Das Vortex Fiasko
sie leise – »die Stadt schreibt einem vor, sie zu mögen – aber nicht zu sehr. Und sich um sie zu kümmern – aber auch nicht zu sehr. Nun, ich und mein Mann, Joe, können uns nicht damit begnügen, besonders nicht bei einem Jungen wie Davey. Er ist etwas Besonderes. Seine Großeltern sollten mal zum Psychiater, weil sie ihn nicht bei sich aufnehmen wollen, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
»Kann ich dieses Bild behalten?« fragte Bane, das Foto noch immer betrachtend.
»Wenn es Ihnen hilft, ihn zurückzubringen.« Mrs. Martinis Lippen zitterten. Ihre Augen wurden wieder feucht. »Bringen Sie ihn mir bitte zurück, Mr. Bane, bringen Sie ihn mir nur zurück«, bat sie.
Doch Bane hörte sie kaum, weil er mit den Gedanken schon ganz woanders war und versuchte, alle Einzelteile zusammenzufügen. Davey Phelps, der Junge vom Rockefeller Center, der ihn so sehr an seinen Stiefsohn erinnerte, war ein Passagier der verschwundenen 727 gewesen und lief nun vor irgend etwas davon. Warum sollte er sonst nicht nach Hause kommen? Trench war in New York, arbeitete für irgendeine Abteilung der Regierung und suchte nach ihm. Und nur ein Profi wie Trench hätte Jake Del Gennio so sauber aus dem Weg räumen können. Aber warum suchte er nun nach einem fünfzehnjährigen Jungen? Und für wen arbeitete er?
COBRA, dachte Bane, es mußte COBRA sein. Alles lief darauf hinaus. Sie hatten den Flug 22 in San Diego aufgehalten und als Regierungsabteilung sicherlich genug Einfluß, um Trenchs Namen aus den Akten zu löschen, wenn er nun für sie arbeitete. Und wenn dem so war, steckte COBRA hinter Jakes Tod und war nun hinter Davey Phelps her.
Bane kam zum Schluß, daß Trench noch immer nach dem Jungen suchte; ansonsten hätte er den Martinis keinen Besuch abgestattet, eine Maßnahme, die gar nicht zu seiner üblichen Vorgehensweise paßte. Das Problem war nun, Davey Phelps als erster zu finden, und Bane hoffte, eine Spur zu haben. Davey hatte seit fünf Tagen nicht zu Hause angerufen. Ein fünfzehnjähriger Junge, der verängstigt und allein war, würde früher oder später ein Telefon benutzen, und genau das tat Bane nun auch, in einer Telefonzelle schräg gegenüber vom Haus der Martinis.
»Manhattan South«, sagte die Stimme einer Telefonistin.
»Lieutenant Dirkin, bitte.«
»Einen Augenblick.«
»Dirkin«, sagte zwanzig Sekunden später eine gereizte Stimme.
»Lou – Joshua Bane.«
»Hallo, Bane«, sagte Dirkin schon freundlicher, »lange nichts von dir gehört. Was machen die Schlachten?«
»Man überlebt.«
»Na ja, das ist mehr, als man bei den meisten sagen kann. Was kann ich für dich tun?«
»Ich brauche deine Hilfe. Wann können wir uns sehen?«
»In einer Stunde, im Bagel Nosh hier im Revier. Du bezahlst.«
»Abgemacht.«
Lou Dirkin hatte einen gewaltigen Brustkorb, war aber nur einssiebzig groß. Er hatte zwei Dienstzeiten in Vietnam hinter sich gebracht und humpelte an Regentagen noch immer ein wenig. Bane hatte einen Dschungeleinsatz mit ihm durchgeführt, und danach waren sie irgendwie immer in Kontakt geblieben.
Als Bane in dem Restaurant eintraf, saß Dirkin schon an einem Tisch in der Mitte, vor sich einen Teller mit einem Bagel { * } und Quark darauf.
»Ich bin ganz versessen auf diese Dinger«, sagte er und stand auf, um Bane die Hand zu schütteln. »Was kann ich für dich tun, Josh?« Dirkin setzte sich wieder. »Verdammt, die haben Butter draufgetan.« Und er machte sich mit einer Serviette daran, den Bagel abzutupfen.
»Ich muß einen Telefonanschluß abhören. Kannst du das deichseln?«
Dirkin musterte ihn interessiert. »Kommt drauf an. Wo befindet sich der Anschluß?«
»In Brooklyn Heights.«
»Kein Problem. Müßte sich machen lassen.«
»Die Zeit ist ein Faktor.«
»Das ist ein Problem. Wann?«
»Sofort.«
Dirkin runzelte die Stirn und bestrich seinen Bagel mit Quark. »Unmögliches dauert auch bei mir etwas länger, Kumpel.«
»Ich habe Vertrauen zu dir.«
»Du wärst wohl nicht hier, wenn es nicht wichtig wäre. Du mußt wieder aktiv sein, was bedeutet, daß die Straßen jetzt noch unsicherer sind. Arbeitest du für Onkel Sam?«
»Im Augenblick arbeite ich nur für mich. Eine persönliche Sache, kein Auftrag.«
»Na gut, aber das hier ist nicht Vietnam, Josh. Wenn du die Straßen mit Leichen pflastern willst, dann bitte in einem anderen Bezirk.« Dirkin hielt inne. »Was genau brauchst du?«
»Alle eingehenden Anrufe und darüber hinaus die Nummern und Adressen,
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