Das war eine schöne Reise
Blumm und trat Otto Lobedanz auf den Fuß.
»Na, selbstverständlich fährst du mit Frau Pütterich zum Kaffee, Mama, du wirst dir doch den Apfelkuchen mit Schlagsahne nicht entgehen lassen! Und die Gegend lernst du dabei auch ein bißchen kennen...«
»Na ja, Otto, wenn du meinst...«
»Und Sie, Herr Schnürchen?« fragte Frau Pütterich, »locken Sie noch immer die Grabdenkmäler von der ollen Galla Plazenta, oder wie sie gleich hieß? Oder hätten Sie nicht doch lieber Lust, uns zu begleiten? Natürlich nicht uffjefordert, wie mein seliger Pütterich in seiner witzigen Art bei derlei Gelegenheiten zu sagen pflegte, sondern selbstverständlich injeladen!«
»Pesaro, Ancona«, sagte Herr Schnürchen schmunzelnd, »Frau Pütterich, seien Sie mit solchen Einladungen vorsichtiger, ich nehme sie nämlich an.«
Fräulein Sonntag und Fräulein Lenz erklärten, den Nachmittag dazu zu benutzen, um sich an den billigen Schuhständen Sandaletten für den Strand zu kaufen, und so hatten alle ihr besonderes Tagesprogramm...
Der Omnibus nach Ancona startete an der Piazza Tripoli um drei Uhr. Man hatte Zeit genug, sich von den Anstrengungen des Vormittags zu erholen. Otto Lobedanz begleitete seine Mutter zu ihrem Zimmer: »Gönn dir etwas, Mama«, sagte er und tätschelte ihren Arm, »und wenn wir mit den zweihundert Mark nicht aus-kommen — ich habe mir noch etwas extra eingesteckt...«
»Ich auch, Ottochen«, sagte Frau Lobedanz gerührt.
»Na, und vor allem freut mich, daß du dich mit der Pütterichschen ausgesöhnt hast. Wo ich den ganzen Tag am Strand bin, brauchst du schon ein bißchen Anschluß.«
»Ach, weißt du, Ottochen, die Pütterichsche...So ganz meine Kragenweite ist das nicht. Die Frau redet ein bißchen viel, und der selige Pütterich geht mir nicht durch den Hals...«
»Dann spül ihn eben mit Kaffee herunter, Mama. Und Herr Schnürchen ist ja auch dabei...«
»Ja, das ist mein Mann! Der hat so was an sich, ich weiß nicht, wie ich’s sagen soll, als ob er aus einem ganz guten Stall kommt. Ich begreife nicht, daß so ein feiner Mensch Musiker geworden ist.«
»Aber, Mama, doch nicht bei der Zillertaler Blasmusik!«
»Ach, Ottochen, bei denen stimmen am Abend die Kohlen, aber ob sie bei unserem Herrn Schnürchen immer stimmen, das möchte ich noch bezweifeln.« Und sie schloß die Tür hinter sich, um sich noch ein Stündchen lang zu strecken.
Otto Lobedanz stieg die Treppe zum ersten Stockwerk empor und ging, während unten in der Pergola auch die anderen den Tisch verließen, um Siesta zu machen, über die Galerie zum letzten Zimmer. Er klopfte an den hohen, geschlossenen Fensterladen, vernahm die Aufforderung, einzutreten, und öffnete die Tür. Das Zimmer lag im Halbdunkel. Herr von Berg löschte im gleichen Augenblick, in dem Otto Lobedanz über die Schwelle trat, die Leselampe über seinem Bett.
»Ach, Sie sind’s, Herr Lobedanz... Nehmen Sie sich einen Stuhl — und eine Zigarette. Ein Glück, daß ich mir in Innsbruck eine Stange mitgenommen habe.«
»Wie geht’s Ihnen?«
»Besch...wäre geprahlt«, knurrte Herr von Berg, »diese verdammten Gauner haben mich ganz schön fertiggemacht...«
»Daß Sie auf so was ‘reinfallen konnten..._!« Otto Lobedanz
zog sich einen Stuhl ans Bett. Auf einem Schemel stand das Essen, unberührt.
»Würden Sie es bitte wegstellen«, sagte Herr von Berg angewidert, »mir kommt der Kaffee hoch, wenn ich das öl rieche.«
Otto Lobedanz trug den Schemel mitsamt der Porzellanplatte zur Tür und stellte ihn neben dem Eingang ab.
»Zwei Venezianerinnen, die eine schwarz, die andere rot, flotte Bienen...« Herr von Berg ließ das Feuerzeug aufzucken, und in der gelben Flamme sah Otto Lobedanz sein Gesicht, das aussah, als ob Cassius Clay es eine halbe Stunde als Punchingball benutzt hätte.
»Au weia!« murmelte Otto Lobedanz, »die Bienen haben Sie aber ganz hübsch zerstochen...«
»Es waren zwei Kerle. Als sie kamen, roch ich Verrat, aber ich verließ mich auf meine Fäuste. Doch sie müssen mir was in den
Wein geschüttet haben. Als ich in den verdammten Wagen stieg, sackten mir plötzlich die Beine weg, und ich ging hinüber. Und da hatten sie es mit mir natürlich leicht...«
»War das noch im Embassy?«
»Was ist das?«
»Lassen Sie nur«, sagte Otto Lobedanz, »wenn Sie das nicht wissen, dann brauche ich nach den anderen Lokalen, in die Sie noch gezogen sind, nicht zu fragen.«
»Ich bin ein dummer Hund«, knurrte Herr von Berg. »Was ich
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