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Das waren schöne Zeiten

Das waren schöne Zeiten

Titel: Das waren schöne Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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enttäuscht, daß das Schiff mit seinen Bestellungen nicht eingetroffen war, schnell noch ein paar notwendige Dinge einkaufen wollte und nun hartnäckig an die Tür klopfte. Aber Johnny war im tiefsten Herzen viel zu gutmütig, um lange übelzunehmen; am Ende gab er immer nach.
    Die treuen Kunden waren aber gleichzeitig auch >seine besten Freunde<. Allen anderen gegenüber erfüllte er seine Pflicht, unermüdlich, aber ohne Wärme. Nur sehr selten wich er davon vorübergehend ab, und dann meistens, wenn es sich um Telefonanrufe von >Treulosen< handelte. Ich erinnere mich, wie ich einmal gerade in seinem Laden war, als er gleichmütig weiter meine Einkäufe einpackte, während unentwegt das Telefon klingelte. Schließlich fragte ich mit einem sinnlosen Versuch, sarkastisch zu sein: »Stört Sie eigentlich das Klingeln nie?«
    »Nicht im geringsten«, antwortete er mit entwaffnender Ehrlichkeit. »Ich bin so daran gewöhnt, daß es mir nichts ausmacht. Besonders nicht«, fuhr er vielsagend fort, »wenn es J. ist.«
    Ich wußte, was er meinte. J. war ein unzuverlässiger Kunde. Wir alle wußten das; denn in einer derart kleinen Gemeinschaft bleibt nichts auf die Dauer verborgen; besonders nicht, wenn die einzelnen Leute durch eine >Privatleitung< verbunden sind. Es war J.’s üble Angewohnheit, alle seine Bestellungen in der Stadt aufzugeben, solange er Geld besaß und bar bezahlen konnte. Hatte er keines, machte er sich keinerlei Gewissen daraus, bei Johnny, der es sich gewiß nicht leisten konnte, soviel Kredit zu geben, ziemlich beträchtliche Summen anschreiben zu lassen.
    »Warum machen Sie das überhaupt?« fragte ich ihn einmal verärgert.
    »Wegen der Kinder«, sagte er einfach. Und ich dachte, daß J., wenn er es sich leisten konnte, jedes Jahr ein Baby zu haben, sich auch leisten konnte, sie zu füttern. Aber natürlich sprach ich es nicht aus. Vor fünfzig Jahren machte man keine solchen Bemerkungen, und außerdem hätte ich unweigerlich Johnnys festen, wenn auch irrigen Glauben erschüttert, dem er oft genug lauthals Ausdruck gab, daß ich >das war, was er eine Dame nannte, wenn auch ein bißchen zu lebhafte<.
    Seine Begeisterungsfähigkeit ging hin und wieder mit ihm durch. Einmal fand ich ihn voller Eifer bei der Arbeit an einer ungeheuer luxuriösen Hundehütte, die er für seinen Hund, den er zärtlich liebte, baute. Er fertigte sie mit großer Sorgfalt in dem Vorratsraum neben dem Laden an, wo Mehlsäcke, Zuckersäcke und so weiter gelagert wurden. »Don wird aber mächtig stolz sein, wenn er darin schläft. Das ist doch wirklich mal eine prächtige Hundehütte«, bemerkte ich.
    Johnny hielt in seiner Arbeit inne und lächelte liebevoll. »Er soll eine gute Hütte haben, der arme alte Kerl. Ich kann nie verstehen, warum manche Leute nicht besser für ihre Hunde sorgen. Sie verdienen es doch.«
    Ich stimmte ihm geistesabwesend zu, weil ich inzwischen mit meinen Augen den Umfang der Hundehütte abschätzte. »Sie ist enorm groß«, murmelte ich, und Johnny strahlte.
    »Ja, das ist sie. Der Hund soll sich ordentlich ausstrecken können, nicht wahr? Ist nicht gut, wenn die Dinger so klein sind. Nu, jetzt ist sie bald fertig. Muß schon sagen, war eine Menge Arbeit.«
    »Soll der Hund denn hier drinnen bleiben?« erkundigte ich mich zögernd, denn mir schien der Ort doch nicht ganz passend dafür.
    Johnny war fast ein bißchen beleidigt. »Hier drinnen? Wie stellen Sie sich das denn vor? Ich hab’ doch hier das Mehl und den Zucker und lauter Lebensmittel gelagert! Hier drinnen kann ich doch keinen Hund halten!«
    Mir schwante Unheil. Sehr vorsichtig erkundigte ich mich: »Aber wie wollen Sie denn die Hütte herausbringen? Sie ist breiter als die Tür, oder nicht?«
    Seine Blicke wanderten zum Türrahmen und dann wieder zurück zur Hundehütte. Entsetzen dämmerte auf seinem Gesicht. Da ich eine >Dame< war, hielt er seine Zunge im Zaum und ließ sich bloß ein >verdammt< entschlüpfen. Ich verließ ihn, während er in finsterster Laune darüber nachdachte, ob er nun die wunderschöne Hundehütte zerlegen oder dem »idiotischen Türrahmen mit der Axt ein >anständiges Maß< geben sollte.
    In allen Dingen war er unser Freund und Ratgeber, gleich von jenem Tag an, da wir unseren Telefonanschluß repariert hatten und ich zuerst unser eigenes Klingeln und dann Johnnys muntere Stimme über die Leitung vernahm: »Na, wie ist das? Hören Sie mich klar? Fast wie in der Großstadt, wie?«
    Das war es nicht, aber ich

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