Das waren schöne Zeiten
Morgen tauchte endlich unser Fuhrwerk auf, und wir stürzten aufgeregt hinaus, bereit, einen ganzen Haufen Fragen zu stellen. Aber F. war nicht gerade in Sonntagslaune. »Diese miserable Straße!« platzte er heraus. »Hätte ich gewußt, in welchem Zustand sie ist, hättet ihr mich nie dazu gebracht, den Auftrag anzunehmen. Für die Pferde, diese armen Teufel, eine Schinderei! Es fing schon damit an, daß diese verdammte Eisenbahn das Zeug mit Verspätung brachte. Ich bekam es erst gestern vormittag.«
»Gestern vormittag? Aber... aber...« Wir hatten eben noch genug Vernunft, nicht weiter zu fragen, denn das wäre dann vermutlich der berühmte Tropfen gewesen, der den Krug zum Überlaufen bringt.
»Ja, vierundzwanzig Stunden auf dieser hundsgemeinen Straße, wenn man so etwas überhaupt eine Straße nennen darf... Dreck! Schlamm! Streckenweise bis über die Achsen herauf und dazu diese wahnsinnige Steigung! Schaffte es gerade noch bis zu dem blöden Blechschuppen, zwei Meilen unterhalb des Gipfels! Dann gab ich auf, weil es inzwischen dunkel geworden war.«
»Aber was haben Sie gemacht? Wo haben Sie denn geschlafen?«
»Im Schuppen, auf ein paar Säcken mit Häcksel. War nur gut, daß ich genug davon dabei hatte. Fütterte die Pferde und ließ sie frei. Ich wußte, daß sie nicht weit weglaufen würden, die armen Teufel. Nicht bei der Kälte! Und ich hatte nur meinen Wettermantel und die leeren Säcke.«
Ich hörte nicht mehr länger zu, sondern schoß in die Küche und begann wie verrückt Scheiben von dem herrlichen, hausgemachten Brot zu schneiden, das Mrs. Griffiths mittlerweile herübergeschickt hatte, und Schinkenscheiben in die Bratpfanne zu werfen. Aber unser Fuhrmann kam noch nicht herein. »Muß erst die Pferde füttern und sie auf die Weide bringen«, brummte er. Als ich mich über die enormen Rationen von gutem Weizen wunderte, setzte er noch hinzu: »Die werden von mir gut gefüttert. Ist doch ihr einziger Lohn, den sie kriegen. Und sie arbeiten hart für mich, oder vielleicht nicht?« Das war, wie ich noch erfahren sollte, das Motto, mit dem er sein Fuhrunternehmen leitete.
Schon beim Morgengrauen am nächsten Tag machte er sich auf den Heimweg, überzeugt, daß er es diesmal in acht Stunden schaffen würde, weil mit Ausnahme der ersten zwei Meilen die Straße meistens bergab führte. Am Nachmittag vorher, nachdem er seine übliche gute Laune wiedergefunden hatte, war er uns nicht nur beim Abladen, sondern auch noch beim Auspacken der Kisten behilflich gewesen.
Für uns war es ein aufregender Tag geworden. Wir besaßen schöne Möbel, weil mein Bruder vor seiner Abreise nach West-Australien sein Haus verkauft und die restlichen Möbel eingelagert hatte. Später, als er von unserer Verlobung erfuhr, schrieb er: >Nehmt, was ihr wollt, von dem Zeug und verkauft den Rest. Ich will nie mehr etwas davon sehen.< Und so hatten wir uns ausgesucht, was uns besonders gefiel, und die Einrichtung noch durch ein paar eigene Einkäufe und durch einige Familienmöbel und Bilder, die mir meine Mutter schenkte, ergänzt. Dazu kamen noch siebenhundert Bücher von mir.
Meine Mutter hatte sich inzwischen entschlossen, keinen eigenen Haushalt mehr zu führen, weil das bedeutet hätte, von einer Haushälterin abhängig zu sein. Auf die dringende Bitte ihrer beiden Schwiegersöhne hatte sie sich einverstanden erklärt, ihre Zeit zwischen dem Haushalt meiner Schwester und dem meinen zu teilen. >Was soll ich dann mit Möbeln?< schrieb sie. »Außerdem habe ich ein Alter erreicht, wo es besser ist, sich von irdischen Gütern zu trennen.< Da sie noch nicht einmal sechzig war, fanden wir das ein bißchen übertrieben; aber es lag in ihrem Wesen, materiellen Dingen keinen großen Wert beizumessen.
Jedenfalls machte es uns mächtig Spaß, unsere Möbel in unserem kleinen Haus aufzustellen. Das Resultat war wirklich erstaunlich. Was vorher primitiv und kahl wirkte, wurde nun wohnlich und hübsch. Gerade in dieser simplen Cottage ergaben die schönen, zum Teil alten Möbel einen außerordentlich erfreulichen Effekt. Später war es unser heimlicher Stolz, die Überraschung in den Augen von Fremden zu beobachten, wenn sie in unser Wohnzimmer kamen.
Walter machte sich fast sogleich an die Arbeit, die beiden Teile des Hauses zu verbinden. Dieser offene Verbindungsflur war recht unpraktisch, ganz besonders bei schlechtem Wetter. Mein Mann war nie ein geschickter Zimmermann gewesen. Wie viele andere eingeschworene Farmer fand er
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