Das Vortex Fiasko
kann ich nur hoffen, daß ein guter Mann das Kommando über Bunker 17 innehat.«
»In der Tat sogar ein sehr guter«, nickte Brandenberg. »Major Christian Teare.«
»Christian Teare? hoffentlich wird er seinem Namen gerecht.«
»Nicht nur das, Arthur. Teare ist einsfünfundneunzig groß und so breit, daß wir seine Uniformen von einem Schneider anfertigen lassen müssen; von der Stange paßt ihm nichts. Und wenn er sich den häßlichsten Stoppelbart abrasieren soll, den ich je gesehen habe, macht er uns jedes Mal ein Höllentheater.«
»Dann kennen Sie Teare also?«
»Ich habe ihn auf diesen Posten gesetzt, und zwar mit gutem Grund. Er kommt aus den Südstaaten, aus Georgia. Aber lassen Sie sich davon nicht täuschen; bevor er bei uns anfing, hat er an einem Abend einmal fünfzehn Schwarze vor einem Überfall des Ku-Klux-Klan gerettet. Teare stand allein zwanzig Klansleuten gegenüber. Er hat gewonnen.« Brandenberg legte eine Pause ein, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. »So einen wie ihn will man nicht zum Feind haben. Er hat in seinem Offizierslehrgang nicht nur die höchste Punktzahl erzielt, sondern auch noch einen konstanten negativen Streß-Faktor.«
»Eine seltene Kombination«, gestand Jorgenson ein.
»Und genau aus diesem Grund habe ich ihm das Kommando über eine der empfindlichsten Einrichtungen dieses Landes übertragen.«
»Klingt so, als stünde genau der richtige Mann zwischen uns und dem Projekt Placebo«, stellte der Präsident fest.
»Lassen Sie es mich so ausdrücken, Sir. Wenn Sie nach einem Mann suchen, der verhindert, daß Sie von einem Felsbrocken überrollt werden, brauchen Sie nicht mehr länger Ausschau zu halten.«
»Dann werde ich diese Nacht etwas besser schlafen können«, sagte Jorgenson.
13
Bane fuhr vom I-Come-Tech direkt nach Brooklyn Heights und dem Haus von Mr. und Mrs. Joseph Martini, den Pflegeeltern von Davey Phelps. Die Tatsache, daß der Junge nach der Landung von Flug 22 verschwunden war, elektrisierte Bane. Hatte er, wie Jake Del Gennio, etwas gesehen oder gewußt, das sein Verschwinden notwendig gemacht hatte? Wenn er dies herausfinden wollte, mußte er bei den Martinis anfangen, und er hatte sich schon eine Tarnung für sie zugelegt: er würde sich als Außenmitarbeiter von Child-Find ausgeben, dem nationalen Zentrum für das Aufspüren vermißter Kinder.
Die Martinis wohnten am Westrand von Brooklyn Heights, in einer Gegend, die weit genug vom East River entfernt lag, so daß ihr die Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen erspart geblieben waren, die den größten Teil der Heights in eine erstklassige – und von den Preisen her exklusive – Vorortsiedlung verwandelt hatten. Sie wohnten in der größeren Hälfte eines Zweifamilienhauses, das Bane ein wenig an das Haus in der Bronx erinnerte, in dem er aufgewachsen war. Von außen wirkte es mit seiner glatten, gut erhaltenen Ziegelfassade und dem sauberen Bürgersteig durchaus gemütlich, und die Geräusche der Stadt waren so weit entfernt, daß man sie kaum wahrnahm.
Bane stieg ein paar alte, aber gut erhaltene Betonstufen hoch und drückte einmal auf die Klingel. Füße schlurften zur Tür, und er fühlte, wie er durch ein Guckloch beobachtet wurde. Schlösser krächzten, und die Tür öffnete sich gerade so weit, daß ein Augenpaar über einer vorgelegten Kette hinausspähen konnte.
»Mrs. Martini?«
»Sie müssen Mr. Bane sein.« Bane nickte, und sie schloß die Tür wieder, um die Kette zu entfernen. »Ihr Anruf war der erste hoffnungsvolle Hinweis, den wir seit Tagen erhalten haben«, sagte sie und hielt ihm die Tür auf. »Schön zu sehen, daß wichtige Leute wie Sie Interesse an den Problemen von Menschen wie uns nehmen. Mein Mann ist auf der Arbeit. Er kommt immer um vier nach Hause, damit er noch etwas Zeit mit den Kindern verbringen kann.«
Während Clair Martini die Tür hinter ihm schloß, musterte er sie eingehend. Ihr bleiches Gesicht wurde von tiefen Linien durchzogen und von einem müden Augenpaar beherrscht. Ihr Haar fiel unregelmäßig über das Gesicht und den Hals. Ihr Kleid lag an Stellen auf, an denen sie zugenommen hatte. Sie erweckte den Eindruck einer Frau, die den Versuch, jung zu wirken, aufgegeben hatte, doch Bane spürte Wärme und ehrliche Besorgnis in ihr.
Sie versuchte zu lächeln, doch es gelang ihr nicht. »Wir können uns im Wohnzimmer unterhalten«, sagte sie.
Sie nahmen auf einem einfachen Sofa Platz. Die restliche Einrichtung war ebenfalls bescheiden:
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