah, ma petite. Was sollen wir nur mit Ihnen anfangen?« Ihre Stimme war schwer von Traurigkeit.
Das Mädchen stand auf und grinste lausbubenhaft. »Ich habe bei meinem kleinen Temperamentsausbruch nichts wirklich kaputtgemacht. und ich kann versprechen, daß so etwas nicht noch einmal passieren wird. Vergessen wir es!« Sie schlenderte im Innern des Fliegers herum, trat gegen die Unrathaufen. »Der Ring liegt vermutlich hier irgendwo. Vielleicht hat ihn ein Tier von dem Skelett weggetragen und anderswo im Schiff versteckt.«
Claude nahm das Energie-Aggregat und begann die Leiter hinunterzusteigen. Richard und Martha folgten ihm mit der immer noch angeschlossenen Waffe, da sie es nicht wagten, das Kabel zu lösen.
Madame betrachtete das Skelett. »Hier liegst du also, Leuchtender Lugonn. Tot, bevor die Abenteuer deines Volkes im Exil noch begonnen hatten. Dein Grabmal entweiht von den kleinen Tieren der Erde und jetzt von uns.« Kopfschüttelnd wandte sie sich der Leiter zu. Felice eilte herbei, um der alten Frau zu helfen.
»Ich habe eine wundervolle Idee, Madame! Bei der Arbeit an dem Flugzeug und an dem Speer wäre ich doch zu nichts nütze. Wenn ich nun nicht für Aufgaben im Lager oder für die Jagd gebraucht werde, könnte ich hier saubermachen. Ich würde alles wieder schön in Ordnung bringen und seine goldene Glasrüstung polieren und wenn wir gehen, können wir die Luke schließen.«
»Ja«, sagte Madame Guderian. »Das wäre sehr schicklich.«
»Ich bin bei meiner Suche nach dem Ring gezwungen, all diesen Unrat zu beseitigen«, setzte Felice hinzu. »Er muß hier irgendwo sein. Kein Tanu und kein Firvulag hätte gewagt, ihn zu nehmen. Ich weiß, ich werde ihn finden.«
Madame, die auf dem
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